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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war mittlerweile aufgegangen und warf ein ruhiges, klares Licht über die Gegend, so daß es möglich war, in sehr geraume Entfernung zu blicken. Diese Helligkeit erschwerte zwar das Anschleichen, war uns aber in anderer Beziehung wieder von Vorteil. Bei der Gleichheit der Hebungen und Senkungen des Bodens wäre es uns im Dunkel nicht leicht geworden, den Ort genau zu bestimmen, an welchem wir die Ponkas gesehen hatten, und möglicherweise konnten wir also ganz unversehens auf sie stoßen; das war jetzt nicht zu befürchten.
    Von Zeit zu Zeit im Vorwärtsdringen einen Augenblick innehaltend und mich vorsichtig erhebend, warf ich einen forschenden Blick über den Damm hinaus und gewahrte jetzt auf der seitwärts liegenden Erhöhung eine Gestalt, welche sich leicht kenntlich am Horizont abzeichnete. Man hatte also jetzt eine Wache ausgestellt, und wenn der Mann sein Augenmerk nicht bloß in die Ferne auf den von ihm erwarteten Bahnzug, sondern auch auf die nähere Umgebung richtete, so mußte er uns unbedingt bemerken.
    Nach wenigen Minuten konnten wir die übrigen sehen, welche bewegungslos am Boden lagen. Eine kurze Strecke hinter ihnen hielten die angekoppelten Pferde, ein Umstand, der einen plötzlichen Überfall sehr erschwerte, da die Tiere leicht zu Verrätern werden konnten. Zu gleicher Zeit erblickte ich die Vorrichtung, welche die Indianer getroffen hatten, um den Zug aufzuhalten. Es waren noch mehr Steine, als wir vorher gesehen hatten, auf das Geleis gelegt worden, und mit Schaudern dachte ich an das Schicksal, welches die Insassen der Wagen hätte treffen müssen, wenn das Vorhaben der Wilden nicht von uns bemerkt worden wäre.
    Wir setzten unsere Bewegung so lange fort, bis wir uns der Truppe gerade gegenüber befanden, und blieben nun, die Waffen zum sofortigen Gebrauch bereit haltend, erwartungsvoll liegen.
    Die Aufgabe war jetzt, zunächst den Posten unschädlich zu machen, ein Vorhaben, welches ich kaum einem anderen als Winnetou zutraute. Der Mann konnte im hellen Mondschein die geringste Kleinigkeit seiner Umgebung genau erkennen und mußte bei der ringsum herrschenden Ruhe das leiseste Geräusch bemerken. Und selbst wenn es gelang, ihn zu überraschen, so war es doch, um ihn durch einen gutgeführten Messerstich unschädlich zu machen, notwendig, aufzuspringen, und dann mußte man ja sofort von den anderen gesehen werden. Dennoch übernahm Winnetou bereitwillig die Lösung dieses schwierigen Problems. Er schlich sich fort, und kurze Zeit später sehen wir den Posten plötzlich wie in den Boden hinein verschwinden, im nächsten Augenblick aber schon wieder in seiner früheren geraden Haltung aufrecht stehen. Nur einen einzigen, blitzschnellen Moment hatte diese Bewegung in Anspruch genommen; aber ich wußte sogleich, was sie zu bedeuten hatte. Der jetzt scheinbar Wache Haltende war nicht mehr der Ponka, sondern Winnetou. Er mußte sich bis unmittelbar an den Posten geschlichen haben und war in demselben Augenblick, an welchem letzterer von dem andern bei den Füßen niedergerissen und sofort eines Lautes unfähig gemacht wurde, kerzengrad in die Höhe gefahren.
    Das war wieder eines seiner bewundernswerten Indianerstücke, und da die Feinde in ihrer Unbeweglichkeit verharrten, so mußte der Vorgang ihnen entgangen sein. Das Schwerste war somit glücklich vollbracht, und nun konnten wir den Angriff beginnen.
    Aber noch war das Zeichen dazu nicht gegeben, da krachte hinter mir ein Schuß. Ein Unvorsichtiger von unseren Leuten war mit dem Finger an den Drücker seines gespannten Revolvers gekommen. So wenig die Roten einen Angriff erwartet hatten, sie ließen sich doch nicht aus der Fassung bringen. Wir sprangen infolge des vorzeitigen Schusses auf und auf sie zu. Sie sahen uns und eilten unter durchdringenden Schreien zu ihren Pferden, um zunächst schnell aus unserer Nähe zu kommen und dann in gesicherter Stellung einen Entschluß zu fassen.
    „Have care!“ rief Old Firehand. „Schießt auf die Pferde, daß die Kerls herunter müssen, und dann drauf!“
    Unsere Salve krachte, und sogleich bildete die Schar der Indsmen einen wirren Knäuel von gestürzten Pferden, mit niedergerissenen Indianern und von Reitern, welche zu entkommen suchten. Dieses letztere zu verhindern, wurde mir durch meinen Henrystutzen leicht. Sobald ein Ponka ausbrechen wollte, gab ich seinem Pferd eine Kugel, die es niederwarf.
    Old Firehand und Winnetou hatten sich sofort, ihre Tomahawks schwingend, auf den Knäuel geworfen;

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