02 Titan
Kohlenpfannen. Bevor sie überhaupt begriffen, was geschah, hatten wir sie schon umstellt.
»Einige von euch kennen mich!«, rief Celer. »Mein Name ist Quintus Caecilius Metellus Celer, Prätor und Augur, ich bin erst vor kurzem aus der Armee meines Schwagers Pompeius wieder heimgekehrt. Und dieser Bursche hier«, sagte er und deutete auf mich, »führt den Ring unseres Konsuls Cicero mit sich und seinen Befehl, die Flagge einzuholen. Wer führt hier das Kommando?«
»Ich«, sagte ein Centurio und trat vor. Er war ein erfahrener, etwa vierzig Jahre alter Mann. »Mir ist egal, wessen Schwager du bist und über welche Vollmachten du verfügst, solange Rom von keinem Feind bedroht wird, bleibt die Flagge oben.«
»Rom wird von einem Feind bedroht«, sagte Celer. »Da, schau!« Er zeigte auf die unter uns liegende Landschaft westlich der Stadt. Der Centurio drehte sich um, und im gleichen Augenblick packte Celer ihn von hinten an den Haaren und hielt ihm die Klinge seines Schwerts an die Kehle. »Wenn ich dir sage, dass da ein Feind kommt«, zischte er ihm ins Ohr, »dann kommt da ein Feind, verstanden? Und weißt du auch, woher ich weiß, dass da ein Feind im Anmarsch ist, obwohl man gar nichts sehen kann?« Er riss brutal an den Haaren des Centurio, worauf dieser aufheulte. »Weil ich nämlich ein Augur bin, klar, du Arsch? Also, hol die Flagge ein und blas Alarm.«
Danach hatte keiner mehr Einwände. Einer der Wachposten machte das Seil los und zog die Flagge herunter, ein anderer schickte einige schmetternde Trompetenstöße über die Ebene. Ich schaute zu den Tausenden von Menschen auf dem Marsfeld, aber es war zu weit weg, als dass ich irgendwelche Bewegungen hätte ausmachen können. Erst nach und nach konnte ich erkennen, dass sich die Menge zerstreute, und ich begriff, dass die Staubwolken, die am Rand des Platzes aufstiegen, von den zu ihren Häusern fliehenden Menschen aufgewirbelt wurden. Cicero hat mir später geschildert, wie die Menschen reagierten, als sie das Trompetensignal hörten und begriffen, dass die Flagge eingeholt wurde. Labienus hatte noch versucht, die Menge zu beruhigen, das sei alles eine Finte, aber der Mensch in der Masse ist so dumm und so leicht in Schrecken zu versetzen wie ein Schwarm Fische oder eine Herde wilder Tiere. In Windeseile sprach es sich herum, dass ein Angriff auf die Stadt bevorstehe. Alle Appelle von Labienus und den anderen Volkstribunen blieben fruchtlos, die Abstimmung musste abgebrochen werden. Viele Gatterzäune wurden von den panisch reagierenden Menschen niedergetrampelt. Die Tribüne, auf der Lucullus und Metellus gesessen hatten, krachte zusammen und wurde ebenfalls zertrampelt. Eine Schlägerei brach aus. Ein Taschendieb wurde erstochen. Der Pontifex Maximus, Metellus Pius, erlitt irgendeine Art von Anfall, wurde bewusstlos und musste auf schnellstem Weg in die Stadt transportiert werden. Laut Cicero behielt nur ein Mann die Ruhe, und das war Gaius Rabirius, der inmitten des Chaos ganz allein mit geschlossenen Augen auf dem Podium saß, auf seiner Bank vor- und zurückwippte und irgendeine eigenartige dissonante Melodie vor sich hin summte.
Nach dem Tumult auf dem Marsfeld hatte es einige wenige Wochen lang den Anschein, als hätte Cicero sich durchgesetzt. Vor allem Caesar verhielt sich sehr ruhig und unternahm keinen Versuch, den Fall gegen Rabirius wieder aufzunehmen. Im Gegenteil: Der alte Mann zog sich in sein Haus in Rom zurück und lebte dort unbehelligt in seiner eigenen Welt, bis er etwa ein Jahr später starb. Nicht anders erging es dem Gesetz der Popularen. Ciceros genialischer Einfall, Hybrida Macedonia zu überlassen, hatte zur Folge, dass es weitere Überläufer gab, darunter einen der beiden Volkstribunen, der sich von den Patriziern bestechen ließ und die Seiten wechselte. Rullus’ umfangreiches Gesetz, das mit so viel Aufwand auf den Weg gebracht worden war, wurde im Senat durch Ciceros Koalition blockiert und in der Volksversammlung von einem Veto bedroht: Es verschwand in der Versenkung.
Die neue Lage versetzte Quintus in Hochstimmung. »Wenn diese ganze Geschichte ein Ringkampf zwischen dir und Caesar wäre«, erklärte er, »dann wäre jetzt alles vorbei. Zwei Schulterwürfe bedeuten den Sieg, und du hast Caesar jetzt zweimal auf die Matte gelegt.«
»Unglücklicherweise«, erwiderte Cicero, »ist Politik nicht so sauber wie Ringen, und nach festen Regeln wird auch nicht gekämpft.«
Er war sich absolut sicher, dass Caesar etwas
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