020 - Die Geliebte des Teufels
in Lebensgefahr. Aber sein Zustand ist äußerst ernst. Es sieht so aus, als wären seine Beine gelähmt.«
»Gelähmt?« fragte Miriam entsetzt.
Er nickte. »Sein Herz schlägt unregelmäßig. Er liegt unter einem Sauerstoffzelt.«
»Ich will ihn sehen«, sagte Miriam und stand auf.
»Das ist im Augenblick nicht möglich. Ich bringe dich nach Hause.«
»Nein«, sagte Miriam stur. »Ich bleibe.«
Tim wechselte einen Blick mit mir. Ich hob leicht die Schultern. »Warten hat keinen Sinn, Miriam. Du machst dich nur selbst fertig.«
»Ich bleibe«, wiederholte Miriam heftig.
»Ich mache dir einen Vorschlag«, sagte Tim. »Wir gehen etwas trinken und kommen dann zurück.«
Sie verzog den Mund, dann nickte sie langsam.
Wir gingen zu Felix, einem nett eingerichteten italienischen Restaurant, das sich in der 13. Straße befand, bestellten eine Flasche Rotwein und versuchten Miriam zu überreden, etwas zu essen. Sie weigerte sich anfangs, ließ sich dann aber doch umstimmen, eine Kleinigkeit zu bestellen. Die ganze Zeit über brütete sie dumpf vor sich hin und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Nach einigen Minuten entschuldigte sie sich und verschwand auf der Toilette.
»Es steht gar nicht gut um Elton«, sagte Tim. »Die Ärzte sind ratlos. Anfangs vermuteten sie einen Herzinfarkt, aber das trifft nicht zu. Für einen Augenblick ist er aus seiner Bewußtlosigkeit aufgewacht. Er hat die Ärzte beschimpft, aber nicht auf Englisch, sondern auf Französisch. Einer der Ärzte war ein gebürtiger Franzose. Er sagte mir, daß Elton Ausdrücke verwendete, die selbst den einfachen Hafenarbeitern von Marseille zu arg seien.«
»Spricht Elton Französisch?«
»Soweit ich weiß, spricht er nur ein paar Brocken Spanisch«, sagte Tim.
Ich nickte. »Das wäre wieder ein Beweis mehr, daß er von einem Dämon beherrscht wird.«
»Es gibt jetzt wohl keinen Zweifel mehr, daß die Schwarze Familie dahintersteckt.«
»Das will ich nicht sagen«, meinte ich vorsichtig und nippte an meinem Glas. »Die Schwarze Familie muß überhaupt nichts damit zu tun haben. Es kommt immer wieder vor, daß Dämonen auftauchen, die nicht zur Familie gehören. Es gab immer Einzelgänger. Fälle von Besessenheit gibt es seit vielen Jahrhunderten. Die Kirche versuchte die armen Opfer zu heilen. Sie nahm Teufelsbeschwörungen vor, teilweise mit Erfolg. Aber zum Großteil schnappten die Besessenen völlig über.«
»Gibt es für Elton eine Heilung?«
Ich drehte das Weinglas zwischen meinen Fingern. »Das kann ich nur sehr schwer beurteilen. Ich habe zwar schon einige Leute gesehen, die von Dämonen beherrscht wurden, aber da war es ganz anders. Diese Leute wirkten normal, einige wie hypnotisiert. Bei Elton ist das ganz anders. Er wird nicht ständig von einem Dämon beherrscht, nur zeitweise.«
»Aber welche Kraft hat den Torso in meiner Wohnung verformt?«
»Elton hat übermenschliche Kräfte entwickelt. Möglicherweise hat er im Zustand der Besessenheit auch unglaubliche geistige Kräfte, die er nicht kontrollieren kann. Aber das ist alles im Augenblick nicht so wichtig. Mich interessiert viel mehr, wer hinter Eltons Besessenheit steckt. Der Dämon bezweckt etwas. Hat Elton Feinde?«
»Da bin ich wirklich überfragt, Dorian. Ich kenne ihn zu flüchtig. Da müßtest du Miriam fragen. Aber die ist heute nicht in der Lage, Fragen zu beantworten.«
»Sie kommt«, sagte ich.
Miriam hatte sich geschminkt. Sie lächelte scheu, als sie sich setzte. Der Kellner brachte das Essen. Die Kalbschnitzel mit Käsefüllung dufteten verlockend.
»Ich bekomme keinen Bissen runter«, sagte Miriam und starrte den Teller mit den dampfenden Spaghettis an.
»Probier es!« bat Tim und breitete die Serviette über die Knie.
Miriams lustloses Herumstochern in den Nudeln war nicht dazu angetan, unseren Appetit zu steigern. Nach ein paar Bissen hörte sie auf und legte die Gabel auf den Teller. »Ich kann nicht. Ich muß ständig an Elton denken.«
Ich verstand sie und ihre Sorge. Die vergangenen Tage mußten nicht einfach für sie gewesen sein.
Wir kehrten ins Spital zurück. Elton war noch immer ohnmächtig. Sein Befinden hatte sich leicht gebessert. Wir mußten mehr als zehn Minuten auf Miriam einreden, bis wir sie überzeugt hatten, daß Warten sinnlos war. Wir begleiteten sie in ihre Wohnung. Tim bestand darauf, daß sie zwei Schlaftabletten schluckte. Nach einigen Minuten fing sie zu gähnen an, und wir verließen sie.
Ich hatte tief und traumlos bis
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