0201 - Duett für Maschinenpistolen
wir uns über Mr. Crew informieren wollen.«
»Das kann ich mir denken«, entfuhr es ihr.
»Wie meinen Sie das?« hakte ich sofort nach.
Sie wurde rot. »Och… Eh — ich wollte nichts Bestimmtes sagen.«
»Wie Sie wollen. Fangen wir also an! Wovon lebt Mr. Crew?«
Sie zuckte die Schultern. »Ob Sie mir’s glauben oder nicht: Es dürfte im ganzen Haus keinen Menschen geben, der das weiß.«
»Soll das heißen, daß er keiner regelmäßigen Arbeit nachgeht?«
»Man merkt jedenfalls nichts davon. Da ich zu Hause arbeite, bleibt es nicht aus, daß ich ein wenig mehr über die Gewohnheiten meiner Nachbarn erfahre als andere, die den ganzen Tag über nicht da sind.«
»Bitte, erzählen Sie uns alles, was Sie über Mr. Crew wissen!«
»Oh, soviel ist das nun auch wieder nicht. Er kommt oft erst mitten in der Nacht nach Hause. Ich habe einen leichten Schlaf. Deswegen werde ich wach, wenn er nach Hause kommt. Vor allem, da er sich oft nicht gerade leise dabei benimmt. Er schläft meist bis mittags. Regelmäßige Verpflegung scheint er nicht zu kennen. Ich weiß, daß er manchmal beim Händler an der Ecke auf Kredit kauft, dann aber wieder mit dem Geld um sich wirft, als sei er ein Millionär.«
Ich nickte Phil flüchtig zu. Es war das typische Benehmen eines jungen Mannes, der am Anfang der schiefen Bahn angekommen ist. Damit ist nicht gesagt, daß er auf der schiefen Bahn unbedingt bis ganz unten hin rutschen muß. Aber oft endet es damit.
»Was wissen Sie von seinem Umgang?« fragte ich.
»Hier ins Haus sind, soweit ich unterrichtet bin, nur zwei Menschen gekommen, die ihn häufiger besuchten. Das eine ist eine Dame der Botschaft der…«
Sie nannte den Namen einer ausländischen Macht. War das Gespräch durch Crews Ermordung ohnehin schon interessant für uns gewesen, so wurde es jetzt für uns höchst aktuell!
»Woher wissen Sie, daß die Dame zur Botschaft gehört?«
»Ich habe für diese Botschaft einmal ein paar Plakatentwürfe anläßlich eines Theatergastspiels angefertigt, das von der Botschaft arrangiert worden war. Dabei hatte ich mit dieser Dame zu tun.«
»Kennen Sie Ihren Namen?«
»Olga Racher. Wo sie wohnt, weiß ich nicht,«
»Das werden wir schnell heraushaben, wenn wir es wissen wollen«, sagte ich. »Wer ist die zweite Person?«
»Ein sehr unangenehmer Mann. Er ist oft betrunken und ungezogen und wahrscheinlich ein Gangster.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe ihn einmal mit dem Stahllineal aus meinem Zimmer hinausprügeln müssen, als er ungebeten hereinkam und zudringlich werden wollte. Daher weiß ich, daß er ein Flegel ist. In der Straße habe ich ihn ein paarmal von einer Kneipe zur anderen torkeln sehen, und deshalb weiß ich, daß er oft betrunken ist. Außerdem trug er in der Achselhöhle, wie ich zufällig sah, eine Pistole. Demnach nehme ich an, daß er ein Gangster ist. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein gewöhnlicher Bürger ständig eine Schußwaffe mit sich herumschleppt.«
»Sicher nicht, es sei denn, er hat einen außergewöhnlich gefährlichen Beruf. Wie ist der Name dieses Mannes?«
»Lewis Crane. Er wohnt vier Häuser weiter auf derselben Straßenseite.«
»Können Sie uns sonst noch etwas über Mr. Crew sagen?«
Sie senkte den Kopf und schien nachzudenken. Als sie uns ihr Gesicht wieder zuwandte, sagte sie: »Ich wüßte' nichts mehr. Aber ich möchte eine Bitte äußern.«
»Ja?«
»Warum auch immer Sie mich über Mr. Crew ausgefragt haben, ich möchte Sie bitten, daran zu denken, daß er noch sehr jung ist und schon früh seine Eltern verlor. Er scheint keinen schlechten Kern zu haben. Er ist freundlich zu den Kindern im Haus und hilfsbereit zu alten Frauen. Ich habe zweimal gesehen, wie er einer alten Hausbewohnerin die schwere Einkaufstasche die Treppe heraufgeschleppt hat. Es ist meines Erachtens nur sein Umgang, der ihn verdirbt. Ziehen Sie das bitte in Erwägung, wenn Sie etwa gegen Mr. Crew Vorgehen wollen!«
Ich stand auf und nahm meinen Hut. »Haben Sie in den lezten zwei bis drei Stunden irgend etwas Auffälliges aus Crews Zimmer gehört? Haben Sie gesehen, daß er Besuch hatte? Oder irgend etwas beobachtet, das mit Mr. Crew Zusammenhängen könnte?«
»Nein.«
Ich setzte den Hut auf und ging zur Tür. Phil stand neben mir. Auf der Schwelle drehte ich mich noch einmal um.
»Sie haben es anscheinend gut mit ihm gemeint, Miß Loosfield. Leider kommt Ihre Fürsprache für Crew zu spät. Er ist vor etwa zwei bis drei Stunden ermordet
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