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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Spielern, Trunkenbolden und parfümierten Jünglingen und Tagedieben, die um ihn herumscharwenzelten — zu denen, nebenbei bemerkt, auch unser ehrgeiziger junger Vertreter der Anklage einmal zählte.
    Nein, ich meine damit vermögende Männer unseres Staates  – Männer, die in Catilina eine Möglichkeit sahen, ihre gefährlichen und verblendeten Ambitionen voranzutreiben. Diese Männer wurden nicht am fünften Dezember auf Befehl des Senats verdientermaßen hingerichtet, und sie starben auch nicht auf dem Schlachtfeld durch die Hand der von Hybrida befehligten Legionen. Sie wurden aufgrund meiner Zeugenaussage nicht ins Exil geschickt. Sie sind noch heute freie Männer. Nein, noch mehr: Sie herrschen über diese Republik! «
    Bis zu diesem Punkt seiner Rede hatte absolute Stille im Publikum geherrscht. Jetzt aber holten viele hörbar tief Luft oder wandten sich an ihre Nachbarn, um ihrer Verblüffung Ausdruck zu verleihen. Balbus hatte angefangen, sich auf einer Wachstafel Notizen zu machen. Ich fragte mich, ob Cicero sich darüber im Klaren war, was er da tat, und riskierte einen Blick auf ihn. Er schien sich kaum bewusst zu sein, wo er war, hatte alles vergessen, das Gericht, das Publikum, mich, jedes politische Kalkül: Er konzentrierte sich einzig und allein auf seine Worte.
    »Diese Männer haben Catilina zu dem gemacht, der er war. Ohne sie wäre er nichts gewesen. Sie gaben ihm ihre Stimmen, ihr Geld, ihre Unterstützung, ihren Schutz. Sie traten für ihn ein, im Senat, in den Gerichtshöfen, in den Volksversammlungen. Sie deckten und förderten ihn, sie versorgten ihn sogar mit den Waffen, die er benötigte, um die Regierung zu stürzen.« (An dieser Stelle verzeichnen meine Notizen laute Zwischenrufe aus dem Publikum.) »Bis zu jenem Augenblick, ehrwürdige Richter, hatte ich nicht erkannt, dass es sich um zwei Verschwörungen handelte, die ich bekämpfen musste. Da gab es die Verschwörung, die ich niederschlug, und dann gab es die Verschwörung hinter der Verschwörung – und diese Verschwörung im Innern, die blüht immer noch. Schaut euch um, Römer, dann
seht ihr, wie sehr sie blüht. Herrschaft durch geheime Absprachen und Terror auf den Straßen. Herrschaft durch rechtswidrige Methoden und Bestechung in großem Stil – bei allen Göttern, und ihr beschuldigt Hybrida der Korruption? Verglichen mit Caesar und seinen Freunden, ist er so arglos und hilflos wie ein Säugling.
    Dieser Prozess selbst ist der beste Beweis dafür. Glaubt ihr, dass allein Rufus hinter dieser Anklage steht? Dieser Grünschnabel, bei dem kaum die ersten Barthaare sprießen? Was für ein Unsinn! Seine Angriffe, seine sogenannten Beweise, sie sollen nicht nur Hybrida in Verruf bringen, sondern mich, meine Reputation, mein Konsulat und die Politik, die ich vertreten habe. Die Männer hinter Rufus trachten danach, die Traditionen unserer Republik zu zerstören um der eigenen niederträchtigen Ziele willen. Und um das zu vollenden  – verzeiht mir, ich weiß, ich lobe mich zum wiederholten Male selbst –, um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie erst mich vernichten.
    Nun, ehrwürdige Richter, ihr habt in diesem Gerichtshof, an diesem Tag, in dieser Stunde, die Gelegenheit, euch unsterblichen Ruhm zu verdienen. Zweifellos hat Hybrida Fehler gemacht. Er hat sich auf eine Art und Weise gehenlassen, die ihm nicht gut bekommen ist, das muss ich traurigerweise zugestehen. Aber wenn ihr über seine Sünden hinausschaut, dann seht ihr den gleichen Mann, der im Kampf gegen das Monstrum, das diese Stadt vor vier Jahren bedroht hat, fest an meiner Seite stand. Ohne seine Unterstützung wäre ich schon sehr früh in meiner Amtszeit einem Attentat zum Opfer gefallen. Er hat mich damals nicht im Stich gelassen, und heute werde ich ihn nicht im Stich lassen. Ich flehe euch an, sprecht ihn frei, sorgt mit eurer Stimme dafür, dass er in Rom bleiben darf, auf dass der Stadt unserer Vorväter durch die Gnade unserer altehrwürdigen Götter das Licht der Freiheit wieder leuchten möge.«
    Damit beendete Cicero seine Rede. Als er sich setzte, war lediglich ein erstauntes Raunen aus den Reihen der Geschworenen zu hören, aber kaum Beifall aus der Menge. Diejenigen, die ihm zustimmten, waren zu ängstlich, um das offen zu zeigen. Diejenigen, die ihm nicht zustimmten, waren von der Wucht seiner Redegewalt zu eingeschüchtert, um zu protestieren. Der Rest – die Mehrheit, würde ich sagen  – war einfach nur bestürzt. Ich suchte in der

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