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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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inmitten eines fünfhundertfachen Todes?“
    Die Hand des Roten zuckte mit dem Messer, als ob er zustoßen wolle. „Sage mir also, wofür du uns hältst!“ forderte er den Alten auf.
    Dieser ergriff den Arm, dessen Hand das Messer hielt, zog den Indianer ein Stück beiseite, bis hin zu mir und sagte leise, doch so, daß ich es hörte, zu ihm die Worte: „Ihr seid Apachen!“ Der Indianer trat einen Schritt zurück, riß seinen Arm aus der Hand des Alten, zückte das Messer zum Stoße und sagte:
    „Hund, du lügst!“
    Old Death machte keine Bewegung, den Stoß von sich abzuwehren. Er raunte dem Aufgeregten leise zu:
    „Du willst den Freund Winnetous töten?“
    War es der Inhalt dieser Worte oder war es der scharfe stolze Blick des Alten, welcher die beabsichtigte Wirkung hervorbrachte, kurz und gut, der Indianer ließ den Arm sinken. Er näherte seinen Mund dem Ohre Old Deaths und sagte drohend:
    „Schweig!“
    Dann wendete er sich ab und setzte sich wieder nieder. Sein Gesicht war so ruhig und von undurchdringlichem Ausdruck, als ob gar nichts geschehen sei. Er sah sich durchschaut, aber es war ihm nicht die geringste Spur von Mißtrauen oder Furcht anzusehen. Kannte er Old Death so genau, um ihm keinen Verrat zuzutrauen? Oder wußte er sich aus irgendeinem andern Grund sicher? Auch sein Sohn setzte sich ganz ruhig neben ihm nieder und steckte den Tomahawk wieder in den Gürtel. Die beiden Apachen hatten es gewagt, sich als Führer an die Spitze ihrer Todfeinde zu stellen, eine Kühnheit, welche bewundernswert war. Wenn ihre Absicht gelang, so waren die Comanchen dem sicheren Verderben geweiht. Wir wollten nun die Gruppen verlassen, aber eine unter den Comanchen entstehende Bewegung veranlaßte uns, stehen zu bleiben. Wir sahen, daß die Beratung zu Ende war. Die Teilnehmer hatten sich erhoben, und den Roten war von ihrem Häuptling ein Befehl geworden, infolgedessen auch sie ihre Feuer verließen und einen dichten Kreis um dasjenige bildeten, an welchem wir uns befanden. Die Weißen wurden von ihnen eingeschlossen. Der ‚Weiße Biber‘ trat in würdevoller Haltung in den Kreis und erhob den Arm zum Zeichen, daß er sprechen wolle. Tiefes Schweigen herrschte rundum. Die Weißen ahnten noch nicht, was jetzt kommen werde. Sie waren aufgestanden. Nur die beiden vermeintlichen Topias blieben sitzen und blickten ruhig vor sich nieder, als ob der Vorgang sie gar nichts angehe. Auch William Ohlert saß noch auf seinem Platz und starrte auf den Bleistift, den er wieder in den Fingern hielt. Jetzt begann der Häuptling in langsamer, schwer betonter Rede: „Die Bleichgesichter sind zu den Kriegern der Comanchen gekommen und haben ihnen gesagt, daß sie ihre Freunde seien. Darum wurden sie von ihnen aufgenommen und wir haben mit ihnen die Pfeife des Friedens geraucht. Jetzt aber haben die Comanchen erfahren, daß sie von den Bleichgesichtern belogen wurden. Der ‚Weiße Biber‘ hat alles, was für sie und was gegen sie spricht, genau abgewogen und mit seinen erfahrensten Männern beraten, was geschehen soll. Er ist mit ihnen darüber einig geworden, daß die Bleichgesichter uns belogen haben und unsere Freundschaft und unsern Schutz nicht länger verdienen. Darum soll von diesem Augenblicke an der Bund mit ihnen aufgehoben sein, und die Feindschaft soll an die Stelle der Freundschaft treten.“
    Er hielt für einen Augenblick inne. Der Offizier ergriff schnell die Gelegenheit, indem er fragte:
    „Wer hat uns verleumdet? Jedenfalls sind es die vier Männer gewesen, welche mit ihrem Schwarzen gekommen sind, eine Gefahr über uns heraufzubeschwören, welche wir nicht verdient haben. Es ist von uns bewiesen worden, und wir wiederholen es, daß wir Freunde der Comanchen sind. Die Fremden aber mögen den Beweis bringen, daß sie es ehrlich mit unsern roten Brüdern meinen! Wer sind sie, und wer kennt sie? Haben sie Böses über uns gesprochen, so verlangen wir, es zu erfahren, um uns verteidigen zu können. Wir lassen uns nicht richten, ohne angehört worden zu sein! Ich bin Offizier, also ein Häuptling unter den Meinen. Ich kann und muß verlangen, an jeder Beratung, welche über uns stattfinden soll, teilnehmen zu dürfen!“
    „Wer hat dir die Erlaubnis gegeben zu sprechen?“ fragte der Häuptling in strengem, stolzem Ton. „Wenn der ‚Weiße Biber‘ redet, so hat jeder zu warten, bis er ausgesprochen hat! Du verlangst, gehört zu werden. Du bist gehört worden, als Old Death vorhin mit dir sprach. Es ist

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