0201 - Sternstation im Nichts
kletterte er in den winzigen Schleusenraum und wartete, bis das Schott sich hinter ihm schloß. Dann raffte er sich auf und schob sich in aller Hast durch das Innenluk, das Conrad inzwischen geöffnet hatte. Conrad hatte keine Zeit, auch nur den Kopf nach ihm zu drehen. Der Wagen war verloren, wenn er das Steuer nur eine Sekunde lang außer acht ließ.
Keuchend schwang sich der Fremde neben ihn auf den Sitz.
Seinen Korb schob er vorsichtig in die Ecke. Eine Weile beobachtete er schweigend, wie Conrad gegen den Sturm ankämpfte, und Conrad wußte immer noch nicht, wen er neben sich sitzen hatte. Dann schien ihm das Schweigen ungemütlich zu werden. Er räusperte sich zunächst, und dann hörte Conrad eine wohlvertraute Stimme: „Auf so merkwürdige Art und Weise wären wir also wieder beieinander, Sir."
Conrad wandte trotz seines Vorsatzes den Kopf. Neben ihm saß Herb Bryan, sein ehemaliger Sergeant.
„Das war S-39 da unten", erklärte Bryan. „Nur ein leichter Treffer, aber im Nu glühte die Kiste wie ein Hochofen. Ich wäre immer noch drinnen, wenn ich nicht dicht hinter dem Schott gehockt hätte."
Conrad hörte ihm zu, ohne ihn anzusehen. Der Orkan tobte mit unverminderter Wucht, und die Blitze zuckten in unaufhörlicher Folge.
„Was ist in dem Korb?" fragte er.
„Detonatoren", antwortete Bryan. Die ganze Ladung."
Conrad nahm das Mikrophon von der Gabel und meldete Hefrich den Verlust des Fahrzeugs S-39. Ein paar Sekunden später rief Hefrich zurück: „S-5 an alle! Kehren Sie sofort um. Es hat keinen Zweck mehr, wir haben vierundzwanzig Mann verloren und kommen kaum einen Schritt vorwärts. Sie erhalten Peilsignale vom Schiff. Ich wiederhole: Kehren Sie sofort um!"
Conrad kniff die Lippen zusammen. Vierundzwanzig Mann!
Hefrich hatte recht. Der Einsatz wurde zu teuer. Wenn sie abwarteten, bis der Sturm vorüber war, kamen sie leichter an die Station heran. Allerdings mußte der Sturm vorüber sein, bevor an Bord alle verdurstet waren.
Vorsichtig begann er, den Wagen zu wenden. Er hatte das erste Viertel der Drehung noch nicht geschafft, da schrie Herb Bryan neben ihm auf.
„Die Wand...! Dort, vor uns!"
Conrad sah durch die Bugscheibe schräg nach vorn. Fast kam er zu spät. Nur den Bruchteil einer Sekunde lang sah er den orangefarbenen Schimmer durch eine Stelle, an der die Mauer aus Sand und Staub für einen, kurzen Augenblick aufgerissen war.
Sofort riß er den Wagen wieder herum. Mit zitternden Fingern griff er nach dem Mikrophon und schrie hinein: „Nosinsky an S-5! Der Schutzschirm liegt direkt vor mir! Ich fahre weiter!"
Bert Hefrich meldete sich nicht mehr. Conrad wußte nicht, ob er seinen Spruch überhaupt empfangen hatte. Das Leuchten war jetzt nicht mehr zu sehen, der Orkan hatte es wieder verschluckt. Aber Conrad wußte, in welche Richtung er sich zu halten hatte.
„Mach die Augen weit auf, Herb!" knurrte er seinen Nebenmann an und Herb Bryan lehnte sich weit nach vorn, als könne er so besser sehen.
Das energetische Feuer schien jetzt dichter zu werden. Es sah aus, als hätte der Gegner einen Sperriegel dicht vor den Schutzschirm gelegt. Die Finsternis, bisher nur von einzelnen Entladungen durchbrochen wurde zum grellen, feuerspeienden Inferno.
Conrad drückte den Wagen ganz nach unten, bis er fast auf dem Boden schleifte, dann riß er den Fahrthebel bis zum Anschlag zurück. Ruckend und schlingernd gewann das Fahrzeug an Tempo.
„Da ist er wieder!" brüllte Bryan voller Begeisterung.
In den kurzen Pausen zwischen den einzelnen Salven war jetzt die orangefarbene Wand des Feldes deutlich zu sehen. Mit jeder Sekunde wurde sie heller, und mit jeder Sekunde wuchs Conrads ungläubige Verwunderung, warum sie nicht schon längst einer der Strahlschüsse getroffen hatte.
Er erinnerte sich später nicht mehr, wie sie es eigentlich geschafft hatten, aber plötzlich machte der Wagen einen Satz in die Höhe, die erste Auswirkung der Tatsache, daß er in ein Gebiet geringerer Gravitation eingedrungen war, und als der Antigrav sich einreguliert hatte, waren Staub und Sand ringsum nur noch so dünn, daß die Umrisse der Gebäude deutlich aus dem Dunst hervortraten.
Conrad wollte keine Sekunde verlieren. Er befahl Bryan, den Korb bereit und die Augen offenzuhalten. Dann ließ er den Wagen mit Höchstgeschwindigkeit in den Wirrwarr von Bauwerken hineinschießen. Er hatte keine Ahnung, wo das Zentrum der Kraftstation lag. Er mußte sich darauf verlassen, daß die Detonatoren kräftig
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