02 - Winnetou II
auch englisch?“
„So gut wie spanisch.“
„So habt die Güte, englisch zu reden, denn hier sitzen zwei, welche das Spanische nicht verstehen und sich doch außerordentlich für Eure Erzählung interessieren werden.“
Er deutete auf die beiden Langes.
„Warum interessieren?“ fragte der Gambusino.
„Das werdet Ihr sofort erfahren. Hört, Master Lange, dieser Mann ist ein Goldsucher und steht im Dienst eines gewissen Davis in Chihuahua.“
„Was? Davis?“ fuhr Lange auf. „Das ist ja der Prinzipal meines Schwiegersohnes?“
„Nur nicht so schnell, Sir! Es kann ja mehrere Davis geben.“
„Wenn dieser Master den Davis meint, welcher das einträgliche Geschäft betreibt, Gold und Silberminen zu kaufen, so gibt es nur einen einzigen dieses Namens“, erklärte der Gambusino.
„So ist er es!“ rief Lange. – „Kennt Ihr den Herrn, Sir?“
„Natürlich! Ich stehe ja in seinem Dienste.“
„Und auch meinen Schwiegersohn?“
„Wer ist das?“
„Ein Deutscher, Namens Uhlmann. Er hat in Freiberg studiert.“
„Das stimmt. Er ist Bergwerksdirektor geworden mit höchst ansehnlichen Tantiemen. Und seit einigen Monaten steht die Sache gar so, daß er nächstens Compagnon sein wird. Ihr seid also sein Schwiegervater?“
„Natürlich! Seine Frau, die Agnes, ist meine Tochter.“
„Wir nennen sie Señora Ines. Sie ist uns allen wohl bekannt, Sir! Ich habe gehört, daß ihre Eltern in Missouri wohnen. Wollt Ihr sie besuchen?“
Lange bejahte.
„So braucht Ihr gar nicht nach Chihuahua zu gehen, sondern nach der Bonanza, von welcher ich vorhin gesprochen habe. Habt Ihr denn noch nicht von ihr gehört? Sie gehört ja Eurem Schwiegersohn! Er machte jüngst einen Erholungsritt in die Berge und hat dabei ein Goldlager entdeckt, wie man es hier noch nicht gefunden hat. Señor Davis hat ihm die Arbeitskräfte gegeben, es sofort auszubeuten. Jetzt wird fleißig geschafft, und die Funde sind derart, daß zu vermuten steht, Señor Davis werde Señor Uhlmann die Compagnonschaft antragen, was für beide von größtem Vorteil wäre.“
„Was Ihr da sagt! – Will, hörst du es?“ Diese Frage galt seinem Sohn. Dieser antwortete nicht. Er schluchzte leise vor sich hin; es waren Freudentränen, welche er weinte.
Natürlich freuten auch wir andern uns außerordentlich über das Glück unserer beiden Gefährten. Old Death zog allerlei Grimassen, welche ich nicht verstehen konnte, obgleich ich sonst die Bedeutung derselben ziemlich genau kannte.
Es währte eine Weile, bevor die Aufregung über die Nachricht, daß Langes Schwiegersohn eine Bonanza entdeckt habe, sich legte. Dann konnte der Gambusino fortfahren:
„Ich half Harton mit, den Betrieb der Bonanza einzurichten. Dann brachen wir auf, um die Mapimi zu durchsuchen. Wir ritten drei Tage lang in dieser Gegend herum, fanden aber kein Anzeichen, daß Gold vorhanden sei. Heute vormittags rasteten wir hier am Bach. Wir hatten während der Nacht fast gar nicht geschlafen und waren ermüdet. Wir schliefen somit ein, ohne es zu beabsichtigen. Als wir erwachten, waren wir von einer großen Schar weißer und roter Reiter umgeben.“
„Was für Indianer waren es?“
„Tschimarra, vierzig an der Zahl, und zehn Weiße.“
„Tschimarra! Das sind noch die tapfersten von allen diesen Schelmen. Und sie machten sich an euch zwei arme Teufel? Warum? Leben sie denn in Feindschaft mit den Weißen?“
„Man weiß nie, wie man mit ihnen daran ist. Sie sind weder Freunde noch Feinde. Zwar hüten sie sich sehr wohl, in offene Feindschaft auszubrechen, denn dazu sind sie zu schwach, aber sie stellen sich auch niemals zu uns in ein wirklich gutes Verhältnis, dem man Vertrauen schenken könnte. Und das ist gefährlicher als eine ausgesprochene Feindschaft, da man niemals weiß, wie man sich zu verhalten hat.“
„So möchte ich den Grund wissen, euch so zu behandeln. Habt ihr sie beleidigt?“
„Nicht im geringsten. Aber Señor Davis hatte uns sehr gut ausgerüstet. Jeder hatte zwei Pferde, gute Waffen, Munition, Proviant, Werkzeuge und alles, dessen man zu einem längeren Aufenthalt in einer so öden Gegend bedarf.“
„Hm! Das ist freilich für solches Volk mehr als genug.“
„Sie hatten uns umringt und fragten uns, wer wir seien und was wir hier wollten. Als wir ihnen der Wahrheit gemäß antworteten, taten sie äußerst ergrimmt und behaupteten, die Mapimi gehöre ihnen samt allem, was sich auf und in derselben befinde. Daraufhin verlangten sie die
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