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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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darf ich den designierten Volkstribun darauf hinweisen, falls er es selbst noch nicht bemerkt hat, dass der Winter vor der Tür steht? Es ist dies die ungünstigste Zeit für einen Truppentransport zur See. Wie soll Pompeius es schaffen, vor dem Frühling in Rom einzutreffen?«
    »Dann soll er ohne seine Armee kommen«, konterte Nepos. »Wenn er mit kleinem Gefolge reist, kann er in einem Monat hier sein. Allein der Name Pompeius Magnus wiegt ein Dutzend Legionen auf.«
    Das war zu viel für Cato. Im nächsten Augenblick war er auf den Beinen. »Die Feinde, mit denen wir es zu tun haben, werden sich nicht einem Namen geschlagen geben«, sagte er spöttisch. »Auch wenn der Name auf Magnus, der Große, endet. Was wir brauchen, sind Armeen: Armeen im Feld, Armeen wie die, die genau in dieser Stunde vom Bruder des designierten Volkstribuns aufgestellt werden. Außerdem, wenn ihr mich fragt, Pompeius hat ohnehin schon zu viel Macht.«
    Ein einmütiges und entsetztes »Oh!« hallte durch den Tempel.
    »Sollte der Senat Pompeius das Kommando verweigern«, sagte Nepos, »dann warne ich euch hiermit schon jetzt, dass ich sofort nach Antritt meines Amtes als Volkstribun vor der
Volksversammlung den Antrag einbringen werde, Pompeius nach Rom zurückzurufen.«
    »Und ich warne dich schon jetzt«, erwiderte Cato, »dass ich gegen diesen Antrag mein Veto einlegen werde.«
    »Senatoren, Senatoren!«, rief Cicero, der fast brüllen musste, um sich Gehör zu verschaffen. »Wir erweisen weder dem Staat noch uns selbst einen Dienst, wenn wir in einer Zeit nationalen Notstands aufeinander einhacken! Auf der morgigen Volksversammlung werde ich dem Volk unsere Absichten darlegen«, sagte er und fügte mit scharfem Blick auf Sura und seine Kumpane hinzu: »Ich hoffe, dass jene Senatoren, die äußerlich bei uns sein werden, im Innern aber möglicherweise andere Loyalitäten pflegen, über Nacht in sich gehen und entsprechend handeln werden. Hiermit beende ich die Sitzung.«
    Nach einer Senatssitzung hielt sich Cicero gern noch eine Zeit lang vor der Kammer auf, damit Senatoren, die dies wünschten, mit ihm sprechen konnten. Das war eines seiner Werkzeuge, mit denen er Kontrolle über den Senat ausübte, sein Wissen um die Befindlichkeit jedes Einzelnen, so unbedeutend er auch war – um seine Stärken und Schwächen, seine Wünsche und Ängste, was ihm zuzumuten war und was er auf keinen Fall hinnehmen würde. Doch an diesem Nachmittag eilte Cicero mit einem von Frustration gezeichneten Gesicht gleich davon. »Als kämpfte man gegen die Hydra!«, sagte er wütend, als wir zu Hause waren. »Kaum habe ich einen Kopf abgeschlagen, wachsen an der gleichen Stelle zwei neue nach! Catilina macht sich aus dem Staub, aber seine Handlanger sitzen allesamt seelenruhig da, und jetzt fängt auch noch Pompeius’ Fraktion an zu stänkern. Einen Monat habe ich Zeit«, wütete er weiter, »nur einen Monat. Wenn ich den überhaupt lebend überstehe, dann treten die neuen Volkstribunen ihre Ämter an. Und dann wird erst richtig Stimmung gemacht für Pompeius’
Rückkehr nach Rom. Und obendrein können wir uns nicht einmal darauf verlassen, dass wir im Januar wirklich zwei neue Konsuln bekommen – nur wegen dieses verfluchten Murena-Prozesses!« Und dann fegte er mit einem Arm sämtliche Prozessakten von seinem Schreibpult auf den Boden.
    In dieser Stimmung war ihm mit Vernunft nicht beizukommen. Aus langjähriger Erfahrung wusste ich, dass es keinen Sinn hatte, eine Antwort auch nur zu versuchen. Gereizt stand er da und wartete darauf, dass ich irgendetwas sagte. Als er merkte, dass er sich an mir nicht abreagieren konnte, stürmte er aus dem Arbeitszimmer und suchte sich jemand anderen, den er anbrüllen konnte, während ich mich auf den Boden kniete und anfing, die Schriftrollen mit den Beweisstücken wieder einzusammeln. Ich wusste, dass er früher oder später zurückkommen würde, weil er seine Rede für die Volksversammlung am nächsten Tag vorbereiten musste, aber als die Stunden vergingen und bei Einbruch der Dämmerung die Lampen und Kerzen angezündet wurden, machte ich mir allmählich Sorgen. Später fand ich heraus, dass er mit seinen Leibwächtern und Liktoren in die nahe gelegenen Gärten gegangen war und dort so unermüdlich Runden gedreht hatte, dass seine Begleiter dachten, er würde eine Furche in den Plattenboden marschieren. Als er schließlich wieder auftauchte, war sein Gesicht blass, und er schaute bitterernst. Er habe einen Plan

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