02 - Schatten-Götter
Kampf mit Azurech entging, dafür jedoch einen Pfeil in die Schulter bekommen hat, zu allem Überfluss auch noch von einem unserer eigenen Bogenschützen!« Er blieb vor dem schmalen Fenster stehen und sah in den hellen Morgen hinaus. »Diese Waffe der vereinten Mächte zu schmieden … wird ein schwieriges Unterfangen, nicht zuletzt deshalb, weil die dafür benötigten Kräfte nicht einfach zu beschwören sind …«
»Möglicherweise doch, Meister Bardow«, widersprach Alael hinter ihm.
»Hm, Euer Optimismus ehrt Euch …« Seine Worte blieben ihm im Hals stecken, als er sich zu der jungen Frau umdrehte und sah, wie weiße, reine Flammen auf ihrer erhobenen Handfläche tanzten. Die Erleichterung überflutete ihn.
»Die Gabe der Mutter«, flüsterte er und ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Warum habt Ihr mir das nicht vorher gesagt?«
Alael sah ihn erstaunt an. »Ich habe mehrmals versucht, es anzusprechen, aber Ihr wolltet mir ja nicht zuhören.« »Ja, ich muss mich dafür entschuldigen, Alael. Ich habe mich vollkommen verausgabt, seit diese Feuer in der Nacht begannen, und die Geschichte mit Nerek hat mich vollkommen überrumpelt …«
Die Nacht war von zahlreichen Gefahren erschüttert worden. Erst die gequälten Unglücklichen, die schreiend aus der Dunkelheit gerannt waren, und die sich in schrecklichen Explosionen selbst vernichtet hatten. Dann die umherstreifenden Banden der Feinde, die von den Geistschatten Mazarets und Suviels angeführt wurden. Suviel war den Menschen von Besh-Darok zwar weitgehend unbekannt, Mazaret dagegen war eine öffentliche Person, und panischen Berichten zufolge war er nicht nur auf den verschneiten Feldern vor den Mauern gesehen worden. Einige Zeugen behaupteten, sie hätten beobachtet, wie er über eine Mauer im Norden der Altstadt geklettert wäre, in der Nähe des Gallaro-Tores, andere wiederum wollten ihn erblickt haben, wie er zwischen den verbrannten Bäumen des Herrscher-Hains umhergeschlichen sei, oder vollkommen durchnässt in der Nähe des Fünfkönigs-Piers aus dem Olodar gestiegen sei. Ein ähnliches Auftauchen Mazarets in der Nähe des Kulberisti-Bazars entpuppte sich jedoch nur als eine Gruppe von blass gekleideten Trobrosanern, die den Trauermarsch für einen der ihren begingen. Die Gerüchte führten dazu, dass die Menge ihre angestaute Angst an einer Wachstation ausließ, die von Yasgurs Mogaun-Milizen bemannt wurde.
Danach hatte es noch mehr von den schrecklichen Flammenopfern gegeben, nur diesmal innerhalb der Stadtmauern. Während Bardow mit Yasgur und seinen Männern durch die Hafenstraßen von Feuer zu Feuer geritten war, hatte man ihm von Yarrams Erkundungsritt berichtet, allerdings nicht von der Rolle, die Nerek dabei gespielt hatte. Seitdem hatte er versucht, mit seinen widerspenstigen Magiern zu reden, vor allem mit der Nachtkrähe, der Blinden Rina und den Anghatani-Zwillingen Rilu und Luri, die allesamt nach dem geheimnisvollen Bannwirker suchten, der den Sturz aus dem Fenster des Kollegs von Hendreds Hallen überlebt hatte.
Und nun hatte er hier den Beweis der Gabe der Mutter vor Augen, die normalerweise nur bei Priesterinnen der Erden-Mutter zu finden war, und selbst das höchst selten. Er lächelte müde und glücklich, und Alael erwiderte sein Lächeln.
»Also«, sagte er. »Wie ist es dazu gekommen?«
Sie erzählte ihm von dem Traum, in dem sie sich im Tal der Linderung wieder fand und dort einer Frau begegnete, die sie zu einem Monument und dann zu einer Reihe offener Gräber geführt hatte. Bardow überlief es kalt, als er in Alaels Beschreibung ihrer Führerin Suviel erkannte, und es erfüllte ihn mit Sorge, als Alaels Bericht mit der Schilderung endete, dass ihr tatsächlich die Gabe geschenkt worden war. Zu welchem Zweck? Bardows Laune verfinsterte sich, und als wollte sie ihr Verständnis ausdrücken, schloss Alael die Hand und erstickte die Flammen.
»Sie macht das aus einem bestimmten Grund, hab ich Recht?«
»Für gewöhnlich, ja.« Dann ärgerte sich Bardow über seinen Missmut und schlug sich mit den flachen Händen auf die Knie. »Wir haben ebenfalls Gründe für unsere Handlungsweisen und müssen unserem Urteil trauen, weil wir wissen, dass unsere Sache gerecht ist.«
Alael schwieg einen Moment. »Auf meinem Weg zurück vom Kolleg habe ich mir diese Übersetzung angesehen, konnte jedoch seine Bedeutung kaum enträtseln«, sagte sie.
»Das ist nicht anders zu erwarten«, erwiderte Bardow. »Rhythmus und Form der
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