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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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ehemalige Reiterhauptmann Byrnaks wirkte gleichzeitig müde und angespannt. Er stapfte an ihr vorbei, setzte sich auf ihre Pritsche und winkte sie zu sich. An der Tür warteten zwei unbeteiligt wirkende, in Leder gekleidete Wachen mit Fackeln und Hellebarden.
    »Also …« Sie setzte sich neben ihn. »Wer sind deine Verbündeten? Genauer gefragt, kann ich dir hier nutzen? Und hast du Nachrichten aus Besh-Darok?«
    Domas schüttelte unmerklich den Kopf. »Sie haben mich gebeten, nicht über sie mit dir zu sprechen. Was dagegen Neuigkeiten aus der Hauptstadt angeht…«
    Er hielt inne und sah sie zögernd an. Keren befürchtete das Schlimmste.
    »Heute morgen sind weiße Raben mit Nachrichten eines meiner Spione in Ost-Khatris eingetroffen. Sie besagen, dass der Schattenkönig Byrnak mit seinen massierten Streitkräften Besh-Darok umzingelt hat. Am Nachmittag überbrachte ein weiterer Botenvogel die Mitteilung, dass ein Mauerbrecher die Hauptmauer der Stadt zertrümmert habe und die Truppen des Schattenkönigs in die Stadt eindrängen …« Er wandte den Blick ab. »Tut mir Leid.«
    »Mehr Nachrichten sind nicht gekommen?«
    »Keine … bis jetzt.«
    Seine Worte lähmten sie beinahe vor Entsetzen. Bardow, Alael und Nerek, dachte sie. Ich habe noch vor zwei Tagen mit ihnen gesprochen …
    »Das ist dann wohl das Ende«, erklärte sie. »Die Schattenkönige haben gesiegt…«
    »Laut meiner … Verbündeten noch nicht ganz«, widersprach Domas. »Sie behaupten, dass weder das Kristallauge noch der Mutterkeim bislang in die Hände des Feindes gefallen seien, was bedeutet, dass die Schattenkönige nach wie vor verwundbar sind.«
    Keren lachte verbittert. »Verwundbar? Von Artefakten, die nur ein Magier einsetzen kann?« Sie runzelte die Stirn. »Doch wenn Byrnak sich ihrer noch nicht bemächtigt hat, wo sind sie dann? Ich vermute, dass deine Verbündeten erheblich mehr wissen, als sie dir verraten, Domas …«
    »Das würde mich nicht sonderlich überraschen«, gab Domas überraschend gleichmütig zu und stand auf. »Aber wo stecken sie?«
    Domas ging zur Tür, blieb stehen und blickte zu Keren zurück. »Du wirst sie kennen lernen. Sie haben mich gebeten, dich sehen zu dürfen, sobald wir mit unserem Gespräch fertig sind.«
    »Wir sind aber noch nicht fertig …«, begann Keren, doch er öffnete bereits die Tür und verbeugte sich respektvoll vor jemandem, der im Gang davor wartete.
    »Mylords«, sagte er und trat zur Seite.
    Ein großer Mann in einem langen, dunkelroten Umhang schritt in das Verlies. Er war noch sehr jung, hatte ausgeprägte Wangenknochen und kurzes, blondes Haar. Keren hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Ihm folgte ein anderer Mann, der ebenso groß und ähnlich gekleidet war, nur schimmerte sein Umhang in einem sehr dunklen Grün. Sein Gesicht war schmal, seine Augen dunkel und ihr Blick ehrfurchteinflößend und kalt.
    Sie keuchte, rappelte sich auf und wich an die Rückwand des Verlieses zurück. Als sie dem zweiten Mann vor Monaten zum ersten Mal in dem Flüchtlingslager von Alvergost begegnet war, hatte er sich Raal Haidar genannt. Erst später, in der trostlosen Anderswelt von Kekrahan hatte er seine wahre Gestalt und seinen wahren Namen enthüllt. Orgraaleshenoth, Prinz der Dämonenbrut, erster und mächtigster Diener des Herrn des Zwielichts.
    »Du bist ein verdammter Narr, Domas!«, schrie sie. »Was hast du getan?«
    »Keren, du musst sie anhören«, erwiderte Domas. »Es ist nicht so, wie du denkst…«
    Aber sie wurde von Erinnerungen an die Qualen überwältigt, die sie durch Orgraaleshenoth hatte erdulden müssen, als sie die tödlichen Stationen der Prüfungen im Oshang Dakhal unter der Hohen Basilika in Trevada gemeistert hatte. Furcht erschütterte sie, Hass brachte ihr Blut zum Kochen, und ihre Sinne vibrierten, als sie sich vorstellte, erneut in die Klauen der Dämonenbrut zu fallen …
    »Keren Asherol.«
    Orgraaleshenoths Gefährte sprach, der gutaussehende, jüngere Mann. Noch während sie ihn im Licht der Fackeln betrachtete, gaukelte ihr verängstigter Verstand ihr seine wahre Gestalt vor: den muskulösen Körper, die harte Reptilienhaut, den schmalen, echsenartigen Schädel und große Schwingen mit gefährlichen Klauen. Unter diese geisterhafte Vorstellung mischte sich die ungebetene Erinnerung, dass sie sich einst selbst kurz nach einem solch kraftvollen Körper gesehnt und sich gewünscht hatte, ebenfalls eine Dämonenbrut zu werden. »Keren Asherol«, wiederholte er. »Mein

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