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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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verließen, hinterher: »Ich will, dass man Hybrida unverzüglich aus Macedonia zurückbeordert.«
    Da die Geldverleiher Cicero hart zusetzten, konnte das ernsthafte persönliche Konsequenzen für ihn haben. Nicht nur, dass er noch eine stattliche Summe für das Haus auf dem Palatin zu zahlen hatte, er hatte auch weitere Anwesen gekauft. Wenn Hybrida die Überweisungen seines Anteils aus den macedonischen Gewinnen einstellte – was letztens einige Male vorgekommen war –, dann würde Cicero in ernstliche Verlegenheit geraten. Seine Lösung: Er sorgte dafür, dass Quintus’ Amtszeit als Statthalter in Asia um ein Jahr verlängert wurde. Das versetzte ihn in die Lage, sich von der Staatskasse Gelder auszahlen zu lassen, die eigentlich für die Deckung der Kosten seines Bruders bestimmt waren (die
anwaltliche Vollmacht hatte er), und damit seine Gläubiger ruhigzustellen. »Erspare mir bitte einen von deinen vernichtenden Blicken, Tiro«, sagte er mit warnender Stimme zu mir, als wir mit einer sicher in meiner Tasche verstauten Anweisung der Staatskasse über eine halbe Million Sesterze den Tempel des Saturn verließen. »Ohne mich wäre er nie Statthalter geworden, außerdem zahle ich ihm alles zurück.« Trotzdem tat Quintus mir leid. Er fühlte sich nicht wohl in der so unermesslich großen und fremdartigen Provinz und litt sehr unter Heimweh.

    In den folgenden Monaten entwickelte sich alles so, wie Cicero vorausgesagt hatte. Crassus, Lucullus, Cato und Celer blockierten Pompeius’ Gesetzesvorhaben im Senat, und so wandte sich Pompeius an den ihm freundlich gesinnten Volkstribun Fulvius, der der Volksversammlung ein neues Landgesetz vorlegte. Celer attackierte den Antrag auf derart heftige Weise, dass Fulvius ihn inhaftieren ließ. Der Konsul ließ daraufhin die Rückwand seines Gefängnisses niederreißen, so dass er von seiner Zelle aus damit fortfahren konnte, die Gesetzesmaßnahme anzuprangern. Diese Demonstration von Entschlossenheit begeisterte die Menschen und beschädigte Fulvius’ Ansehen derart, dass Pompeius das Gesetz tatsächlich fallenließ. Cato brachte zwei Gesetze durch, die die Mitglieder des Ritterstands vom Senat entfremdeten: Als Geschworene verloren sie ihre Immunität vor Strafverfolgung, und ihre aufgrund von Fehlspekulationen im Osten angehäuften Schulden wurden nicht getilgt. Mit beiden Maßnahmen handelte er moralisch vollkommen richtig und gleichzeitig politisch vollkommen falsch.
    In dieser Zeit hielt Cicero nur wenige öffentliche Reden, er konzentrierte sich ganz auf seine Tätigkeit als Anwalt.
Ohne Quintus und Atticus fühlte er sich sehr einsam, und ich hörte ihn oft seufzen und vor sich hin grummeln, wenn er sich unbeobachtet glaubte. Er schlief schlecht, wachte mitten in der Nacht auf und konnte dann bis zum Morgengrauen nicht mehr einschlafen, weil ihm seine Gedanken keine Ruhe ließen. Er gestand mir, dass ihn in diesen Wachphasen zum ersten Mal in seinem Leben – er war sechsundvierzig  – Gedanken an den Tod geplagt hätten, ein nicht gerade seltenes Phänomen bei Männern seines Alters. »Ich bin so von allen verlassen«, schrieb er an Atticus, »dass ich nur noch mit meiner Frau, meiner Tochter und meinem Liebling Marcus Augenblicke der Entspannung erlebe. Die verlogenen Freundschaften, die ich pflege, mögen sich in der Öffentlichkeit ganz gut machen, für mich als Privatmann sind sie gänzlich wertlos. Morgens ist mein Haus voll, dicht umringt von Freunden gehe ich aufs Forum, aber unter all diesen Menschen finde ich keinen einzigen, mit dem ich unbefangen einen Scherz machen oder dem ich mein Leid klagen könnte.«
    Obwohl er zu stolz war, es zuzugeben, auch das Schreckgespenst Clodius störte seinen Seelenfrieden. Zu Beginn der neuen Sitzungsperiode brachte ein Volkstribun namens Gaius Herennius einen Antrag im Senat ein, der vorsah, das römische Volk auf dem Marsfeld darüber abstimmen zu lassen, ob man Clodius erlauben solle, Plebejer zu werden oder nicht. Das beunruhigte Cicero nicht sonderlich: Er wusste, dass der Vorstoß durch das Veto der anderen Volkstribunen sofort gestoppt werden würde. Was ihn beunruhigte, war die Tatsache, dass Celer den Antrag befürwortete. Nach der Sitzung stattete er ihm einen Besuch ab.
    »Ich dachte, du bist dagegen, dass Clodius zu den Plebejern überläuft.«
    »Bin ich auch, aber Clodia liegt mir Tag und Nacht deswegen in den Ohren. Der Antrag geht sowieso nicht durch,
also habe ich so wenigstens ein paar Wochen meine

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