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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Essen und ungewaschener Kleidung roch und als Sitzgelegenheiten nur harte Holzstühle gab. Die Wände waren
kahl, und nirgendwo lagen Teppiche. Durch die offene Tür sah ich zwei unansehnliche halbwüchsige Mädchen, die mit ernstem Gesicht ihren Näharbeiten nachgingen, und ich fragte mich, ob das die Töchter oder Nichten waren, die Pompeius hatte heiraten wollen. Wie anders hätte sich die Lage in Rom entwickelt, hätte Cato seine Zustimmung zu einer Heirat gegeben! Wir wurden von einem hinkenden Türwächter in eine düstere kleine Kammer geführt, wo Cato unter einer Büste Zenons seine dienstliche Arbeit erledigte. Wieder brachte Cicero sein Anliegen eines Kompromisses mit Pompeius vor, doch wie die anderen wollte auch Cato nichts davon wissen.
    »Er hat jetzt schon zu viel Macht«, sagte Cato und wiederholte damit seine altbekannte Klage. »Wenn wir zulassen, dass seine Veteranen überall in Italien Kolonien bilden, dann hat er Zugriff auf ein jederzeit verfügbares stehendes Heer. Und warum sollten wir all seine Verträge billigen, ohne vorher jeden einzelnen einer Prüfung zu unterziehen? Sind wir das höchste Entscheidungsgremium der römischen Republik oder sind wir ein paar kleine Mädchen, denen man sagen kann, was sie zu tun und was sie zu lassen haben?«
    »Du hast ja Recht«, sagte Cicero, »aber wir müssen der Realität ins Auge blicken. Bei unserem Gespräch hätte er seine Absichten nicht klarer zum Ausdruck bringen können: Wenn wir nicht kooperieren, dann sucht er sich einen Volkstribun, der die von ihm gewünschten Gesetze vor die Volksversammlung bringt, und dann zieht sich der Konflikt endlos hin. Oder, noch schlimmer, er macht gemeinsame Sache mit Caesar, wenn der aus Spanien zurück ist.«
    »Wovor hast du Angst? Konflikte können hilfreich sein. Alles Gute muss erkämpft werden.«
    »An einem Kampf zwischen Volk und Senat ist nichts Gutes, glaube mir. Das endet wie der Prozess gegen Clodius, nur schlimmer.«
    »Oho!« Catos fanatische Augen weiteten sich. »Du bringst da zwei ganz verschiedene Dinge durcheinander. Clodius wurde nicht wegen des Pöbels freigesprochen, sondern weil das Gericht bestochen war. Und gegen Geschworenenbestechung gibt es ein probates Mittel, und das werde ich anwenden.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich habe vor, ein Gesetz in die Kammer einzubringen, das allen Geschworenen, die keine Senatoren sind, ihre traditionelle Immunität vor Strafverfolgung wegen Bestechung entzieht.«
    Cicero raufte sich die Haare. »Das ist nicht dein Ernst!«
    »Warum nicht?«
    »Weil das so aussieht, als führte der Senat einen Angriff auf die Rechte des Volkes.«
    »Unfug! Das ist ein Angriff des Senats auf Unredlichkeit und Korruption.«
    »Das mag schon sein, aber in der Politik ist es oft nicht so wichtig, wie eine Sache tatsächlich ist, sondern wie sie zu sein scheint.«
    »Dann muss die Politik sich ändern.«
    »Ich flehe dich an, tu es wenigstens nicht jetzt. Das hat uns gerade noch gefehlt.«
    »Es ist nie zu früh, ein Unrecht zu beseitigen.«
    »Cato, jetzt hör mir bitte zu. Deine Integrität mag ihresgleichen suchen, aber sie setzt deinen gesunden Menschenverstand außer Kraft. Wenn du so weitermachst, dann werden deine ehrenwerten Absichten unser Land zerstören.«
    »Lieber zerstört als zu einer korrupten Monarchie verkommen.«
    »Aber Pompeius will kein Monarch sein. Er hat seine Armee aufgelöst. Er hat immer die Zusammenarbeit mit dem Senat gesucht, aber er ist stets nur auf Ablehnung gestoßen. Und er ist weit davon entfernt, Rom zu korrumpieren,
er hat vielmehr Roms Machtbereich weiter ausgedehnt als jeder andere Mensch auf Erden.«
    »Nein«, sagte Cato und schüttelte dabei heftig den Kopf. »Nein, du hast Unrecht. Pompeius hat Völker unterworfen, die nicht im Streit mit uns lagen, er ist in Länder eingedrungen, mit denen wir nichts zu tun haben, und er hat Reichtümer mit nach Hause gebracht, die uns nicht zustehen. Er wird unser Untergang sein. Es ist meine Pflicht, ihn zu bekämpfen.«

    Aus dieser Sackgasse fand nicht einmal der scharfe Verstand Ciceros einen Ausweg. Noch am Nachmittag des gleichen Tages ging er zu Pompeius, um ihm von seinem Misserfolg zu berichten, und traf ihn an, wie er im Halbdunkel über dem Modell seines Theaters brütete. Das Treffen war selbst für mich zu kurz, als dass ich auch nur eine Notiz darüber hätte anfertigen können. Pompeius nahm die Neuigkeiten zur Kenntnis, brummte unwirsch und rief Cicero, als wir den Raum wieder

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