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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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nächsten Moment zerschmettert zu werden, als ein schwaches Knacken vor ihr ertönte, gefolgt von lautem Knochengeklapper. Rakrotherangisal erhob sich von der Stelle, wo eine der uralten Stufen unter seinem Gewicht zusammengebrochen war. Er war ausgeglitten und hatte mit dem Fuß einen der ausgetrockneten Kadaver getroffen, der in einer Wolke aus Staub und klappernden Knochen auseinander gebrochen war. Die blassen Hüter stürzten sich augenblicklich auf ihn. Versteinert vor Angst konnte Keren nur zusehen, wie einige der Nebelwesen Rakrotherangisal umringten, ihn stießen und versuchten, ihn zu umhüllen, obwohl er noch in seinen Nimbus gehüllt war. Schließlich hob er den Stab, der Kristall glühte auf, und er schlug zu.
    Ein hoher, schriller Alarmschrei ging durch die Menge der Hüter, welche die jüngere Dämonenbrut umringten. Orgraaleshenoth drehte sich zu Keren um, und sie hörte in ihrem Kopf nur ein Wort.
    Lauf.
    Im nächsten Augenblick warf er seinen eigenen magischen Schutz ab. Sofort nahmen die nebligen Hüter um ihn herum die Gestalt der Dämonenbrut an. Keren sah, wie er seinen glühenden Stab hoch in die Luft hob, bevor sie sich umwandte und die Stufen hinunterhastete. Einen Moment später blitzte es hinter ihr auf, und ihr eigener Schatten tanzte grotesk verzerrt vor ihr über die Wand. Im nächsten Moment verschwand er, und stattdessen brüllte eine Vielzahl von Stimmen vor Schmerz und Wut auf. Keren kümmerte sich nicht darum, sondern rannte weiter, achtete darauf, wo sie hintrat und hielt weder inne noch sah zurück.
    Die kalte Luft drang ihr schneidend in die Lungen, ihre Füße schmerzten und ihre Beine zitterten, als sie endlich das Ende der Treppe erreichte. Weit über sich hörte sie immer noch schwach den Kampfeslärm, vor ihr jedoch erstreckte sich ein riesiges, düsteres Gewölbe mit Pfeilern, deren Sockel das einzige Licht spendeten, ein schwaches, graues Leuchten, wie Helligkeit, die durch eine dichte Eisdecke fällt. Sie wusste nicht, welche Gefahren hier lauern mochten, also stahl sie sich durch die gewaltige Halle und huschte in dem undurchdringlichen Dunkel von Säule zu Säule.
    Der Stab der Leere schwebte auf einer hüfthohen Säule aus Licht auf einem breiten Podest, das im Mittelpunkt dieser ungeheuren Kammer stand. Geschwungene, flache Stufen führten hinauf, und als sie die oberste erreichte, drang das Rauschen von Schwingen an ihre Ohren. Mit gezücktem Schwert wirbelte sie herum, entspannte sich jedoch, als sie Orgraaleshenoth bemerkte, der die blutige Gestalt von Rakrotherangisal in den Armen trug. Die Dämonenbrut taumelte, als sie neben Keren landete, und sank auf die Knie, um seinen Gefährten auf den Stufen niederzulegen. Keren eilte zu ihm und erschrak, als sie die schrecklichen Wunden Rakrotherangisals sah, aus denen schwarzes Blut sickerte. Sie konnte sogar seine Knochen und Organe erkennen.
    »Mein Tod ist gekommen, Prinz Orgraaleshenoth«, sagte die jüngere Dämonenbrut. »Haben wir triumphiert oder sind wir gescheitert?«
    »Ihr habt an diesem heutigen Tag mehr für die Israganthir getan, Bruder«, erwiderte Orgraaleshenoth, »als Jahrhunderte unserer Fron unter der Grauen Eminenz bewerkstelligt haben.« Er drehte sich zu Keren um. »Gib mir den Stab, rasch!«
    Sie sprang auf, lief zu der weißen Lichtsäule und hob den Stab der Leere hinunter, der sich in ihrer Hand warm anfühlte. Er sah aus wie aus Marmor gemacht, der mit blauen Adern durchzogen und mit silbernen und goldenen Bändern umwickelt war. Seine Spitze bestand aus einer einfachen Kugel aus schwarzem Mineral. Schnell kehrte sie zu Orgraaleshenoth zurück und hielt ihm den Stab hin … Es war zu spät.
    Orgraaleshenoth rührte sich kaum, während er seinen massigen Schädel langsam senkte. Vermutlich war auch er schwer verwundet, und Keren brachte kein Wort über die Lippen.
    »Die Feinde nähern sich«, sagte die Dämonenbrut. »Wir können nicht hier bleiben.«
    Noch während er sprach, hörte sie die Kampfgeräusche am anderen Ende des Tunnels.
    »Sind es die Hüter?«, fragte sie. »Aber gegen wen kämpfen sie?«
    Im nächsten Moment wusste sie die Antwort.
    »Die Theokratie!«, sagte sie, traurig und verzweifelt. »Wie können wir entkommen? Wir sitzen in der Falle …!« Die Dämonenbrut nahm ihr den Stab der Leere aus den Fingern.
    »Es gibt einen Ort, an den wir flüchten können«, sagte er. »Aber ich bin geschwächt vom Kampf und hoffe nur, dass dieses Artefakt mir von Nutzen sein kann

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