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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Ruhe. Mach dir keine Sorgen«, fügte er leise hinzu. »Wenn es wirklich hart auf hart kommt, dann sage ich schon, was ich wirklich davon halte.«
    Die Antwort konnte Cicero nicht restlos beruhigen, also suchte er nach Wegen, wie er Celer enger an sich binden konnte. Zufällig entwickelte sich in Gallien gerade eine Krise. Eine große Anzahl Germanen – man sprach von einhundertzwanzigtausend — hatte den Rhein überquert und sich im Land der Helvetier niedergelassen, einem streitbaren Stamm, der daraufhin nach Westen zurückwich und in Gallien nach neuem Siedlungsland suchte. Der Senat war über diese Entwicklung höchst beunruhigt und beschloss für den Fall, dass militärisches Eingreifen erforderlich sei, sofort per Losentscheid einen der beiden Konsuln als Oberbefehlshaber für die Provinz Gallia Transalpina zu bestimmen. Das versprach ein glanzvolles Kommando zu werden, voller Möglichkeiten auf Reichtum und Ruhm. Da sich beide Konsuln – Celers Mitkonsul war Pompeius’ Witzfigur Afranius – um die Beute bewarben, fiel es Cicero zu, den Losentscheid durchzuführen. Ich will nicht so weit gehen und behaupten, dass er die Ziehung manipulierte, wie es schon einmal Hybrida auf Ciceros Veranlassung hin zugunsten Celers getan hatte, trotzdem war es wieder Celer, der das Gewinnertäfelchen zog. Und der beglich seine Schuld schnell. Einige Wochen später, Clodius war nach seinem einjährigen Quästoriat auf Sizilien nach Rom zurückgekehrt und beanspruchte im Senat das Recht, zu den Plebejern überzuwechseln, da war es Celer, der am heftigsten dagegen Sturm lief.
    »Du wurdest als Patrizier geboren«, erklärte er. »Wenn du dein Geburtsrecht zurückweist, dann zerstörst du die tragenden Säulen, auf denen diese Republik ruht: Blut, Familie, Tradition.«
    Ich stand neben dem Eingang zum Senatsgebäude, als er seine Kehrtwende vollzog, und sah die Überraschung und das Entsetzen in Clodius’ Gesichtsausdruck. »Auch wenn ich als Patrizier geboren wurde«, rief er dazwischen, »so ist es doch mein Wunsch, nicht als solcher zu sterben.«
    »Du stirbst ganz sicher als Patrizier«, erwiderte Celer. »Und ich sage dir ganz offen, wenn du den eingeschlagenen Weg beibehältst, dann wird das unausweichlich eher früher als später geschehen.«
    Angesichts dieser Drohung ging ein erstauntes Raunen durch den Senat, und obwohl Clodius mit einer wegwerfenden Handbewegung reagierte, muss er gewusst haben, dass seine Aussichten, ein Plebejer zu werden, in diesem Moment gleich null waren.
    Cicero war entzückt. Die Furcht vor Clodius fiel völlig von ihm ab, und von diesem Tag an nutzte er törichterweise jede Gelegenheit, um ihn zu verhöhnen. Ich erinnere mich an einen Vorfall nicht lange nach dieser Senatssitzung, als er und Clodius zufällig zur gleichen Zeit aufs Forum gingen, um für irgendwelche anstehenden Wahlen ihre bevorzugten Kandidaten vorzustellen. Unklugerweise, da jede Menge Zeugen anwesend waren, verkündete Clodius großspurig, dass jetzt nicht mehr Cicero der Patron der Sizilier sei, sondern er, und dass er von nun an die Sizilier mit Plätzen bei den Gladiatorenspielen versorgen werde. »Ich glaube nicht, dass du jemals dazu in der Lage warst«, höhnte er.
    »Richtig, das war ich nie«, gab Cicero zu.
    »Da einen Platz zu bekommen ist höllisch schwer. Sogar meine Schwester, als Frau des Konsuls, kann mir gerade mal einen einzigen Platz besorgen.«
    »Nun ja, bei deiner Schwester würde ich mir da keine großen Sorgen machen«, erwiderte Cicero. »Die kennt doch bestimmt eine Stellung, dass ihr da auch zu zweit Platz findet, oder?«
    Nie zuvor hatte ich erlebt, dass Cicero einen unanständigen Witz erzählt hatte, und später bedauerte er diesen Ausrutscher auch als »eines Konsuls unwürdig«. Trotzdem, damals war er jeden Augenblick wert, wegen des brüllenden Gelächters, in das alle Umstehenden ausbrachen, und wegen des zarten senatorpurpurnen Farbtons, den Clodius’ Gesicht annahm. Der Wortwechsel wurde berühmt und überall in der Stadt immer wieder erzählt. Barmherzigerweise brachte niemand den Mumm auf, ihn auch Celer zu erzählen.

    Und dann änderte sich schlagartig alles, und wie üblich war der Mann, der dafür verantwortlich war, Caesar – der zwar schon seit fast genau einem Jahr nicht mehr in Rom weilte, Ciceros Gedanken jedoch immer wieder beschäftigte.
    Eines Nachmittags gegen Ende Mai saß Cicero im Senat neben Pompeius auf seinem Platz in der ersten Bankreihe. Aus irgendeinem

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