0203 - Um Mitternacht am Galgenberg
nicht viel am Hut. Die Blicke wurden auch böse und ärgerlich.
Ich hatte das Gefühl, dass man uns die Schuld an dem Zustand des Pfarrers in die Schuhe schob.
»Was machen wir?« fragte Bill.
»Wir müssen zum Galgenberg«, erwiderte Ty Everett. »Daran geht kein Weg vorbei.«
Der Meinung waren wir alle.
»Wie lange wird die Fahrt Ihrer Ansicht nach dauern?« wollte ich noch wissen.
»Wenn wir schnell fahren, vielleicht zwei Stunden«, lautete die Antwort.
»Und Sie kennen den Weg?«
»Ja, ich wollte mich dort mit Carru treffen, um über die Freilassung des Mädchens zu verhandeln.«
»Gut, Mr. Everett, fahren wir.«
Der Range Rover stand nur ein paar Schritte entfernt. Wir stiegen ein und nahmen die gleichen Sitzpositionen ein wie zuvor. Als der Motor ansprang, gingen die Menschen, die in Fahrtrichtung des Rovers standen, zur Seite. Wie helle Geisterfinger fuhr das Licht der Scheinwerfer über ihre Gestalten.
Ty Everett fuhr langsam über den kleinen Platz vor der Kirche. Er bog wieder in die Gasse ein.
Sie lag dunkel vor uns. Hinter einigen Fenstern allerdings sah ich einen schwachen, zuckenden Schein. Die Menschen hatten Lampen oder Kerzen angezündet. Jeder im Dorf schien durch das Ereignis aufgeschreckt worden zu sein.
Ty erklärte uns, dass wir auf die Hauptstraße mussten, dann durch den Ort fahren, um auf die Straße zu kommen, die direkt in die unwegsamen Berge führte.
An der Einmündung der Gasse stoppte Ty Everett. Er drehte das Lenkrad nach links, und wir bogen in die ungepflasterte Hauptstraße ein.
Sehr eng standen die Häuser beieinander. Sie waren auch nicht hoch und besaßen flache Dächer.
Aus manchen Kaminöffnungen quoll Rauch.
Die Straße war menschenleer. Vor manchen Häusern sahen wir schmale Gehsteige, auch dort hielten sich keine Einwohner auf, um uns an- oder nachzusehen.
Das gesamte Kaff erinnerte mich an den kleinen Ort in Sizilien, wo Suko und ich den Kampf der schwarzen Engel erlebt hatten. Nur war es hier noch ärmlicher. [4]
Nach ein paar Metern stoppte Everett.
»Was haben Sie?« fragte ich.
»Die Sache gefällt mir nicht«, erklärte er. »Sie gefällt mir ganz und gar nicht.«
»Wieso?« wunderte sich Bill.
»Es ist kein Mensch zu sehen. Denkt doch mal nach. Wie war das denn auf dem Platz vor der Kirche. Da kamen sie angelaufen. Normalerweise hätten sie auch hier sein müssen.«
»Stimmt«, meldete sich Suko neben mir.
Auch ich hatte kein gutes Gefühl. Wenn ich so nachdachte, lag da einiges im Argen. »Was vermuten Sie?« fragte ich Ty Everett.
Der Reporter drehte sich kurz zu mir um. »Keine Ahnung, Oberinspektor. Möglicherweise eine Falle?«
»Wir könnten aussteigen«, schlug Bill vor.
Ty schüttelte den Kopf. »Willst du auf dem Präsentierteller stehen, mein Junge?«
»Nein, das auch nicht.«
»Eben.«
Ich schaute aus dem Fenster. Die Scheibe war schmutzig. Staub und getrockneter Matsch hatten eine regelrechte Kruste auf das Glas gelegt.
Mein Blick glitt auch nicht auf die Straße, sondern über die Hausfassaden an der rechten Seite. Die Fensteröffnungen in den Wänden waren dunkle, viereckige Löcher. Irgendwie wirkten sie unheimlich in dieser Atmosphäre des Abwartens.
Ich schaute höher und erfasste auch die Dächer der Bauten. Wie ich schon erwähnte, waren sie flach, und nur die Schornsteine stachen wie lange Finger aus ihnen hervor. Jedes Dach besaß eine Brüstung, die im Maximum Kniehöhe erreichte.
Und dann sah ich die Gestalt. Sie löste sich hinter einem Schornstein, der ihr als Deckung gedient hatte. Genaues konnte ich nicht erkennen, ich sah nur, wie sich die Gestalt stark geduckt hielt und seltsam bewegte. Und sie hatte eine Waffe in der Hand. Ein Gewehr!
Die Falle!
Verdammt, ich hatte es geahnt. Und jetzt hatte sie zugeschnappt, denn als ich den Kopf drehte und an Suko vorbeiblickte, erkannte ich auch auf dem gegenüberliegenden Dach einen Bewaffneten.
Im gleichen Augenblick hatten Bill und Ty Everett die Männer bemerkt.
»Reingefallen!« schrie Everett wütend.
»Fahren Sie!« rief ich aus dem Fond.
Everett wollte Gas geben. Wir hatten uns zu sehr auf die Dächer konzentriert und dabei Haustüren und Fenster außer acht gelassen. Da steckten sie ebenfalls. Wir merkten es mit allzu brutaler Deutlichkeit, denn in einem Türrechteck donnerte eine Schrotflinte los…
Wir alle sahen die fußlange Flamme, die aus dem Mündungsloch stach. Die Entfernung zwischen dem Schützen und dem Range Rover reichte für einen Treffer
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