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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Schlimmste hat sie noch gar nicht erzählt! Um die anderen enger an sich zu binden, hat Catilina sie einen Bluteid auf die Leiche eines toten Jungen schwören lassen. Sie haben ihn wie ein Lamm geschlachtet.«
    »Ja, ich weiß«, bekannte Cicero und hob vorsorglich gleich die Hand, um dem Protest seiner Frau zuvorzukommen. »Tut mir leid, ich wusste nicht, ob ich das überhaupt ernst nehmen sollte. Ich wollte dich nicht unnötig aufregen.« Zu der Dame sagte er: »Du musst mir die Namen aller Personen geben, die in die Verschwörung verwickelt sind.«
    »Nein«, sagte sie. »Ich kann nicht …«
    »Du hast geredet, du kannst jetzt nicht mehr zurück. Ich brauche die Namen.«
    Sie fing an zu weinen. Ihr war bewusst geworden, dass sie in der Falle saß. »Gib mir wenigstens dein Wort, dass du Curius schützen wirst.«
    »Das kann ich nicht versprechen. Ich werde sehen, was ich tun kann. Also, meine Dame, die Namen!«
    Sie zögerte noch etwas, bevor sie das erste Wort über die Lippen brachte, und dann sprach sie so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte. »Gaius Cornelius Cethegus«, flüsterte sie, »Lucius Cassius Longinus, Quintus Annius, Lentulus Sura und sein Freigelassener Umbrenus …« Die Namen sprudelten jetzt immer schneller aus ihr heraus, als könnte sie dadurch ihr Martyrium verkürzen. »Publius Autronius Paetus, Marcus Porcius Laeca, Lucius Calpurnius Bestia, Lucius Vargunteius …«
    »Moment mal!« Cicero schaute sie erstaunt an. »Hast du gerade Lentulus Sura gesagt … der Stadtprätor … und sein Freigelassener Umbrenus?«
    »… Publius Cornelius Sulla und sein Bruder Servius.« Dann verstummte sie abrupt.
    »Das sind alle?«
    »Das sind alle Senatoren, die er erwähnt hat. Außerhalb des Senats gibt es noch mehr.«
    Cicero schaute mich an. »Wie viele Senatoren sind das?«
    Ich zählte. »Zehn, mit Curius elf. Plus Catilina, also zwölf.«
    »Zwölf Senatoren?« Selten sah ich Cicero so entgeistert. Er blies die Backen auf und fiel auf seinem Stuhl zurück, als hätte man ihn geschlagen. Langsam atmete er aus. »Männer wie die Sulla-Brüder und Sura können sich nicht mal damit entschuldigen, dass sie bankrott sind! Das ist Hochverrat, schlicht und einfach.« Plötzlich wurde er so aufgeregt, dass er nicht mehr stillsitzen konnte. Er sprang auf und fing an, in dem engen Raum hin und her zu gehen. »Bei allen Göttern! Was geht hier vor?«
    »Du hättest sie gleich einsperren lassen sollen«, sagte Terentia ruhig.
    »Sicher, das hätte ich tun sollen. Andererseits: Wenn ich diesen Weg gewählt hätte – wenn ich es überhaupt gekonnt hätte, was ich nicht glaube –, wo würde das enden? Da sind die zwölf, aber wer weiß, wie viele Dutzend es davon noch gibt? Mir fallen sofort jede Menge anderer ein, die darin verwickelt sein könnten. Als Erster Caesar – was spielt er für eine Rolle in der Geschichte? Er hat letztes Jahr Catilinas Kandidatur fürs Konsulat unterstützt, und wir wissen, dass er Sura nahesteht – vergesst nicht, es war Sura, der die Klage gegen Rabirius genehmigt hat. Crassus, was ist mit ihm? Dem traue ich alles zu! Und Labienus, er ist Pompeius’ Volkstribun – mischt Pompeius auch mit?«
    Pausenlos ging er hin und her.
    »Die können nicht alle in dieses Mordkomplott verwickelt sein«, sagte Terentia. »Dann wärst du schon lange tot!«
    »Richtig. Aber die wittern in dem Chaos alle eine Chance. Ein paar sind bereit zu töten, um Chaos zu stiften, andere
wollen einfach im Hintergrund bleiben und zuschauen, wie das Chaos sich ausbreitet. Alles kleine Jungs, die mit dem Feuer spielen, und Caesar ist der Schlimmste von allen. Es ist, als ob eine Art Geisteskrankheit vom Staat Besitz ergriffen hätte.« So redete er noch eine Zeit lang weiter, die Augen nach innen gerichtet, seine Fantasie lodernd vor prophetischen Visionen, die er uns mit drastischen Worten schilderte: Rom in Trümmern, der Tiber blutrot, das Forum übersät mit abgeschlagenen Köpfen. »Ich muss das verhindern. Ich muss dem Einhalt gebieten. Es muss einen Weg geben, das Unheil aufzuhalten …«
    Währenddessen saß die Frau, die ihm die Informationen überbracht hatte, stumm da und schaute ihn verwundert an. Schließlich blieb er vor ihr stehen, beugte sich hinunter und nahm ihre Hände. »Ich weiß, dass es dir schwergefallen sein muss, meiner Frau die Geschichte zu erzählen, aber der Vorsehung sei Dank, dass du es getan hast. Nicht nur ich stehe in deiner Schuld, ganz Rom steht auf immer

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