Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
Vom Netzwerk:
Dutzend von ihnen. Noch während er weiter rollte, schickte Byrnak seinen Geist wütend durch das Netz seiner seelengebundenen Diener und suchte nach der Herkunft dieses Geschosses. Er starrte aus den Augen … … des Befehlshabers eines Trupps, der die schneebedeckten Felder im Westen in halber Höhe der Stadtmauer absuchte …
    … eines Schwertkämpfer-Hauptmanns der Dritten Klauenkrieger, der die Landung des Felsbrockens gesehen hatte …
    … eines Hauptmannes der Bogenschützen in dem eroberten Fort auf der Schmugglerklamm, dessen scharfer Blick die Flugbahn zum anderen Ende des Hügels zurückverfolgt hatte …
    … und eines Kavallerieoffiziers, der nach Osten sah und eines der Katapulte bemerkte, dessen Besatzung wie verrückt an der Winde arbeitete, um es erneut zu spannen … Greift sie an!, befahl Byrnak. Schlachtet sie ab!
    Noch während die Reiter vom Hügel herunterstürmten, wuchtete die Besatzung des Katapultes einen weiteren Felsbrocken in die große Schale am Ende des Armes …
    Dann sah er mit eigenen Augen, wie die Schattenklaue nach vorn schoss und eine Kurve beschrieb, bis sie in die bereits gebrochene Oberfläche der Mauer einschlug. Quellfeuer zuckte in die Granitquader und schwächte sie durch hunderte von Rissen. Von dem Gewicht des Schlusssteins getrieben, durchbrach der gewaltige Eisendorn die Mauer. Ein gewaltiger, ovaler Bereich gab einfach nach und regnete auf beiden Seiten der Mauer in einer dröhnenden Kaskade aus Trümmern herab, die riesige Staubwolken aufwirbelten.
    Einen Moment wich der Schlachtlärm erschrockenem Schweigen. Der verlassene Abschnitt des Walles über der Bresche war plötzlich zu einer Brücke geworden, aber die Erbauer der Festung hatten eine solche Möglichkeit natürlich nicht in ihre statischen Berechnungen eingeplant. Die lange Brücke senkte sich in der Mitte ab, Staub und Trümmer regneten von ihrer Unterseite herunter, bis sie schließlich nachgab und in zwei großen Brocken herunterfiel.
    Ihre Trümmer begruben die Schattenklaue zur Hälfte unter sich, aber das kümmerte Byrnak nicht, denn seine Maschine hatte ihre Aufgabe erfüllt. An der Südwand waren die Kämpfe weitergegangen, und es sah aus, als würden seine Männer allmählich die Oberhand gewinnen. Als Nächstes würde er seinen Fuß in die Stadt setzen, den Palast erobern und diese beiden faszinierenden Artefakte in Besitz nehmen, den Mutterkeim und das Kristallauge. Nach einem lautlosen Kommando an die Kommandeure verschiedener Einheiten marschierten einige Abteilungen mit breiten, hakenbesetzten Leitern vor, die so erdacht waren, dass sie einen bequemen Übergang über einen solchen Trümmerhaufen gewährleisten konnten.
    Es schneite stärker, und der Schnee überzog bereits die Trümmerbrocken und Quader mit einer immer dichter werdenden weißen Schicht.
    So soll die ganze Stadt begraben sein, dachte Byrnak begeistert. Schon bald wird das Zwielicht selbst fallen. Im Refugium der Hexenmähren stand die Zeit still. Das Innerland, das der Geist des Vater-Baumes schuf, war ein seltsames, düsteres Flickwerk, ganz anders als die tröstlichen Illusionen, welche die Hexenmähren sich geschaffen hatten. Es zeigte die Zerstörungen und Qualen, welche die Menschen und ihre Länder ertragen mussten, und der Geist des Vater-Baumes beschwor Szenen eines solchen Entsetzens, dass Tauric selbst sie nicht lange ertragen konnte. Sobald diese Bilder geschaffen waren, gelang es dem Geist des Vater-Baumes, die gesamte Illusion durch den Zufluchtsort der Hexenmähren zu senden, und er steuerte sie von einem Innerland zum nächsten, wie ein Schiff, das seine Fracht aus Leid verströmt.
    Helle Sommertage verdunkelten sich und die idyllischen, endlosen Sonnenuntergänge wurden kälter. Der Rauch brennender Städte quoll über die üppigen Hügel, deren Gras und Blätter unter seiner Berührung verwelkten. Wälder wurden abgeholzt, Seen und Flüsse von den Kadavern vergiftet, die in ihnen verfaulten. In einem Lidschlag verwandelten sich Bauernhöfe von stattlichen, mit Reet gedeckten Anwesen in trostlose Ruinen aus verbrannten, qualmenden Trümmern. Die Illusionen von lächelnden Menschen wurden Opfer des Krieges und der Massaker, wurden zu gramgebeugten Leidenden, und überall liefen zerlumpte Kinder herum, über deren hohlen Wangen leere Augen schimmerten…
    Als schließlich diese Vision der Zerstörung in jeden noch so fernen Winkel der Innerländer sämtlicher Hexenmähren gedrungen war, kehrte Tauric auf

Weitere Kostenlose Bücher