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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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geschriebenen Sprache waren vor tausend Jahren vollkommen anders. Gelehrte aus dieser Zeit flochten ganz selbstverständlich Allegorien und Symbolik in ihre Texte ein und würden unsere heutigen Verträge und Studien ziemlich trocken und leblos finden. Gab es etwas, was Euch besonders verwirrt hat?«
    Sie runzelte die Stirn. »Etwas wie ›die Rinnen« wurden erwähnt, und später sprach die Inschrift von der ›Ähnlichkeit‹ und ihrem ›Wesen‹ oder ihrer »Besonderheit.«
    Bardow hörte ihr jedoch nicht mehr richtig zu, als er von einer merkwürdigen, hartnäckigen Vorahnung abgelenkt wurde. Nach einem verwirrten Moment wurde ihm klar, dass dies eine Warnung vom Kristallauge war, und dazu eine, die er schon seit Tagen erwartet und gefürchtet hatte. Jemand mit der Macht des Brunn-Quell in sich hatte soeben die Stadt betreten.
    Er gebot Alael mit erhobener Hand zu schweigen und stand auf, als die anderen Magier der Stadt ihn mit beunruhigten Gedanken und Gefühlen überschwemmten. Entschlossen überredete er sie, ihre Ängste zu zügeln und die Entwicklung abzuwarten. Dann bemühte er sich gemeinsam mit Amral, Cruadin und Zanser, den genauen Aufenthaltsort des Eindringlings ausfindig zu machen.
    Wo steckt er jetzt?,
fragte Amral gereizt.
    Ich habe keine Regung festgestellt,
meinte Cruadin.
    Ich habe etwas von ihm wahrgenommen,
erwiderte Bardow.
Ich glaube, er kommt durch das Schild-Tor herein. Ist das denn wahrscheinlich?
Das war Cruadin.
    Bardow antwortete nicht. Statt dessen verstärkte er seine Aufmerksamkeit mit Hilfe der anderen Magier durch das Kristallauge. Er konnte Straßen und Gebäude neben dem Schild-Tor sehen, mit blassen, verschwommenen Gestalten von Menschen, die ihren Geschäften nachgingen, während eine Gestalt durch die belebte Szenerie ging, die kaum mehr als ein schattiger Umriss war. Als wäre sie von einer Barriere umgeben, die das Kristallauge nicht durchdringen konnte.
    Ich kann das Gesicht nicht erkennen,
erklärte Bardow.
Aber er scheint keinen Hehl aus seinen Absichten zu machen …Er geht direkt zum Palast.
    Verschließt die Tore! Alarmiert die Wachen, die Paladine …
    Der Kaiser muss augenblicklich evakuiert werden …
    Bardow …
    Sein Name durchdrang dieses Gewirr aus panischer Gedankensprache, und er wurde von einer Person geschickt, von der er wusste, dass sie nüchtern und sachlich war.
    Ja, Terzis?
    Es ist Nerek,
sagte sie.
Sie ist es, die Ihr alle wahrnehmt.
    Ah … Dahinter dürfte eine mehr als interessante Geschichte stecken.
    Sie besteht darauf, dass Ihr sie zuerst hört.
    Ist sie eine Bedrohung für uns?
    Nein, ich glaube nicht.
    Bardow runzelte die Stirn, weil er nicht wusste, ob er sich freuen oder misstrauisch sein sollte. Aber er entschied, dass ein bisschen Vorsicht wohl kaum schaden könnte.
    Danke, Terzis … Amral, wärt Ihr so gut, mir in der Kammer Gesellschaft zu leisten? Cruadin, alarmiert die Leibgarde des Kaisers. Sie soll diese Etage abriegeln. Zanser, ich wäre Euch sehr verbunden, wenn Ihr das Sanktuarium sichern könntet …
    Nach wenigen Minuten öffnete sich die Tür, und der verkrüppelte Magier Amral humpelte auf seinen Stock gestützt herein.
    Bardow beobachtete, wie der alte Magier sich auf einen Weidenstuhl setzte, der unter seinem Gewicht knarrte. Der Erzmagier spürte Nerek jetzt ganz deutlich, sowohl mit eigenen Sinnen als auch durch seine Einstimmung auf das Kristallauge. Sie kam näher. Im nächsten Moment schwang die Tür auf, und Nerek trat ein. Sie blieb einen Augenblick schweigend auf der Schwelle stehen und sah sich um. Bardow bemerkte die Veränderung an ihr sofort. Die stolze Neigung ihres Kopfes, ihre gerade Haltung und die neue Macht, die sich in dem Funkeln ihrer Augen ausdrückte. Bardow räusperte sich, aber bevor er sprechen konnte …
    »Hallo, Nerek«, sagte Alael strahlend. »Wir haben gehört, dass du von einem Pfeil verwundet worden bist. Du siehst gar nicht verletzt aus. Hast du ein Abenteuer erlebt?«
    Nerek lächelte sie dankbar an, und die Offenheit und Herzlichkeit dieser Geste überraschte sie. »Seid gegrüßt, Alael«, sagte sie. »Ja, ich hatte ein merkwürdiges und beunruhigendes Erlebnis, von dem ich Euch berichten möchte.« Sie drehte sich zu Bardow herum. »Zuerst muss ich mich entschuldigen, dass ich nicht zur vereinbarten Stunde gekommen bin, Erzmagier.«
    Bardow nickte. »Ich akzeptiere Eure Entschuldigung, Nerek, aber es scheint so, als hätten sich die Ereignisse zu unserem Vorteil gewendet. Also

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