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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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nähern. Vermutlich kreuzt Azurech am späten Nachmittag den Westlichen Weg. Vielleicht eine Stunde vor Sonnenuntergang.«
    »Und unsere Verbündeten?«
    »Domas und seine Männer haben ihr Versteck vor einer Stunde verlassen«, erwiderte sie. »Sie sollten den Treffpunkt am Vormittag erreichen.«
    Mazaret hatte sehr skeptisch auf Domas' Angebot reagiert. Vor vierzehn Tagen hatte der Mann ihm einen Pakt angeboten. Er erinnerte sich noch sehr gut an Kerens Bericht von den Taten des Mannes als Söldner in Alvergost. In seiner Botschaft hatte Domas von einem Streit gesprochen, der zu einem Kampf geführt hätte, in dem sein Söldnerhauptmann und dessen Vertraute getötet worden wären. Danach hatte die Söldnerkompanie Domas zum Anführer gewählt und begonnen, die Flüchtlinge vor den Roten Priestern und den Sklavenhändlern zu beschützen, die anscheinend zusammenarbeiteten. Eine kurze Weile war ihnen Erfolg beschieden. Sie hatten mehrere Überfälle abwehren und eine Karawane mit Nachschub retten können, die heimlich von Bauern in den östlichen Tälern nach Alvergost geschickt worden war. Vor etwa einem Monat hatten die Sklavenhändler einen konzentrierten Angriff auf Alvergost unternommen. Sie waren dabei von gutbewaffneten, sehr erfahrenen Truppen unterstützt worden, die Domas noch nie zuvor gesehen hatte. Dieser Angriff war so heftig gewesen, dass Domas und seine Leute ihr Lager hatten aufgeben und in die dunklen Schluchten des Rukang-Massivs fliehen mussten. Kurz danach hatte Domas einen Unterhändler mit seinem Angebot geschickt. Mazaret hatte es erst akzeptiert, nachdem er dem Mann auf einem Hügelkamm in der Nähe des Königstor-Passes von Angesicht zu Angesicht gegenüber getreten war.
    Jetzt stand Mazaret auf und reckte sich. Er musterte die Landschaft und den Himmel und sog die kalte Luft tief ein.
    »Zeit, dass wir aufbrechen«, sagte er. »Es passt nicht zu den Rittern von Besh-Darok, in einer solchen Unternehmung zögerlich zu sein.«
    Sie gingen den verschneiten Hügel hinab. Ihre Schritte knirschten in dem gefrorenen Gras, und sie überquerten vorsichtig vereiste Rinnsale. Als sie sich dem Lager näherten, winkte Mazaret seinem Marschhauptmann und befahl, das Lager abzubrechen. Kurze Zeit später waren sie alle aufgesessen, und nachdem die Knechte das letzte Gepäck auf die Packpferde geschnallt hatten, führte Mazaret seine Kolonne aus der Schlucht und aus der Deckung des kleinen Wäldchens hinaus. Während sie in die verschneite Ebene ritten, zog Mazaret einen seiner Lederhandschuhe aus und tastete unter seinem zugebundenen Umhang in sein Wams. Er fand das kleine, handtellergroße Stück Pergament, das er dort verwahrte, und zog es heraus. Es war ein einzelnes, dünnes Blatt, das aus einem kleinen, gebundenen Buch stammen konnte, und es standen einige Sätze darauf.
    Von Zeit zu Zeit in Träumen, mein Liebster,
scheint es mir, als lägest du neben mir.
Doch mit dem wachen Tag,
wird das Verlangen meiner Seele
zu einem bloßen Traum.
Und es scheint, als wollte der Tag niemals enden.
    Er hatte das Pergament vor zwei Monaten gefunden, im Schlamm eines niedergebrannten Bauernhauses in Tobrosa. Seitdem las er es einmal am Tag, als sein privates Ritual, sein eigenes, stilles Klagelied. »Suviel«, flüsterte er, während er das Blatt wieder in seine Innentasche zurückschob. Dann hob er die Hand, schrie einen Befehl und trieb die Kolonne in raschem Galopp durch den Schnee.
    Der Treffpunkt war der große Tempel der Macht der Wurzel in dem Marktflecken Nimas. Seine Erbauer hatten ihn tief in die Seite eines felsigen Überhanges getrieben, der über der Stadt lag, und die Masse des Felsens dazu benutzt, die gewaltigen Pfeiler, die hohen Wände und das gewaltige, gebogene Dach zu stützen. Das Innere des Tempels war von Feuer vollkommen vernichtet worden. Die Wände waren eingestürzt, und nur die Teile des Tempels waren unversehrt geblieben, die in den Fels gehauen worden waren. Nach der Plünderung von Khatris und dem folgenden Gemetzel der Häuptlinge untereinander bei der Schlacht um Besh-Darok war der größte Teil der Bevölkerung geflohen. Nimas war mittlerweile vollkommen verlassen, und seine traurigen, leeren Häuser lagen dunkel und wie erstickt unter Schnee und Eis.
    Aus den schwarzgähnenden Türen und Fenstern verfolgten einige von Domas' Leuten die Ankunft der Ritter, als sie über die Hauptstraße ritten. Mazaret sah, dass sie ihre Pferde in einem ausgebrannten Getreidespeicher in der Nähe

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