02 - Schatten-Götter
und knüpfte sie geduldig zusammen. Er lächelte, als er Yasgur anschaute, der das Lächeln verstehend erwiderte. Er stand auf, trat um den heißen Feuerkorb und packte erst Welgaraks Hand und dann die von Gordag.
»Kusins, seid willkommen. Es wird nicht einfach sein, das Hohe Konklave zu überzeugen, aber es wird am Ende zustimmen. Doch wie wollt ihr die Kriegshorde der Mogaun nach Süden nach Besh-Darok führen, ohne die Maskierten zu alarmieren? Ihre verfluchten Bastionen sind weniger als eine Meile vom Meer entfernt, und zwar im Norden und Süden.«
»Das kann durchaus bewerkstelligt werden«, erwiderte Welgarak und beugte sich vor. »Und zwar mit List und im richtigen Augenblick. Also höre …«
20
Sprich zu mir
Von dem erbarmungslosen Geist,
Den dunklen und uralten Schwingen,
Und dem endlosen Krieg
Im Herzen aller Dinge.
GUNDAL, DIE BELAGERUNG DER STEINE, 2. KAPITEL, XX
Eine dichte Wand aus weißem Nebel umhüllte die beiden Männer und das gewaltige Pferd, aus dessen Stirn zwei kleine Hörner entsprangen. Tauric und Ghazrek betrachteten die Kreatur auf der anderen Seite des Kreises, die schweigend zurückstarrte.
»Es sieht wie ein Himmelspferd aus«, flüsterte Tauric dem Offizier der Mogaun zu.
»Ich dachte, sie wären alle ausgestorben … nach der Invasion.«
»Es könnte auch nur eine Manifestation des Himmelspferdes sein«, fuhr Tauric fort. »Oder ein Zeichen …« »Ich bin nicht der Geist eines vergangenen Gottes, Unwissender«, unterbrach die Kreatur ihn zu seiner Verblüffung. »Ich bin Shondareth von den Dremnaharik, den Stämmen, die Ihr die Hexenmähren nennt.« Tauric bemühte sich, seine Überraschung zu verbergen.
»Wurdest du gesendet, um uns zu begrüßen?«
»Gesendet?« Das Wort troff vor Herablassung. »Nein, Undankbarer. Ich bin auf dieser Schwelle zwischen den Reichen gefangen, wie auch Ihr selbst: Gefangen von der Narrheit einer alten Frau. Ich habe mich Euch vorgestellt, also werdet Ihr entsprechend antworten.«
»Gewiss …« Der Hochmut der Hexenmähre reizte Tauric, also beschloss er, selbst ein bisschen Überheblichkeit an den Tag zu legen. »Vergebt mir, guter Shondareth, die … Art unserer Reise hat mich ein wenig aus der Fassung gebracht. Ich bin Tauric tor-Galantai, Kaiser von Besh-Darok und den Ländern von Khatris, Träger der Neuen Krone und … Beschützer der freien Nationen.« Er verbeugte sich unmerklich. »Es freut mich sehr, Eure Bekanntschaft zu machen.«
Die Hexenmähre erwiderte nichts, senkte nur feierlich ihren großen Schädel und wandte sich dann zu Ghazrek um. Der Mogaun sah Tauric mit großen Augen an, der ihm aufmunternd zunickte.
Ghazrek räusperte sich. »Ich bin Ghazrek, Sohn des Naldok, Zweispeer-Jäger des Feuerspeer-Clans, Bannerhauptmann Yasgurs, des Lordregenten von Besh-Darok und Oberhäuptlings der Feuerspeere.« Er verbeugte sich tief.
Die Hexenmähre senkte erneut den Kopf und drehte sich dann wieder zu Tauric herum. »Ihr habt vorhin das Himmelspferd erwähnt, Kaiser von Besh-Darok. Ist Euch nicht bewusst, dass es schon lange aus diesen Reichen verschwunden ist?«
»Seine Gläubigen existieren vielleicht nicht mehr«, antwortete Tauric. »Ich jedoch bin überzeugt, dass die Macht des Himmelspferdes nur schläft und auf das richtige Gebet wartet, um zu erwachen.«
Shondareth schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich fürchte, wer Euch das sagte, hat Euch grausam in die Irre geführt. Die klaren Kräfte des Himmelspferdes haben sich bereits vor einem Jahrtausend gewandelt, als es sich transformierte.«
»Es … transformierte sich?«, fragte Tauric bestürzt. »In was?«
»In den Vater-Baum.«
Tauric wurden die Knie weich und eine schreckliche Leere breitete sich in seinem Innersten aus. Er fühlte, dass die Worte der Hexenmähre der Wahrheit entsprachen. Der ehemalige Waffenmeister hatte seinen Betrug wahrlich gründlich geplant, das wurde ihm jetzt klar. Seine Worte waren nichts weiter als arglistige Täuschungen, um ihn zu verzaubern und zu manipulieren. Und er war ihm wie ein naiver, gutgläubiger Junge auf den Leim gegangen, wie ein Kind, gerade recht als Futter für die Wölfe …
Eine bleierne Müdigkeit überkam ihn, und er ließ sich auf den harten, steinigen Boden sinken. Er fühlte Ghazreks besorgten Blick auf sich ruhen, aber es kümmerte ihn nicht.
»Ich kannte mehrere Kaiser«, fuhr die Hexenmähre fort. »Im Gegensatz zu ihnen strahlt Ihr nicht den leichtesten Schimmer von Macht aus. Könnte es sein, dass Ihr gar
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