02 Titan
lassen. Meine Rache für diese Beleidigung wird süßer sein als jeder Wein.«
Trotzdem schien Cicero nicht überzeugt zu sein. »Tja, kann sein, aber ich habe in harten Lektionen lernen müssen, dass man unseren Freund Gaius nie unterschätzen darf.«
Eine weise Bemerkung, denn eine Woche später erreichte den Senat eine weitere Botschaft aus Hispania Ulterior. Wieder las Celer sie der versammelten Senatorenschaft vor: Da das kürzlich von ihm eroberte Territorium vollständig unterworfen sei, kündigte Caesar an, werde er nach Rom zurückkehren.
Cato erhob sich, um Einspruch zu erheben. »Die Statthalter von Provinzen müssen auf ihren Posten verbleiben, bis das Haus ihnen anderweitige Anweisungen erteilt«, sagte er. »Ich stelle den Antrag, Caesar zu befehlen, dass er an Ort und Stelle bleibt.«
»Dafür ist es bereits zu spät«, rief jemand, der neben mir an der Tür stand. »Ich habe Caesar eben erst auf dem Marsfeld gesehen.«
»Das ist unmöglich«, sagte Cato und schaute verwirrt. »In seiner letzten Botschaft hat er damit geprahlt, dass er sich am Atlantik befindet.«
Trotzdem schickte Celer vorsichtshalber einen Sklaven hinaus aufs Marsfeld, der dem Gerücht auf den Grund gehen sollte und der eine Stunde später zurückkehrte. Es stimmte: Caesar hatte seinen Boten überholt und hielt sich außerhalb der Stadt im Haus eines Freundes auf.
Die Neuigkeit versetzte Rom in einen Rausch der Heldenverehrung. Am nächsten Tag schickte Caesar einen Abgesandten zum Senat und ließ anfragen, ob man ihm im September einen Triumph gewähren würde und ob er sich in der Zwischenzeit in absentia um das Amt des Konsuls bewerben
dürfe. Viele im Senat waren geneigt, ihm diesen Wunsch zu erfüllen, da sie erkannten, dass sich Caesars Kandidatur aufgrund seines Ansehens in Kombination mit seinem frisch erworbenen Reichtum faktisch nicht mehr verhindern ließ. Wenn darüber abgestimmt worden wäre, hätten seine Anhänger wahrscheinlich die Oberhand behalten. Also erhob sich Cato Tag für Tag, wann immer der Antrag in der Kammer gestellt wurde, und verhinderte die Abstimmung durch eine Marathonrede nach der anderen. Er redete endlos über den Sturz der Könige in Rom. Er langweilte mit alten Gesetzen. Er schwadronierte über die Bedeutung der Senatskontrolle über die Legionen. Immer wieder verwies er darauf, dass man einen gefährlichen Präzedenzfall schaffe, wenn man einem Kandidaten erlaube, sich um ein Wahlamt zu bewerben, der noch über das militärische imperium verfüge: »Heute bewirbt sich Caesar um das Konsulat, morgen fordert er es vielleicht.«
Cicero griff nicht in die Debatte ein, aber er signalisierte seine Unterstützung für Cato, indem er bei jeder seiner Reden anwesend war und sich immer neben ihn in die erste Bankreihe setzte. Caesar lief die Zeit davon, und es sah ganz so aus, als würde er seine Kandidatur nicht mehr rechtzeitig einreichen können. Natürlich ging jeder davon aus, dass er den Triumph einer Kandidatur vorziehen würde: Pompeius hatte so entschieden, jeder siegreiche General in der Geschichte Roms hatte so entschieden, nichts kam dem Ruhm eines Triumphes gleich. Caesar war jedoch nie ein Mensch gewesen, der die Ausübung von Macht mit deren Zurschaustellung verwechselte. Am späten Nachmittag des vierten Tages von Catos Verzögerungstaktik, als die Kammer fast leer war und die langen grünen Sommerschatten über die verlassenen Senatorenbänke krochen, da schlenderte Caesar in den Senat. Er hatte seine Uniform abgelegt und eine Toga angezogen.
Caesar verbeugte sich vor dem präsidierenden Konsul und setzte sich gegenüber von Cicero in die erste Bankreihe. Er nickte meinem Herrn höflich zu und machte es sich bequem, um Catos Rede zu lauschen. Doch ausnahmsweise einmal fehlten dem großen Didaktiker die Worte. Wozu sollte er noch weiterreden? Er setzte sich, und im folgenden Monat wurde Caesar zum Konsul gewählt – als erster Kandidat seit Cicero mit dem einstimmigen Votum aller Zenturien.
KAPITEL XVI
G anz Rom wartete nun darauf, was Caesar tun würde. »Das einzig Berechenbare an ihm ist seine Unberechenbarkeit« , sagte Cicero. Und so war es dann auch. Es dauerte noch fünf Monate, aber als Caesar seinen Zug machte, war es ein meisterlicher.
Kurz bevor Caesar am vorletzten Tag des Jahres seinen Amtseid als Konsul ablegen sollte, erhielt Cicero Besuch von dem berühmten Spanier Lucius Cornelius Balbus.
Dieser bemerkenswerte Mann war damals vierzig Jahre alt, ein reicher,
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