02 - Schatten-Götter
den Maskierten gegeben, die auf ihrem Rückzug zur Mauerbresche, wo die Kriegshorde der Mogaun schon auf sie wartete, ständig irgendwelche Gebäude in Brand steckten. Am meisten beschäftigte Bardow jedoch der Zustand von Yasgurs Stadtmiliz und der Ritterorden. Die Straßenlazarette und Hospitäler quollen über von Verwundeten und Sterbenden, und die gewaltige Eisen-Kaserne war nur noch eine qualmende Ruine. Jetzt war er unterwegs zu einem Treffen mit dem Hohen Konklave, zu dem auch die Oberhäuptlinge der Mogaun gebeten worden waren, und auf dem Bardow einen sofortigen Angriff auf Gorla oder Keshada vorschlagen wollte, und zwar mit jedem Mann, der auch nur halbwegs ein Schwert schwingen konnte.
Wahnsinn, werden sie sagen, dachte er. Bis ich ihnen verrate, was Byrnak mir letzte Nacht über den Herrn des Zwielichts und Nerek mitgeteilt hat. Selbst dann werden sie mir vielleicht keinen Glauben schenken … Als die Kutsche den schneebedeckten Platz der Klingen in der Nähe des Tagfrieds erreichte, sah er eine Gruppe ernster Kinder, die Blumen an der Stelle niederlegten, wo Tauric und die Hexenmähre vom Spiegelkind Nerek gemeuchelt worden waren.
Die arme Nerek, dachte er. Und Tauric … Du wolltest so sehr für dein Volk kämpfen, und als du zurückgekommen bist, um eben dies zu tun, bot dir nur der Tod ein Willkommen. Aber wo sind deine Leiche und die der Hexenmähre abgeblieben? Hat die Erden-Mutter hier ihre Hand im Spiel?
Dann bog die Kutsche erneut um eine Kurve nach links in den dunklen Torweg des Tagfrieds ein, fuhr unter seinen drei Gattern hindurch und überquerte eine Zugbrücke. Als der Erzmagier unter dem überdachten nordwestlichen Eingang des Hohen Turmes ausstieg, sprangen seine Leibwächter Antor und Rafe vom Bock und folgten ihm hinein. Die Menschen verbeugten sich oder grüßten ihn mit einem Nicken, während er die bevölkerte Eingangshalle durchquerte und zur Treppe ging.
Zwei Träger tauchten mit einer Stuhlsänfte aus einem Verschlag neben der Treppe auf. Bardow setzte sich hinein, und sie trugen ihn die Stufen hinauf. Der Verwalter des Fünfkönigs-Piers hatte einige dieser Sänften letzte Woche zum Palast geschickt, und alle hatten die Invasion unbeschadet überstanden. Dafür war Bardow sehr dankbar, denn das Hohe Konklave fand im restaurierten Thronsaal weit oben statt.
Einige Zeit später setzten die beiden keuchenden Träger die Sänfte vor den mächtigen Doppeltüren des Thronsaals ab. Bardow dankte ihnen, stieg aus, schüttelte die Falten seiner schweren braunroten Robe aus, in der er schrecklich schwitzte, und ging zu den Doppeltüren, die von vier Gardisten in Kettenhemden und weißen Wappenröcken flankiert wurden. Darüber hing das Kaiserliche Banner, das einen schwarzen Trauerflor trug. Bardow befahl Antor und Rafe, auf ihn zu warten und trat vor die Tür, die zwei Gardisten für ihn öffneten. Den Mittelpunkt des Thronsaales nahm ein breiter, ovaler Tisch ein, der auf dem blanken, grauen Marmorboden stand, in dem sich die vielen Lampen spiegelten. Die Mitglieder des Hohen Konklave waren bereits anwesend. Die meisten saßen, bis auf Yarram, der an dem Tisch stand und etwas auf seiner linken Seite anstarrte. Atroc stand hinter Yasgur, das runzlige, stopplige Gesicht sichtlich amüsiert verzogen, während sein Herr mit grimmiger Miene am Tisch saß.
Die Blicke der Anwesenden richteten sich auf Bardow, als er eintrat, und während er über den schimmernden Marmor schritt, bemerkte er hinter den Pfeilern zur Linken zwei seiner Magierkollegen, Cruadin und die Nachtkrähe, die in der Nähe der Arkade zum Balkon standen. Dann fiel sein Blick auf die beiden Oberhäuptlinge der Mogaun, die mit gezückten Schwertern dastanden. »Cruadin!«, sagte Bardow. »Nachtkrähe, was ist geschehen? Wohin schaut Ihr…?«
Der große, in Pelze gehüllte Welgarak drehte sich wie die anderen auch zu Bardow herum. Dann gab er den Blick auf jemanden frei, der unter der Arkade vor den zugezogenen Vorhängen stand. Als Bardow die Person erkannte, stockte er mitten im Schritt, und rang die Furcht nieder, die ihn plötzlich befiel.
»Wer … seid Ihr?«, stieß er hervor.
»Sie behauptet, sie wäre die Magierin Suviel«, knurrte Welgarak. »Aber ich habe ihre fahlen Schwestern mit den Maskierten reiten sehen, also wer kann sicher sagen, wer oder was sie in Wahrheit ist?«
Die Nachtkrähe drehte sich zu Bardow um. »Ich spüre keine Brunn-Quell-Macht in ihr.«
»Der Waffenmeister hat unerkannt mehrere
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