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0203 - Um Mitternacht am Galgenberg

0203 - Um Mitternacht am Galgenberg

Titel: 0203 - Um Mitternacht am Galgenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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du dann, dass es Geister gibt?«
    »Weil es mir andere erzählt haben.«
    »Toll.«
    »Das finde ich gar nicht. Mit Geistern und Geschöpfen der Nacht sollte man nicht scherzen.«
    »Ach, das sind nur Geschichten.«
    »Nein, nein, meine Kleine. Es gibt die Geister, und sie sind sehr gefährlich.«
    »Das glaube ich nicht.« Colette Monet blieb stehen. »Du hast den Galgenberg doch oft gesehen oder?«
    »Ja.«
    »Waren da Geister?«
    »Geister sind unsichtbar. Sie leben im Berg.« Marcel bückte sich, legte seine breiten Hände auf die schmalen Schultern des Mädchens und schaute es an. »Manchmal, wenn es sehr still ist, hört man plötzlich ein Heulen«, erzählte er mit flüsternder Stimme. »Dann weiß man, dass die Geister erwacht sind.«
    »Das ist der Wind!«
    »Nein, Colette. Ohne Wind. Glaube mir. Das Heulen entsteht ganz plötzlich.«
    »Auch in dieser Nacht?«
    »Möglich. Das kann man nie so vorhersagen.«
    »Ich will den Berg sehen.« Colette riss sich los und rannte davon. Sie nahm den Weg, der zum Talende führte, denn von dort hatte sie einen guten Blick auf die nahe Bergwelt.
    Marcel fluchte. »Diese Wildkatze!« schimpfte er, doch seinem Tonfall war anzumerken, dass er es nicht so ernst meinte. Schnell konnte Colette nicht laufen. Marcel würde sie immer einkriegen. Aus diesem Grunde beeilte er sich nicht allzu sehr.
    Da blieb Colette auch schon stehen. Von ihrem Platz aus konnte sie den Galgenberg sehen. Auf einmal schrie sie. »Marcel, Marcel! Komm! Beeil dich!«
    Der Bandit rannte. Er brauchte ein paar Sprünge, um das Mädchen zu erreichen. Da wurde ihm klar, weshalb Colette so geschrien hatte. Auch ihm lief es kalt über den Rücken.
    Es war ein seltsam helles Nachtlicht, und deshalb hob sich der Galgen auf dem Berg besonders scharf ab. Das Gerüst selbst sah aus wie immer. Nur mit der Schlinge stimmte etwas nicht.
    In ihr baumelte ein Mann…
    ***
    Marcels Handflächen wurden feucht. Der Schweiß drang aus den Poren, sammelte sich und lief bis an seine Finger. Trotz der Entfernung erkannte er den Mann am Galgen.
    Es war Pal! Sein typischer Körperbau war einfach nicht zu übersehen, denn er hatte einen leichten Buckel. Im Tal war der Wind so gut wie eingeschlafen, oben auf der Bergkuppe blies er noch, und der Erhängte schaukelte von einer Seite zur anderen.
    »Gütiger Himmel!« flüsterte Marcel und schlug hastig ein Kreuzzeichen. »Die Geister sind zurückgekommen.«
    Er merkte kaum, dass sich Colette fest an ihn klammerte. Das Mädchen zitterte wie Espenlaub. Auch sie konnte den Anblick nicht verkraften. Klar und deutlich, als wäre die Szene ein Scherenschnitt, so hob sich die Gestalt mitsamt dem Galgen von der Bergkuppe und von dem bläulich schimmernden Himmel ab.
    Colette schluchzte auf. »Ich… ich habe Angst«, flüsterte sie.
    Marcel nickte. Mit fahrigen Bewegungen wischte er seine Hände an der Hose ab. Sprechen konnte er nicht, die Furcht saß einfach zu tief. Sie schnürte ihm die Kehle zu.
    »Wir… wir müssen weg«, sagte Colette. »Schnell, komm…«
    Diesmal hatte der Bandit nichts dagegen. Allerdings mussten sie noch einmal zur Hütte, weil Marcel einen Mantel mitnehmen wollte. Die Nächte in den Bergen waren verflucht kalt, und der Frost breitete sich jetzt schon aus.
    Der Bandit hielt Colette an der Hand gefasst, als sie rannten, die Hütte betraten und Marcel seinen gefütterten Mantel aufnahm. Er fand auch noch eine Decke, die er der kleinen Colette in die Hände drückte. »Wenn es dir zu kalt wird, leg sie über.«
    Das Mädchen nickte.
    Marcel dachte auch daran, sein Schnellfeuergewehr mitzunehmen, ließ jedoch davon ab, die Waffe war schwer und konnte auch hinderlich sein.
    »Komm«, drängte er.
    »Wo sollen wir denn hin?«
    »Wir verlassen die Berge, gehen ins Dorf und von dort aus weiter. Ich bringe dich in die Stadt, wo es ein Telefon gibt.«
    »Hast du auch Geld, um zu telefonieren?«
    »Ja, ein wenig schon.«
    Die beiden hielt nichts mehr in der Hütte. Marcel hatte mit dem sicheren Instinkt eines jahrelang Gehetzten gespürt, dass sich Ereignisse anbahnten, die ihn und das Mädchen überrollen konnten. Er wollte auf keinen Fall zwischen die Mahlsteine geraten, deshalb mussten sie von hier verschwinden.
    »Kennst du den Weg?« wollte Colette wissen.
    »Klar. Er ist aber weit. Hoffentlich bist du nicht zu müde, mein Kleines.«
    »Nein, nein, ich schaffe es.«
    »Wenn du nicht mehr kannst, verstecken wir uns und machen eine Pause.«
    Colette nickte. »Wie in

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