0202 - Das Halsband des Todes
daran gearbeitet hätte.
Vor den Fenstern hingen schwere Portieren, die aber nicht ganz geschlossen waren.
Darum hatte ich das Licht gesehen.
Alles schien in bester Ordnung zu sein.
Aber dann sah ich die Flasche und das Glas.
Die Flasche lag neben dem Schreibtisch und der gute Scotch hatte sich über den Teppich ergossen und darauf einen dunklen Fleck hinterlassen.
Das Glas war zerbrochen.
Meine Augen hingen an diesem zerbrochenen Glas, und dann bemerkte ich die Hand.
Es war eine gelbe Hand, die mit leicht gekrümmten Fingern nach etwas zu greifen schien.
Die Hand war tot und ebenso war es Miko Milano oder Dimitri Papagopulos, der neben dem Schreibtischsessel am Boden lag.
Er trug die weiten Hosen, die ich bereits kannte und zur Abwechslung Schlangenlederschuhe mit dem dazu passenden Gürtel.
Sein Hemd war blendend weiß gewesen, aber jetzt mit großen, roten Flecken gesprenkelt. Das Gesicht lag auf dem rechten Arm, als ob er schlafe.
Genau in der Mitte der Stirn befand sich ein rundes Loch. Als ich mich niederbeugte, stieg mir der süße Geruch des Blutes in die Nase, untermischt mit etwas anderem, einem Parfüm, das ich im Augenblick nicht bestimmen konnte.
Ich berührte die Wange des Toten, aber diese war kalt wie Eis. Dann ging ich ins Nebenzimmer. Es war ebenso leer wie das Bad und die Küche. Ich ging zurück in das Wohnzimmer und war im Begriff nach dem Telefon zu fassen, als mein Blick auf das schmale Buch fiel, das danebenlag.
Es war ein Buch mit dem Titel: berühmte Spiele unserer Weltmeister, das gleiche Buch, das ich selbst besaß und auch bei Mrs. Wassilof gesehen hatte.
Was tat Milano mit einem Schachbuch?
Ich konnte mir nicht denken, dass er diesem Spiel Geschmack abgewinnen konnte. Die Spiele, auf die er sich verlegt hatte, brachten Geld, viel Geld, sonst hätte er sich diesen Bungalow nicht mieten und einrichten können.
Jahrelang hatte er so gespielt und wahrscheinlich gar nicht begriffen, wie hoch der Einsatz war.
Jetzt hatte er ihn bezahlen müssen.
Mit Schrecken dachte ich an Joan.
Das Mädchen hatte also doch nicht gelogen. Ich zog die Hand, die nach dem Apparat hatte greifen wollen, zurück.
Wenn ich jetzt die Mordkommission rief, so würde ich auspacken müssen, und Joan Bedfort würde in zwei Stunden, wenn sie großes Glück hatte, im Gefängnislazarett liegen.
Rein mechanisch hob ich das Schachbuch auf und blätterte darin.
Auf der Titelseite stand ein Name:
Timothy How. Aber warum hatte Milano es mitgenommen?
Zuerst konnte ich nichts darin entdecken, bis ich an die letzte Seite kam.
Es waren eine Menge Zahlen daraufgeschrieben, scheinbar Berechnungen, aus denen ich zunächst nicht klug werden konnte. Erst als ich die Endsumme las, ging mir ein Licht auf. Sie lautete: 163 500.
Hundertsechzigtausend Dollar sollte die Perlenkette der letzten Zarin wert gewesen sein, oder war es noch wert, wenn es gelang, sie zu finden.
How musste den Wert der einzelnen Perlen nach ihrer Größe ausgerechnet und die Zahlen dann addiert haben. Er war sich ja darüber klar gewesen, dass er die Kette nie als Ganzes würde verkaufen können.
Es gab aber auch noch andere Berechnungen auf dieser Seite, die mit flüchtig hingekritzelten Buchstaben bezeichnet waren:
Br 5000.
Rg 2000.
Bro 700 500.
Und dann eine Notiz, die das Geheimnis plötzlich entschleierte. How hatte ein Wort ausgeschrieben. Es lautete:
Diadem 15 000.
Er hatte also eine Aufstellung darüber gemacht, wie er die aufgelöste Kette am besten verkaufen könne.
Neben dem Schreibtisch stand eine Schreibmaschine, ein Royal Portable.
Ich hob die Schutzkappe ab und bemerkte, dass ein Bogen eingespannt war. Augenscheinlich hatte Milano einen Brief schreiben wollen und war dabei unterbrochen worden.
Der Brief war an einen Schneider gerichtet und enthielt die Bestellung für einen Anzug, in den dem Schneider bekannten Maßen. Ich las ihn durch. Es stand nichts Besonderes darin, aber dann sah ich das E und der unterste Balken dieses Buchstabens war abgesprungen - genauso wie auf der Aufklebeadresse des Paketes mit den fünf Dynamitstangen. Es war also Milano, der mich mit dieser ›Aufmerksamkeit‹ bedacht hatte.
Das war ein weiterer Beweis dafür, dass er Mrs. Wassilof die falsche Kette, die er How geraubt hatte, andrehen wollte.
Diese Aufklebeadresse hatte einen Duft ausgeströmt, einen Duft von Maja-Seife.
Es war der gleiche Geruch, den ich damals, als Milano an uns vorbeiging und auch vorhin wieder wahrgenommen
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