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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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erzählt.«
    »Wie ist das möglich?«
    »Du vergisst, dass er der Pontifex Maximus ist. Er hat die Curia zu einer Sondersitzung einberufen.«
    »Und die heißt die Adoption gut?«
    »Du hast es erfasst.«
    »Ist das rechtmäßig?«, fragte Terentia.
    »Seit wann spielt Rechtmäßigkeit eine Rolle, wenn Caesar
seine Hand im Spiel hat?«, sagte Cicero bitter. Er war fassungslos und fing an, sich die Stirn zu massieren, als könnte er auf diese Weise irgendwie eine Lösung herbeizaubern. »Was ist mit Bibulus? Der könnte verkünden, dass die Vorzeichen ungünstig stehen.«
    »Daran hat Caesar gedacht. Pompeius ist bei ihm …«
    »Pompeius? Das wird ja immer schlimmer.«
    »Pompeius ist Augur. Er kann den Himmel beobachten und die Vorzeichen für günstig erklären.«
    »Du bist auch Augur. Kannst du seine Entscheidung nicht außer Kraft setzen?«
    »Ich kann es versuchen. Zumindest sollten wir jetzt sofort in den Senat gehen und diese ganze Posse entlarven.«
    Das brauchte man Cicero nicht zweimal zu sagen. Er trug noch seine Pantoffeln, als er in Celers Schlepptau aus dem Haus hastete. Ich hechelte mit ihren Bediensteten hinterher. Auf den Straßen war alles ruhig: Caesar hatte so schnell gehandelt, dass noch nichts davon an die Menschen der Stadt durchgesickert war. Wir rannten über das Forum und stießen die Türen zum Senatsgebäude auf, aber es war schon zu spät. Die Zeremonie ging gerade zu Ende – es war ein beschämendes Schauspiel, das sich uns darbot. Caesar, in den Gewändern des Pontifex Maximus, umringt von seinen Liktoren, stand auf dem Podium am anderen Ende der Kammer. Neben ihm Pompeius, der mit seiner Augurenhaube und dem geweihten Stab in der Hand ein absurdes Bild abgab. Einige andere Pontifices umringten die beiden, darunter auch Crassus, der auf Caesars Geheiß als Ersatzmann für Catulus in das Kollegium aufgerückt war. Auf den Holzbänken drängte sich, zusammengepfercht wie eine Schafherde, die Curia: dreißig grauhaarige alte Männer, die den römischen Geschlechterverbänden vorstanden. Und schließlich, um das Bild zu vollenden, der goldlockige Clodius, der neben einem anderen Mann im Gang kniete. Unser lärmendes
Eindringen ließ alle Köpfe herumfahren. Nie werde ich das triumphierende Grinsen von Clodius vergessen, als er merkte, dass Cicero ihn anschaute – als wäre ihm ein kindischer Schurkenstreich gelungen. Der Ausdruck wich jedoch schnell einem des Entsetzens, als sein Schwager, gefolgt von Cicero, mit forschen Schritten auf ihn zuging.
    »Was soll dieser Schwachsinn?«, brüllte Celer.
    »Metellus Celer«, antwortete Caesar mit fester Stimme, »das hier ist eine religiöse Zeremonie. Hüte dich wohl, sie zu schänden!«
    »Du wagst es, mir das zu sagen? Eine religiöse Zeremonie? Mit diesem knienden Kerl da, dem übelsten Schänder von ganz Rom, der selbst deine Frau gevögelt hat?« Er hob das Bein, um Clodius einen Tritt zu versetzen, doch der krabbelte davon und kauerte sich vor Caesar zusammen. »Und wer ist dieser Junge?«, fragte er und baute sich drohend vor dem anderen auf dem Boden knienden Mann auf. »Das neue Mitglied meiner Familie wollen wir uns doch mal genauer anschauen!« Er packte den Jungen am Genick, riss ihn hoch und drehte uns sein Gesicht zu – vor uns stand ein zitterndes pickliges Bürschchen, dass vielleicht zwanzig Jahre alt war.
    »Ein bisschen mehr Respekt bitte vor meinem Adoptivvater«, sagte Clodius, der sich trotz aller Angst das Lachen nicht verkneifen konnte.
    »Du widerliches kleines …« Celer stieß den Jungen zu Boden und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Clodius zu. Er holte aus, um ihm die Faust ins Gesicht zu schlagen, aber Cicero hielt ihn zurück. »Nein, Celer. Biete ihnen nicht den Vorwand, dich einzusperren.«
    »Ein weiser Rat«, sagte Caesar.
    Celer hielt inne und ließ dann zögernd die Hand sinken. »Dann ist dein Vater also jünger als du selbst? Was für eine Schmierenkomödie!«
    Clodius grinste. »Auf die Schnelle war kein besserer aufzutreiben.«
    Was die Curienältesten – die laut Gesetz nicht jünger als fünfzig Jahre sein durften – von diesem Spektakel hielten, kann ich mir nicht einmal vorstellen. Viele waren alte Freunde von Cicero. Später erfuhren wir, dass Caesars Schergen sie gewaltsam aus ihren Häusern oder Geschäften geholt und gefesselt in den Senat geschleppt hatten, wo man sie mehr oder weniger gezwungen hatte, Clodius’ Adoption zuzustimmen.
    »Sind wir jetzt fertig hier?«, fragte

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