02 - Winnetou II
Sir!“
„Dreihundert!“
„Es ist mir nicht feil!“
„Dreihundert, und was Ihr hier aus dem Store nehmt, das bezahle ich obendrein!“
„Glaubt Ihr wirklich, daß ein Präriemann sein Pferd verkauft, ohne welches er vielleicht zugrunde geht?“
„So gebe ich Euch das meinige noch zu!“
„Behaltet Euren Patentgaul immerhin: ich tausche ihn Euch nicht um ein einziges Haar aus meiner Mütze ab!“
„Aber ich muß das Pferd haben“, versetzte er ungeduldig. „Es gefällt mir!“
„Das glaube ich Euch gern; doch bekommen könnt Ihr es nicht. Ihr seid zu arm, es zu bezahlen.“
„Zu arm?!“ Er warf mir einen Blick zu, der mich jedenfalls einschüchtern sollte. „Habt Ihr nicht gehört, daß ich Emery Forster bin? Wer mich kennt, der weiß sehr genau, daß ich imstande bin, ein ganzes tausend solcher Mustangs zu bezahlen!“
„Euer Geldbeutel ist mir ein sehr gleichgültiges Ding. Könnt Ihr wirklich ein gutes Pferd bezahlen, so geht zum Pferdehändler; das meinige aber laßt jetzt einmal los!“
„Ihr seid ein unverschämter Kerl, wißt Ihr's! Ein Bursche, dem wie Euch die Füße aus den Schuhen gucken, sollte froh sein, daß ihm das Geld zu neuen Stiefeln so leicht geboten wird; er kommt dann wenigstens einmal auf ehrlichem Wege zu ihnen!“
„Emery Forster, nimm deine Zunge in acht, du könntest sonst auf einem sehr ehrlichen Weg erfahren, daß der Mann, der nach deiner Meinung mit einem Schuß Pulver mehr als genugsam bezahlt ist, mit dieser Art von Geld schnell bei der Hand ist!“
„Oho, mein Junge! Hier ist nicht Savannenland, wo jeder Strolch tun kann, was ihm gerade beliebt. In New-Venango bin ich allein Herr und Gebieter, und wer sich nicht im Guten nach mir richtet, der wird auf andere Weise zu Verstand gebracht. Ich habe mein letztes Gebot getan. Bekomme ich das Pferd dafür oder nicht?“
Ein jeder andere Westmann hätte jedenfalls schon längst nur mit der Waffe geantwortet; das Verhalten des Mannes verursachte mir aber Vergnügen anstatt Ärger, und andernteils bewog mich auch die Rücksicht auf seinen Begleiter zu einer größeren Selbstbeherrschung, als ich ihm allein gegenüber gezeigt hätte.
„Nein“, antwortete ich daher ruhig. „Laßt es los!“
Ich langte nach dem Zügel, welchen er in der Hand hielt. Er gab mir einen Stoß vor die Brust, daß ich zurücktaumelte, und schwang sich in den Sattel.
„So, Mann; jetzt werde ich dir zeigen, daß Emery Forster ein Pferd zu kaufen versteht, auch wenn es ihm verweigert wird. Hier steht das meinige, es ist dein. Die Rechnung im Store werde ich berichtigen, und die Dollars kannst du dir holen, sobald es dir beliebt! Komm, Harry; wir sind fertig!“
Der Gerufene folgte nicht sofort, sondern hielt noch einige Augenblicke auf der Stelle und blickte mir gespannt in das Gesicht. Als ich aber keine Miene machte, mir nach Jägerart mein Eigentum zurückzuholen, glitt es wie eine tiefe Verachtung über sein Gesicht.
„Wißt Ihr, was ein Coyote ist, Sir?“ fragte er mich.
„Ja“, antwortete ich gleichmütig.
„Nun?“
„Ihr meint den Präriewolf? Er ist ein feiges, furchtsames Tier, welches schon vor dem Bellen des Hundes flieht und nicht wert ist, daß man es beachtet.“
„Ihr habt recht mit Eurer Antwort; Ihr konntet sie auch leicht geben, denn – – – Ihr seid ein Coyote!“
Mit einer unbeschreiblich geringschätzigen Handbewegung wandte er sich ab und folgte dem vorangeschrittenen Herrn und Gebieter von New-Venango nach.
Ich schwieg, denn ich wußte, was ich tat. Swallow war mir nicht verloren, und ließ ich ihn für eine kurze Zeit bei Forster, so war es mir vielleicht möglich, Harry, für den ich mich zu interessieren begann, wiederzusehen. Aus seinem Mund ließ ich die letzten Worte nicht als Beleidigung gelten.
Aus dem Laden waren einige Männer getreten, welche unserer unerquicklichen Verhandlung beigewohnt hatten. Der eine von ihnen band jetzt den Gaul Forsters an einen Pfahl und trat dann zu mir. Man konnte dem rothaarigen und vertrunkenen Burschen auf tausend Schritte den Irländer ansehen.
„Laßt Euch den Handel nicht dauern, Master“, meinte er; „Ihr kommt nicht schlecht dabei weg! Wollt Ihr längere Zeit in New-Venango bleiben?“
„Hab' keine Lust dazu! Seid Ihr der Besitzer von diesem berühmten Etablissement hier?“
„Der bin ich, und berühmt ist es; da habt Ihr recht; berühmt, so weit es nur immer einen gibt, dem der Brandy gut über die Zunge läuft. Ihr seid vielleicht
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