02 - Schatten-Götter
kein Kaiser seid?«
»Seid versichert, weiser Shondareth«, ließ sich eine heisere Stimme vernehmen, »Tauric ist wahrhaftig das, was er zu sein vorgibt.«
Die Hexenmähre wendete sich ein wenig zur Seite, was eine nachtschwarze Kreatur zum Vorschein brachte, die auf ihren Hinterläufen hockte und die beiden Männer mit goldglühenden Augen betrachtete. Obwohl das Wesen keine Ohren und keinen Schwanz hatte, erinnerte es Tauric an einen Hund, und zwar an eben den Hund, den er schon mehrmals in der Nähe des Kaiserlichen Palastes gesehen hatte. Er stand auf.
»Seid gegrüßt«, sagte er misstrauisch. »Habe ich Euch nicht schon in Besh-Darok gesehen?« »Allerdings, wenn auch nur mit meinem Einvernehmen, Majestät. Seid gegrüßt, Sohn des Korregan, und auch Ihr, Sohn des Naldok.« Ghazrek war sichtlich überfordert, verbeugte sich dennoch unmerklich. »Und du, Shondareth, Sohn des Vindosarr. Hat dein Herr ebenfalls Zuflucht in der Zwischenwelt gefunden?« »Nein, er starb bei Kizar, versengt vom Feuer, zerfetzt von Krallen …« Die Hexenmähre warf der hundeartigen Kreatur einen scharfen Blick zu. »Ich kenne dich nicht, doch es schlummert eine Macht in dir, die meiner Meinung nach …«
»Macht, gute Hexenmähre? Wohl eher die Neige der Macht, die kläglichen Reste ehemaliger Größe«, unterbrach die Kreatur ihn traurig, während sie sich zu Tauric umdrehte. »Ich sympathisiere mit Eurer Notlage, und zwar mehr, als Ihr wissen könnt.«
Tauric seufzte und schloss die Augen. »Ich weiß Eure freundlichen Worte zu schätzen, aber… ich brauche etwas, womit ich kämpfen kann!«
Er öffnete die Augen und blickte auf seine Hände, Finger aus Fleisch und aus Metall. »Es gibt kein Himmelspferd, das ich anrufen kann, keine uralten Mächte, die uns zu Hilfe eilen, also wäre mir bereits mit blankem Stahl gedient…«
»Oder mit einem Stamm von Hexenmähren«, schlug das Hundewesen vor.
»Sie würden niemals zustimmen!«, warf Shondareth schnaubend ein. »Die Dremnaharik litten vor sechzehn Jahren schreckliche Qualen in sinnlosen Schlachten, und nur wenige von uns überlebten.«
Die Hundekreatur ignorierte die Hexenmähre, erhob sich auf alle viere und ging zu Tauric. »Es entspringt dem Willen der Zwischenwelt, dass wir alle hier sind«, sagte sie. »Mit einer Hexenmähre an Eurer Seite hättet Ihr jedoch bei der bevorstehenden Schlacht wenigstens eine kleine Chance.«
Tauric sah Shondareth an. »Dieses Exemplar hier scheint nicht sonderlich erpicht darauf, in den Krieg zu ziehen.«
»Es wird viel Überredungskraft kosten, und sie werden schwer zu überzeugen sein«, stimmte die Hundekreatur ihm zu.
»Und wie könnte ich es wohl schaffen?«, fragte Tauric. »Wir sitzen hier fest…«
»Es ist möglich, von dieser Schwelle eine Brücke zu allen Orten der Zwischenwelt zu schlagen«, sagte das Wesen. »Ich weiß, wie eine solche Brücke geschlagen werden kann, aber es ist mir nicht gestattet, sie zu überschreiten. Ihr oder Euer Gefährte müsstet die Brückenbauer sein.«
»Ich nicht!«, wehrte Ghazrek diese Ehre eiligst ab.
Tauric beschlich eine unangenehme Vorahnung. »Und wie sollte einer von uns an dieses Wissen kommen, das du in dir trägst?«
»Ihr müsst meine Essenz in Eurem Verstand tragen. Auf diese Weise könnte ich Euch mit allen Kenntnissen versorgen, das Ihr für den Bau der Brücke benötigt. Ich weiß viel über Euch, Tauric, und ich weiß auch, wie Ihr Euch gefühlt habt, als Alael Euch benutzte, um ihre Gabe zu fokussieren, oder später, als die Erden-Mutter Euch für Ihre eigensüchtigen Zwecke zu missbrauchen versuchte.«
Tauric erfüllte eine merkwürdige Ruhe, als er das hörte, trotz der unangenehmen Erinnerungen, die durch seine Gedanken zogen. Er wusste, was getan werden musste.
»Werdet Ihr versuchen, mich zu versklaven oder zu hintergehen? Wollt ihr mir und denen, die ich liebe, Schaden zufügen?«
»Keine solche finsteren Taten liegen in meiner Absicht«, erwiderte die Hundekreatur feierlich. »Ich werde Euch beraten und Euch die Wohltaten meiner eigenen Erfahrung spenden, und falls Ihr dennoch Euren eigenen Weg gehen wollt, dann sei es.«
»Und wer seid Ihr?«
»Ich bin der, den Ihr sucht.«
»Seid vorsichtig mit einem solchen Pakt, Kaiser von Besh-Darok«, mahnte ihn die Hexenmähre. »Vor allem angesichts der Aussichtslosigkeit Eures Zieles.«
Ghazrek schüttelte nur den Kopf.
»Wenn ich mich in Gefahr bringen muss, selbst für die geringste Chance auf einen Erfolg,
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