02 Titan
Gallia Cisalpina zur Kenntnis gebracht wird. Beide sind sehr gute Freunde von mir, und ich bin mir sicher, dass sie sich für deinen Beitrag erkenntlich zeigen werden.«
Bei der Hoffnung auf Geld huschte zum ersten Mal an diesem Morgen ein Lächeln über Sangas Gesicht. »Nun ja, in Anbetracht der von dir geschilderten Umstände … Es gibt da tatsächlich einen Stamm, der infrage käme. Die Allobroger, die die Alpenpässe kontrollieren, haben gerade eine Abordnung entsandt, die sich im Senat über die Höhe der an Rom zu zahlenden Abgaben beschweren soll. Sie ist vor ein paar Tagen in Rom eingetroffen.«
»Besteht die Abordnung aus Kriegern?«
»Und ob. Wenn ich ihnen gegenüber andeuten würde, dass ihr Gesuch wohlwollend behandelt wird, bin ich mir sicher, dass sie sich zur einer Gegenleistung verständigen könnten …«
Als er gegangen war, sagte Cicero zu mir: »Du bist dagegen, richtig?«
»Es steht mir nicht zu, Konsul, Urteile abzugeben.«
»Aber du bist dagegen! Ich sehe es dir an. Du denkst, so eine Falle ist irgendwie unehrenhaft. Soll ich dir sagen, was unehrenhaft ist, Tiro? Unehrenhaft ist, in einer Stadt zu leben und gleichzeitig ein Komplott zu ihrer Zerstörung zu schmieden. Falls Sura keine verräterischen Absichten hegt,
dann wird er die Gallier rigoros aus dem Haus jagen. Wenn er sich aber bereiterklärt, über ihre Vorschläge nachzudenken, dann habe ich ihn, und dann schleife ich ihn eigenhändig zum Stadttor und werfe ihn hinaus! Celer und seine Soldaten können ihn dann beseitigen. Und niemand kann behaupten, dass irgendetwas Unehrenhaftes daran ist.«
Seine Leidenschaft hätte mich fast überzeugt.
KAPITEL X
D ie Gerichtsverhandlung gegen den designierten Konsul Licinius Murena wegen Wählerbestechung begann in den Iden des Novembers und war auf zwei Wochen angesetzt. Servius und Cato vertraten die Anklage; Hortensius, Cicero und Crassus traten für die Verteidigung auf. Der Prozess war ein großes Ereignis, aufgeführt im Forum, mit einem Gericht, das neunhundert Personen umfasste. Die Geschworenen setzten sich zu gleichen Teilen aus Senatoren, Rittern und ehrbaren Bürgern zusammen. Mit der Anzahl der Geschworenen wollte man Manipulationen vorbeugen, außerdem machte sie es fast unmöglich, das Ergebnis des Votums vorauszusagen. Die Vertreter der Anklage konnten natürlich einen beeindruckenden Fall präsentieren. Servius hatte jede Menge Beweise für Murenas Bestechungen, die er auf seine trockene juristische Art darlegte. Zudem brachte er erschöpfend zum Ausdruck, dass Cicero mit seinem Mandat für den Angeklagten die Freundschaft zu ihm verraten habe. Cato vertrat die Prinzipien der Stoa und ereiferte sich über die Verdorbenheit einer Zeit, in der man sich öffentliche Ämter mit Festen und Spielen erkaufen könne. »Hast du etwa nicht«, sagte er mit donnernder Stimme zu Murena, »die höchste Macht, die höchste Autorität, das höchste Regierungsamt im Staat angestrebt, indem du die Gefühle der Menschen umschmeichelt, ihren Verstand
vernebelt und sie mit Vergnügungen überhäuft hast? Was wolltest du? Dich bei einer Horde verrotteter Halbwüchsiger als Zuhälter bewerben oder beim römischen Volk als Herrscher der Welt?«
Murena gefiel das ganz und gar nicht. Er musste von Clodius, der seinen Wahlkampf geleitet hatte und der Tag für Tag an seiner Seite saß, ständig beruhigt und durch Witzeleien bei Laune gehalten werden. Was seinen anwaltlichen Beistand anging, da hätte es Murena kaum besser treffen können. Hortensius war immer noch angeschlagen von seiner Demontage im Rabirius-Prozess und wollte unbedingt zeigen, dass er weiterhin einen Gerichtssaal beherrschen konnte. Unter seinen höhnischen Spitzen hatte vor allem Servius zu leiden. Gewiss, Crassus war kein bedeutender Anwalt, aber allein seine Anwesenheit auf der Verteidigerbank machte schon Eindruck genug. Was Cicero betraf, ihn sparte man sich für den letzten Prozesstag auf, wenn es galt, den Geschworenen die Zusammenfassung des Verfahrens zu präsentieren.
Während der Verhandlung saß er auf der Rostra, las und schrieb und hob nur gelegentlich den Blick, scheinbar schockiert oder amüsiert über das, was gerade gesagt worden war. Ich hatte hinter ihm auf meinem Hocker Platz genommen, reichte ihm Schriftstücke oder führte seine Anweisungen aus. Diese hatten fast nie mit dem Fall zu tun, denn er musste zwar täglich bei Gericht erscheinen, aber er trug jetzt die alleinige Verantwortung für Rom und war
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