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0203 - Um Mitternacht am Galgenberg

0203 - Um Mitternacht am Galgenberg

Titel: 0203 - Um Mitternacht am Galgenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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einflößte.
    Trotz der schlechten Lichtverhältnisse erkannte Marcel fast jede Einzelheit. Die menschliche Körperform hatte er noch behalten. Auch Arme und Beine erschienen normal, der Schrecken begann beim Kopf. Zwar saß er nach wie vor auf dem Hals, doch Augen, Nase und Ohren schienen nur Zierstücke zu sein, sie hatten mit dem übrigen Kopf gar nichts mehr zu tun.
    Auch die Haut war nicht so, wie sie hätte sein sollen. Dünn wie eine Wasserschicht präsentierte sie sich dem Betrachter, und unter ihr, da quoll und bewegte es sich. Unzählige kleine Würmer ringelten durcheinander wie ein gewaltiges Knäuel, das nur auf den Funken wartete, um zu platzen.
    Die Augen saßen nicht in der Haut, sondern darauf. Sie schienen von innen her hinausgedrückt worden zu sein und wirkten wie gläserne Kugeln.
    Dass es Pal war, erkannte sein Kumpan nur an der Kleidung, vom Gesicht her nicht.
    Marcel hatte viel in seiner Laufbahn erlebt. Er war hart geworden, und er hatte auch schon auf Polizisten geschossen, die ihn in die Enge trieben. Vor nichts fürchtete er sich, doch als er Pal sah, da bekam er es mit der Angst zu tun.
    Dieses Monstrum war zu grausam. Es personifizierte den Schrecken an sich, und Marcel dachte automatisch an die alte Legende, die sich um Izzi rankte.
    Izzi war ein Riesenwurm, und Würmer quollen auch im Kopf des Mannes. Demnach war er ein Opfer des Dämons Izzi geworden und gehörte nun zu seinen Dienern.
    Grauenhaft…
    Pal war nicht weitergegangen. Er stand auf dem Weg, hatte den Rücken durchgebogen und nahm so eine steife Haltung ein. Seine Hände öffneten und schlossen sich krampfhaft, und als er jetzt die grünlich schimmernden und durchsichtig wirkenden Lippen öffnete, drangen ebenfalls kleine Würmer daraus hervor. Sie quollen über seine Unterlippe, fanden ihren Weg zum Hals und liefen daran nach unten, um im Hemdausschnitt zu verschwinden.
    »Pal!« flüsterte Marcel nach einer Weile und nachdem er sich von dem Schock erholt hatte. »Was ist mit dir geschehen? Was haben sie mit dir gemacht?«
    »Ich gehöre Izzi!« Dumpf und abgehackt drangen die Worte aus dem Mund des Mutierten.
    »Lebt Izzi?«
    »Ja.«
    »Wo?«
    »Am Galgenberg. Und er kommt zurück. Hier entstand er, hier holt er sich die Menschen.«
    »Aber du hast am Galgen gehangen. Du kannst nicht leben. Du musst tot sein.«
    »Ich habe mich selbst aufgehängt.«
    »Und warum?«
    »Weil ich Izzi zeigen wollte, dass ich sein treuer Diener bin. Ich habe ihm dies bewiesen und bin für ihn in den Tod gegangen, doch seine Magie ließ mich nicht sterben, ebenso wenig wie die anderen. Auch sie gehören Izzi. Jeder von uns gehört ihm. Nur du noch nicht, aber wir werden dich holen. Ich hole dich.«
    Auf die letzten Sätze achtete Marcel nicht. Ihm spukte etwas anderes im Kopf herum.
    Was hatte Pal gesagt? Die anderen auch? Wenn er recht behielt, dann liefen die Banditen und auch Jaques Carru, ihr Anführer, ebenso herum. Das durfte nicht wahr sein!
    Nur - welchen Grund hatte Pal zu lügen? Keinen. Und die anderen waren sicherlich schon im Dorf, um aus den ahnungslosen Menschen ebenfalls Izzi-Diener zu machen.
    Er, Marcel, war der letzte Mensch oder das letzte menschliche Wesen in diesem verfluchten Gebirge, denn dass die Bewohner des Dorfes noch existierten, daran wollte er nicht glauben.
    Und Colette? Er warf einen schnellen Blick nach links. Dort hockte die Kleine im Schatten der Felswand. Auch sie musste den Unheimlichen gesehen haben. Sie rührte sich zwar nicht und sagte auch nichts, aber in ihrem Gesicht, das bleich aus der Dunkelheit leuchtete, stand die Angst geschrieben.
    Marcel begann eiskalt zu überlegen. Er wollte auf keinen Fall so enden oder aussehen wie Pal. Und Colette durfte dieses grausame Schicksal ebenfalls nicht erleiden. Noch befanden sich die anderen Banditen weit genug weg, so dass er es wirklich nur mit einem Gegner zu tun hatte. Und er, Marcel, war bewaffnet.
    »Nein, Pal!« flüsterte er rauh. »Nein und nochmals nein. Du bekommst uns nicht. Wir werden keine Diener dieses schrecklichen Dämons, das verspreche ich dir.«
    Pal lachte blubbernd. »Es bleibt euch gar nichts anderes übrig«, erklärte er. »Izzi will jeden - Izzi bekommt jeden!«
    »Mich nicht!« brüllte Marcel, und er warf sich nach vorn. Mit dem gezückten Messer drang er auf seinen ehemaligen Komplizen ein. Auf den Körper zielte er erst gar nicht, er nahm sich den mutierten Schädel vor, weil er dort die empfindlichste Stelle des Monstrums

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