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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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werde ich es tun«, erklärte Tauric und schaute die Hundekreatur an. »Tut, was Ihr tun müsst, aber tut es rasch!« Er hatte den Satz kaum ausgesprochen, als die Hundekreatur ihn ansprang. Tauric stolperte zurück und erwartete einen Zusammenprall. Statt dessen wurde er einen Augenblick von einem dunklen, schattigen Nebel umhüllt, der sofort verblasste. Schweratmend stand er da und schaute von seinen instinktiv erhobenen Händen zu Ghazrek und der Hexenmähre Shondareth.
    »Es ist…«Der Mogaun starrte ihn fassungslos an. »Es ging auf Euch los, Sire, und drang dann in Euch ein wie ein Geist.«
    Ein schmeichelhafter Vergleich.
    Die Stimme war die der Hundekreatur, aber sie war jetzt wärmer und voller. Es ähnelte Taurcis Erfahrung mit der Erden-Mutter und dem Mutter-Keim, nur dass diese Wesenheit nicht versuchte, seine eigenen Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben und ihn zu beherrschen. Im Gegenteil, sie strahlte Stille und eine unermessliche Trauer aus.
    Habt Ihr denn noch nicht erraten, wer ich bin, Sohn meiner Söhne?
    Ich weiß es nicht, dachte Tauric, während ein finsterer Verdacht in ihm aufkeimte. Seid Ihr einer der …?
Schattenkönige? Nein, ich bin mehr als diese armseligen Halbgötter und doch weniger. Ich bin der Wurm am Haken der Angelrute eines Fischers, und der Fisch, der danach schnappt. Ich bin die Maus, die sich im Sommerheu vergräbt, und die Katze, die danach hascht, und auch der Hund, der diese jagt. Ich bin die Wurzel in der dunklen Erde und das Blatt, das von der Sonne trinkt. Ich bin der Dorn und die Blüte, die Mutter und ihr Neugeborenes. Ich bin der Jäger und sein Pferd, wie auch seine Beute, die er aufspießt. Ich bin die stolze, funkelnde Armee und der Koch, der ihre Mägen füllt. Einst umspannten mein Blick und meine Wesenheit die Königreiche von Küste zu Küste und von den Tälern bis zu den Gipfeln der Berge. Einst drückte ich diese Länder so fest an meinen Busen wie der Liebhaber seine Geliebte, und jetzt weine ich um den Schmerz und den Verlust, den ich nicht verhindern konnte…
    »Im Namen der Mutter!«, sagte Tauric laut. »Ihr seid … Seid Ihr der Vater-Baum?«
    Ghazrek holte vernehmlich Luft, und Shondareth wich tänzelnd ein paar Schritte zurück.
    Ich bin, was übrig ist, das Echo des Echos eines Echos, das Fragment des Fragmentes eines Fragmentes dessen, was einst war.
    Taurics Herz hämmerte.
Wenn Ihr uns einen Weg nach Besh-Darok öffnet, könnten wir die Bewaffneten der Stadt um uns scharen und den Kampf vor die Tore des Feindes tragen …
    Ah, mutiger, kühner Junge, ein solches Handeln würde Euch nichts gewinnen. Die Größe und die blendende Macht, die einst den Boden erbeben ließ, ist jetzt kaum mehr als eine schwache, aber hartnäckige Kerze mitten im lodernden Zwielicht. Ich rate Euch, nähert Euch den Hexenmähren in ihrem Refugium. Überzeugt sie, mit Euch zurückzukehren, denn sie werden Euch mächtige Verbündete auf dem Schlachtfeld sein. Weit mächtiger, als ich es bin.
    Zweifel überfiel Tauric. Werden wir denn Zeit für Reden und Debatten und Überzeugungsarbeit haben?, fragte er. Die Situation in Besh-Darok stand auf Messers Schneide, als ich die Stadt verließ …
    Im Moment ist diese Sorge nicht so dringend … Die Zeit bedeutet hier in der Zwischenwelt etwas anderes.
Gut, dachte Tauric und akzeptierte die Argumente seines Gastes. Wie soll ich diese Brücke bauen?
Stellt Euch einfach vor die Nebelwand und seht geradeaus.
    Soll ich meine Hand ausstrecken, sie heben oder eine Geste machen?
    Wenn Ihr Euch dann besser fühlt, tut das nur!
    Tauric lachte unwillkürlich laut auf, sehr zu Ghazreks Verblüffung.
    »Geht es Euch gut, Sire?«, erkundigte sich der Mogaun besorgt.
    Tauric lächelte und nickte. »Es wird Zeit, dass wir diesen Ort verlassen, Ghazrek. Sieh!«
    Er streckte einen Arm in Richtung des Nebels aus, der zur Seite waberte und eine funkelnde Leere enthüllte, die Zwischenwelt. Eine merkwürdige Brücke aus rosa Stein formte sich Quader um Quader aus dem schwarzen Nichts.
    »Zum Refugium der Hexenmähren«, sagte Tauric und betrat die Brücke, gefolgt von Ghazrek und einem folgsamen Shondareth.
    Bardow saß am Kopfende des langen, angekokelten Tisches, den er heute Morgen in sein Arbeitszimmer hatte bringen lassen. Zu seiner Rechten saß Nerek, links von ihm Alael, und zwischen ihnen kochte die Macht in der Luft, ein zuckender Knoten aus grüner und weißer Kraft. Direkt darunter lag eine schmale Rinne, die aus einem einzigen,

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