0203 - Um Mitternacht am Galgenberg
mitgespielt hatten, war mir nicht bekannt, auf jeden Fall musste das Auftauchen des Wurms unmittelbar etwas mit dieser alten Steinplatte zu tun gehabt haben.
Um genauere Zusammenhänge konnte ich mich jetzt nicht kümmern, denn es wurde inzwischen gefährlich. Der Wurm gab nicht auf. Er richtete sich auf.
Da stach ich abermals zu. Ich zielte auf seinen Kopf. Wenigstens nahm ich an, dass dort der Kopf saß, und mein geweihter Silberdolch drang tief in die weiche, schleimige Masse.
Wieder ließ ich das Messer stecken und zog es hoch bis zum Ende. Tief klaffte der Riss.
Noch mehr Schleim quoll aus der Wunde, und ich erkannte an den ersten Schnittstellen die bereits trockene Haut des unheimlichen Tieres. Sie war irgendwie zusammengezogen und wirkte wie Pergament. Auch in der Dicke.
In den nächsten Minuten beschäftigte ich mich nur mit diesem widerlichen Tier. Mein Dolch traf es überall. Die scharfe Klinge hinterließ tiefe Schnitte, und ich bekam mit, wie die Wunden austrockneten und sich eine schorfige, dünne Haut bildete.
Der Wurm verging.
Ob sich die Magie meines Silberdolches dafür verantwortlich zeigte oder nur die Tatsache, dem Wurm Schaden zugefügt zu haben, das wusste ich nicht. Für mich zählte in diesen Augenblicken, dass ich ihn erledigt hatte.
Schweißüberströmt und eklig nach diesem glitschigen Zeug stinkend, ließ ich schließlich den Arm sinken. Izzis Diener, ich hatte keinen Zweifel, dass er es war, existierte nicht mehr. Ich konnte aufatmen. Endlich kam ich auch dazu, einen Blick über meinen Sitz nach hinten in den Fond zu werfen.
Dort musste er entstanden sein oder hatte sich zumindest da aufgehalten, denn auf dem Sitz sah ich die nassen Flecken.
Im Wagen wollte ich nicht mehr länger sitzen bleiben. Als ich die Tür aufstieß, sah ich drei Passanten auf dem Gehsteig stehen. Sie mussten meinen Kampf gesehen haben, schauten mich verwundert und auch ein wenig furchtsam an und eilten davon, als sie meinen Blick bemerkten.
Ich ließ erst einmal frische Luft in den Wagen, bevor ich daranging, ihn notdürftig zu säubern. Die vertrockneten Überreste landeten im Rinnstein. Der nächste Regen würde sie in einen Gully spülen. Mich selbst konnte ich nicht reinigen, wahrscheinlich musste auch der Wagen desinfiziert und sehr gründlich gesäubert werden, damit der letzte Rest Gestank ebenfalls verschwand.
Dieses Abenteuer allerdings hatte mir gezeigt, dass meine Gegner nicht schliefen. Sie waren eiskalt und ließen mich nicht aus den Augen. Izzi schien überall zu lauern.
Ich stieg wieder ein und startete. Auf Korsika war ich wirklich gespannt.
***
Sie hieß Colette Monet, war elf Jahre alt, und befand sich bereits seit zwei Wochen in dem Gefängnis.
Oft ist es so, dass Erwachsene eher durchdrehen als Kinder. Natürlich hatte Colette eine wahnsinnige Angst gehabt. Besonders in den ersten Tagen, denn die Männer, mit denen sie zu tun hatte, machten auf sie einen schlimmen Eindruck. Sie waren vom Äußeren her durch die Bank finstere Typen, mit dichten Bärten und harten Augen.
Colette war nie in ihrem Leben geschlagen worden. Sie hatte Angst vor Schlägen, aber die Männer vergriffen sich nicht an ihr. Sie ließen sie in Ruhe.
Drei Tage sprach keiner mit ihr. Das Essen wurde gebracht, und zweimal am Tag führte man sie zu einem Loch, das als Toilette diente. Allerdings nur morgens und abends, so dass Colette nicht sehen konnte, wo sie sich befand.
Irgendwann hatte sich dann doch ein Gespräch mit dem Mann entwickelt, der ihr das Essen brachte.
Schon in der Schule war Colette ein aufgewecktes Mädchen, dem niemand so leicht etwas vormachen konnte. Sie war überall dabei und wegen ihres geringen Körpergewichts nannte man sie nur die Spinne.
Ihr Haar war blond, und die Mutter flocht es immer zu Zöpfen zusammen. Jetzt allerdings hing es strähnig bis auf ihre schmalen Schultern, und Waschgelegenheiten gab es für Colette kaum. Zweimal nur war jemand mit einem Eimer Wasser gekommen.
Zwischen Marcel und Colette hatte sich eine Art Vertrauensverhältnis entwickelt. Colette erzählte, dass ihre Eltern kein Geld hatten. Sie konnten den Banditen nichts geben.
Das wussten die inzwischen auch, und sie suchten nach einer Möglichkeit, das Mädchen loszukriegen.
Dann erreichte sie die Nachricht, dass ein Unterhändler auf dem Wege war. Jaques Carru, der Chef, horchte auf. Gerüchte besagten, dass die Eltern versuchten, einen Teil des Geldes aufzutreiben. So musste Colette eben noch
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