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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Vorsichtsmaßnahme, da offenbar der halbe Senat des ungewöhnlich langen Winters in Rom überdrüssig und zu den warmen Badeorten in Campania unterwegs war. Um schneller voranzukommen, hatte der Konsul seine Leibwache auf zwei Mann reduziert: einen wahren Bullen von Ritter mit Namen Titus Sextus und dessen ähnlich massigen Bruder Quintus, die vor und hinter der Kutsche ritten.
    Während die Sonne höher kletterte, wurde die Luft wärmer und das Meer blauer, und die Wohlgerüche blühender Mimosen, sonnengetrockneter Kräuter und duftender Pinien breiteten sich nach und nach in der Kutsche aus. Hin und wieder schob ich den Vorhang zur Seite und schaute hinaus auf die Landschaft, und ich schwor mir, sollte ich jemals den von mir so ersehnten kleinen Bauernhof bekommen, dann würde ich mich hier unten im Süden ansiedeln. Cicero sah nichts davon. Er verschlief die ganze Fahrt und wachte erst am Spätnachmittag wieder auf, als wir die enge Straße nach Misenum hinunterholperten, wo Lucullus sein … nun ja, ich wollte das Wort Haus niederschreiben, aber das passt kaum zu jenem veritablen Vergnügungspalast namens Villa Cornelia, den er sich an der Küste gekauft und dann
immer weiter ausgebaut hatte. Er stand auf der Landzunge, wo der Signalhornbläser der Trojaner begraben liegt und von wo man den vielleicht erlesensten Blick ganz Italiens hat, von der Insel Prochyta über das weite, märchenhafte Blau der Bucht von Neapel bis zu den Bergen von Caprae. Eine sanfte Brise zupfte an den Wipfeln einer Zypressenallee, und es war, als stiegen wir aus unserer verstaubten Kutsche direkt ins Paradies.
    Als man ihm meldete, wer in seinem Innenhof wartete, eilte Lucullus höchstpersönlich herbei, um uns willkommen zu heißen. Er war ein Mann von etwa Mitte fünfzig, der langsam Fett ansetzte und einen sehr trägen und affektierten Eindruck machte: Beim Anblick der seidenen Pantoffeln und der griechischen Tunika wäre man nie auf den Gedanken gekommen, dem größten General der letzten hundert Jahre gegenüberzustehen; er ähnelte mehr einem Tanzlehrer im Ruhestand. Die zur Bewachung seines Anwesens abgestellten Legionäre und die im Schatten der Platanen herumlungernden Liktoren riefen einem jedoch wieder in Erinnerung, dass man ihn auf dem Schlachtfeld zum Imperator ausgerufen hatte und dass er immer noch über das militärische imperium verfügte. Er bestand darauf, dass Cicero mit ihm zu Abend essen und über Nacht bleiben müsse, vorher solle er aber erst ein Bad nehmen und sich ausruhen. Ob es an seinem kühlen Kopf oder an seinen erlesenen Umgangsformen lag, jedenfalls ließ er nicht die leiseste Neugier erkennen, warum Cicero ungebeten bei ihm aufgetaucht war.
    Nachdem Cicero und seine Leibwache von Lakaien ins Haus geleitet worden waren, wartete ich darauf, zu den Unterkünften für die Sklaven geführt zu werden. Aber nichts dergleichen: Als des Konsuls Privatsekretär wurde auch mir ein Gästezimmer zugewiesen. Man brachte mir frische Kleidung, und dann geschah etwas höchst Bemerkenswertes.
Auch wenn die Erinnerung daran mich noch heute erröten lässt, muss es im Dienst der Wahrhaftigkeit dieses Berichts doch niedergeschrieben werden. Eine junge, schlanke Sklavin erschien. Sie stammte, wie ich schnell bemerkte, aus Griechenland, so dass ich mich mit ihr in ihrer Sprache unterhalten konnte. Sie war Mitte zwanzig, hatte olivfarbene Haut, war sehr reizend und trug ein Gewand mit kurzen Ärmeln. Das volle, lange schwarze Haar trug sie hochgesteckt, und es wartete nur darauf, wie ein Vorhang herunterzufallen. Sie hieß Agathe. Kichernd und gestikulierend, brachte sie mich dazu, mich auszuziehen und in eine Art kleine, fensterlose Kabine zu treten, deren Wände vollkommen mit Mosaiken bedeckt waren, die Meerestiere darstellten. Ich stand da und kam mir etwas albern vor, bis sich plötzlich die Decke zu öffnen schien und frisches warmes Wasser auf mich heruntersprudelte. Das war meine erste Begegnung mit einem der Duschbäder, durch die Sergius Orata berühmt geworden war. Ich aalte mich ziemlich lange unter dem Wasser, bis schließlich Agathe zurückkam und mich in einen angrenzenden Raum führte, wo sie mich wusch und massierte – oh, welch lieblicher Genuss das war! Zwischen ihren lächelnden Lippen leuchteten elfenbeinweiße Zähne und eine schelmische rosafarbene Zunge. Als ich Cicero etwa eine Stunde später auf der Terrasse wiedersah, fragte ich ihn, ob er diese außergewöhnlichen Duschen ausprobiert

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