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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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würden.
    Gegen Abend blieb Old Death, welcher voran ritt, halten, und ließ uns, die wir etwas zurückgeblieben waren, herankommen. Da, wo er hielt, stieß von Süden her eine neue Fährte zu der bisherigen, ebenfalls von Reitern, und zwar zwischen dreißig und vierzig. Sie waren einzeln hintereinander geritten, was die Bestimmung ihrer Anzahl sehr erschwerte. Dieses Im-Gänsemarsch-Reiten, und der Umstand, daß ihre Pferde nicht beschlagen waren, ließen vermuten, daß sie Indianer seien. Sie waren nach links in unsere Richtung eingebogen, und aus dem fast ganz gleichen Alter der beiden Fährten war zu vermuten, daß sie später mit den Weißen zusammengetroffen seien. Old Death brummte mißmutig etwas vor sich hin. Er meinte:
    „Was für Rote mögen es gewesen sein? Apachen sicherlich nicht. Wir haben keineswegs Freundliches von ihnen zu erwarten.“
    „Mein weißer Bruder hat recht“, stimmte Winnetou bei. „Apachen sind jetzt nicht hier und außer ihnen gibt es in diesem Tal der Mapimi nur noch feindliche Horden. Wir haben uns also in acht zu nehmen.“
    Wir ritten weiter und erreichten bald die Stelle, an welcher die Roten mit den Weißen zusammengetroffen waren. Beide Trupps hatten hier gehalten und miteinander verhandelt. Jedenfalls war das Ergebnis für die Weißen ein günstiges gewesen, denn sie hatten sich in den Schutz der Roten begeben. Ihre bisherigen Führer, die beiden Apachen, welche wir erst als Topias kennengelernt hatten, waren von ihnen verabschiedet worden. Die Spuren dieser beiden Reiter trennten sich hier von den übrigen.
    Nach einer Weile erreichten wir einen Höhenzug, der mit Gras und Gestrüpp bewachsen war. Von demselben kam, hier eine Seltenheit, ein dünnes Bächlein herabgeflossen. Da hatten die von uns Verfolgten gehalten, um ihre Pferde zu tränken. Die Ufer des Baches waren vollständig strauchlos, so daß man den Lauf desselben sehr weit verfolgen konnte. Er floß nach Nordwest. Old Death stand da, beschattete mit der Hand seine Augen und blickte in der soeben angegebenen Richtung. Nach dem Grund befragt, antwortete er:
    „Ich sehe weit vor uns zwei Punkte. Ich kalkuliere, daß es Wölfe sind. Aber was haben die Bestien dort zu sitzen? Ich denke, wenn es wirklich welche wären, so würden sie vor uns davongelaufen sein, denn kein Tier ist so feig wie diese Präriewölfe.“
    „Meine Brüder mögen schweigen. Ich hörte etwas“, sagte Winnetou.
    Wir vermieden alles Geräusch, und wirklich, da klang von dort her, wo sich die beiden Punkte befanden, ein schwacher Ruf zu uns herüber.
    „Das ist ein Mensch“, rief Old Death. „Wir wollen hin.“
    Er stieg auf und wir mit ihm. Als wir uns der Stelle näherten, erhoben sich die beiden Tiere und trollten davon. Sie hatten am Ufer des Baches gesessen, und mitten im Bach erblickten wir einen unbedeckten menschlichen Kopf, welcher aus dem Wasser sah. Das Gesicht wimmelte von Mücken, welche in den Augen, den Ohren, in der Nase und zwischen den Lippen saßen.
    „Um Gottes willen, rettet mich, Señores!“ stöhnte es aus dem Munde. „Ich kann es nicht länger aushalten.“
    Wir warfen uns natürlich sofort von den Pferden.
    „Was ist's mit Euch?“ fragte Old Death in spanischer Sprache, da der Mann sich derselben bedient hatte. „Wie seid Ihr denn in das Wasser geraten? Warum kommt Ihr nicht heraus? Es ist ja kaum zwei Fuß tief!“
    „Man hat mich hier eingegraben.“
    „Warum? Alle Teufel! Einen Menschen eingraben! Wer hat es getan?“
    „Indianer und Weiße.“
    Wir hatten gar nicht darauf geachtet, daß von dem Tränkplatz mehrere Fußspuren bis hierher führten.
    „Dieser Mann muß schleunigst heraus. Kommt, Mesch'schurs! Wir graben ihn aus, und da wir keine Werkzeuge haben, so nehmen wir unsere Hände.“
    „Der Spaten liegt hinter mir im Wasser. Sie haben ihn mit Sand zugedeckt“, sagte der Mann.
    „Ein Spaten? Wie kommt denn Ihr zu so einem Werkzeug?“
    „Ich bin Gambusino (Goldsucher. Überhaupt einer, welcher auf die Entdeckung von Fundorten edler Metalle ausgeht). Wir haben stets Hacke und Spaten bei uns.“
    Der Spaten wurde gefunden, und nun traten wir in das Wasser und gingen an die Arbeit. Das Bett des Baches bestand aus leichtem, tiefem Sand, welcher sich unschwer ausgraben ließ. Wir sahen jetzt erst, daß hinter dem Mann eine Lanze eingestoßen worden war, an welche man ihm den Hals in der Weise festgebunden hatte, daß er den Kopf nicht nach vorn beugen konnte. So befand sich sein Mund nur drei

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