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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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oder einen Menschen bis auf den Kern zu durchschauen, und sagte, unbelastet von Bildung oder natürlichem Zartgefühl, genau das, was sie dachte.
    Zunächst hatte Cicero ihr nichts von Catilinas Schwur erzählt, ihn ermorden zu lassen, da er sie nicht beunruhigen wollte. Aber es war typisch für Terentias Schläue, dass sie es schon bald selbst herausfand. Als der Frau des Konsuls oblag ihr die Oberaufsicht über den Kult der Bona Dea. Worum es dabei genau ging, kann ich nicht sagen, da alles, was mit der Göttin und ihrem von Schlangen verseuchten Tempel auf dem Aventin zu tun hatte, Männern verschlossen war. Ich weiß nur, dass eine ihrer Priesterkolleginnen, eine patriotische
Frau aus adeliger Familie, eines Tages in Tränen aufgelöst zu Terentia kam und sie warnte, dass Ciceros Leben bedroht sei und dass er auf der Hut sein solle. Mehr dürfe sie nicht sagen. Natürlich gab sich Terentia damit nicht zufrieden, und mit einer Mischung aus Schmeicheleien, Überredungskunst und Drohungen, die ihrem Mann alle Ehre gemacht hätte, bekam sie nach und nach die Wahrheit heraus. Dann zwang sie die unglückliche Frau, zu ihnen nach Hause zu kommen und die Geschichte dem Konsul zu erzählen.
    Ich arbeitete mit Cicero im Arbeitszimmer, als Terentia zur Tür hereinstürmte. Sie hatte nicht geklopft, sie klopfte nie. Da sie sowohl reicher als auch von vornehmerer Abstammung als Cicero war, neigte sie dazu, es an der normalerweise üblichen Ehrerbietung einer Ehefrau gegenüber ihrem Ehemann fehlen zu lassen. Stattdessen verkündete sie einfach: »Hier ist jemand, den du sprechen musst.«
    »Nicht jetzt«, sagte Cicero, ohne den Kopf zu heben. »Schick ihn wieder weg.«
    Aber Terentia ließ sich nicht abweisen. »Es ist …« Sie nannte dann den Namen der Dame, deren Identität ich nicht preisgeben werde, nicht um ihrer selbst (sie ist nämlich schon lange tot), sondern um der Ehre ihrer Nachkommen willen.
    »Und warum soll ich gerade mit der sprechen?«, grummelte Cicero gereizt und hob zum ersten Mal den Kopf. Als er Terentias unerbittlichen Gesichtsausdruck sah, änderte er seinen Tonfall. »Worum geht es? Was ist los?«
    »Das musst du dir selbst anhören.« Sie trat zur Seite, worauf eine attraktive Dame mittleren Alters mit verweinten und verquollenen roten Augen zum Vorschein kam. Ich machte Anstalten, mich zurückzuziehen, aber Terentia befahl mir mit fester Stimme zu bleiben. »Der Sklave ist ein versierter Schreiber«, erklärte sie der Besucherin. »Und er ist verschwiegen. Sollte er irgendwem auch nur ein Sterbenswörtchen
von dieser Begegnung berichten, verspreche ich dir, dass ich ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen lasse.« Dann warf sie mir einen Blick zu, der mich nicht im Geringsten daran zweifeln ließ, dass sie genau das tun würde.
    Die folgende Unterredung war für Cicero, der einen Hang zur Prüderie hatte, fast genauso peinlich wie für die Dame, die sich unter Terentias Drängen zu dem Geständnis genötigt sah, dass sie über mehrere Jahre die Geliebte von Quintus Curius gewesen sei. Er war Senator, führte ein Lotterleben und war ein Freund Catilinas. Wegen seines unmoralischen Lebenswandels und eines Bankrotts war er schon einmal aus dem Senat ausgeschlossen worden. Er befand sich in großen Schwierigkeiten, da sein erneuter Rauswurf beim nächsten Zensus als ziemlich sicher galt.
    »Seit ich ihn kenne, hat Curius immer Schulden gehabt«, sagte die Frau. »Aber so schlimm wie jetzt war es noch nie. Sein Grundbesitz ist dreifach überschuldet. Einmal droht er, uns beide umzubringen, bevor er die Schande der Pleite erträgt, dann wieder prahlt er damit, welche teuren Sachen er mir kaufen will. Gestern Abend habe ich ihn deswegen ausgelacht. Ich habe zu ihm gesagt: ›Woher willst du denn das Geld nehmen, um mir was zu kaufen? Ich bin es doch, die dir immer etwas zusteckt!‹ Das hat ihn geärgert, und wir haben uns gestritten. Schließlich hat er gesagt: ›Wenn der Sommer vorbei ist, haben wir alles Geld, das wir brauchen.‹ Und dann hat er mir von Catilinas Plänen erzählt.«
    »Und die wären?«
    Sie senkte kurz die Augen, richtete sich dann aber auf und schaute Cicero fest in die Augen. »Dich zu ermorden und Rom unter seine Kontrolle zu bringen. Alle Schulden zu annullieren, den Besitz der Reichen zu konfiszieren und die Posten in der Beamten- und Priesterschaft unter seine Anhänger aufzuteilen.«
    »Glaubst du, sie meinen es ernst?«
    »Ja.«
    Terentia schaltete sich ein. »Das

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