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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Gepanzerten vor, lösten die Seile und zogen das verschneite Verdeck aus Häuten herunter. Bardow sah einen langen hölzernen Arm, der so dick war wie ein Mann, und so lang wie drei Zugpferde, von Kopf bis Schweif gemessen. Er war an einem Gelenk aufgehängt, dessen Achse von einem bronzebeschlagenen, hölzernen Panzer umgeben war, der sich über die ganze Länge der Maschine erstreckte. Am Ende des Armes befand sich ein merkwürdiger flacher Steinzylinder, aus dessen Mitte ein zwei Meter langer, eiserner Dorn herausragte. Als eine grüne Aura aufflackerte und die rätselhafte Maschine einhüllte, rückte sie erneut näher, bis die Mauer sie trotz der Höhe seines Balkons vor Bardows Blick verbarg. Im nächsten Moment ertöne ein lauter Knall wie von einem Hammerschlag. Bardow sah, wie die Soldaten auf den Wällen um ihr Gleichgewicht rangen, während gleichzeitig ein glühend grünes, gezacktes Netz die Stadtmauer auf halber Höhe überzog. Die glühenden Fäden wurden dunkel, und auf den Straßen rannten die Menschen angsterfüllt davon, während Bardow nur entsetzt zusehen konnte. Seine ganze Hoffnung ruhte jetzt auf dem glänzenden Schwert, das auf seinem Gestell in der Kammer hing.
    Alael befand sich in der Bibliothek im Vierten Stock des Hohen Turmes und saß im Licht einer Lampe an dem großen, hufeisenförmigen Tisch, wo sie über Büchern mit Sagen und Legenden brütete, als sie den Lärm hörte. Es klang wie ein weit entfernter, gedämpfter Aufprall, dem ein Beben folgte, das selbst den gefliesten Boden erzittern ließ. Sie sah sich nach einem Fenster um, weil sie hinaussehen wollte, doch in der Bibliothek gab es keines, weil die vielen kostbaren Dokumente vor Feuchtigkeit und Sonnenlicht geschützt werden mussten. Eine Tür im Obergeschoss der Bibliothek führte jedoch zu einem äußeren Arkadengang, von dem aus man einen Balkon erreichte.
    Rasch stand Alael auf, ging zu einer Wendeltreppe und hastete zwei Stockwerke hinauf in einen dunklen, muffigen Korridor, in dessen Regalen sich Lederbände drängten. Eine Tür am anderen Ende führte durch einen erhellten Flur, und Momente später beugte sie sich über die Brüstung des Balkons, um zu sehen, was dort unten vorging. Der Balkon überragte die Silberne Aggor des Palastes nur um wenige Meter und bot einen ausgezeichneten Blick auf die Stadtmauer. Es schneite jetzt unaufhörlich, und die Soldaten auf dem Wall verließen in panischer Flucht einen bestimmten Abschnitt direkt unterhalb des Palastes, während von der Straße laute Schreie zu ihr drangen. Alael bemerkte die dunklen Bruchstellen auf der Innenseite der Mauer und überlegte, worum es sich wohl handeln mochte, als auf der anderen Seite der Mauer ein ohrenbetäubender Lärm ertönte. Blendendes Licht zuckte in den dunklen Rissen auf, und Steinbrocken fielen mit großen Stücken Mörtel aus der Mauer. Alael schrie erschreckt auf und traute ihren Augen nicht. Wie war eine solch zerstörerische Kraft möglich? Sie musste Bardow aufsuchen, der sich in der Aussichtskammer fünf Stockwerke über ihr befand. Doch bevor sie zu ihm ging, wollte sie noch ihre Notizen und Stifte holen.
    Sie stürmte durch die Tür der Bibliothek, trat wieder in den ruhigen Raum und stieg die Treppe hinunter. Erst als sie den Zwischenflur erreichte, fiel ihr Blick zufällig auf ihren Platz an dem großen Tisch, wo all ihre Bücher und vormals ordentlich gestapelten Notizen über die ganze Platte verstreut waren und teilweise auf dem Boden lagen. Alael blieb wie angewurzelt stehen, und ihre Verwirrung verwandelte sich rasch in ein tiefes Unbehagen. Dann hörte sie Schritte.
    Aus dem Stockwerk über ihr.
    Und von unten drang eine gelassene, spöttische Stimme an ihre Ohren.
    »Ah, Lady Alael, endlich können wir unsere Bekanntschaft erneuern.«
    Eine große Gestalt mit einer braunschwarzen Maske trat hinter einem Regal hervor. Sie trug einen nachtschwarzen Umhang. Eine Hand mit einem Kettenhandschuh griff hoch und entfernte die Maske. Das fahle Gesicht von Ikarno Mazaret sah zu ihr hoch. Alael erkannte an seinen farblosen Augen, dass dies ein Geistschatten war, und bemerkte auch die Blutspritzer auf seinen Handschuhen und auf dem Brustharnisch.
    Sie erwiderte den eisigen Blick einen Moment, während sie auf die Schritte von oben lauschte, die sich langsam der Wendeltreppe näherten. Unvermittelt wirbelte sie herum und stürzte zur Tür am Ende der Bibliothek, ohne zu wissen, wohin sie führte.
    Nerek stand an der Schwelle eines

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