0203a - Wir standen auf der Abschußliste
zutreffen konnte.
»Ich geh schon mal ’rüber und laß unseren Freund raten, Phil. Du kannst ja inzwischen weitermachen.«
Bevor er eine unfreundliche Bemerkung anbringen konnte, war ich auf dem Weg in mein Office. Ich rief die Auskunft an und bat, den Dienstmann ’raufzuschicken.
Als er erschien, legte ich ihm die Auswahl der Dreierstreifen vor. Ein paarmal stutzte er, doch dann schüttelte er wieder den Kopf. Ein Bild schaute er sich besonders lange an, aber dann legte er es wieder beiseite.
»Nein, Sir«, sagte er bedauernd, und man konnte ihm anmerken, wie leid es ihm tat, »da ist er nicht bei.«
»Sind Sie ganz sicher?« fragte ich, aber er nickte sehr bestimmt mit dem Kopf.
Phil kam ’rein und meinte optimistisch: »Habt ihr ihn schon oder braucht ihr noch mehr Bildchen?«
Statt einer Antwort nahm ich ihm den neuen Packen ab und begann wieder, die Bilder einzeln vorzulegen. Bereits beim dritten sprang unser Dienstmann auf und wurde ganz aufgeregt über seine Entdeckung. »Da… da… das ist er. Ganz sicher. Da ist auch die kleine Narbe am Kinn.«
Es war das Bild von Harry O’Brian. Laut Dreierstreifen war O’Brian bereits einschlägig vorbestraft. Er befand sich aber seit zwei Jahren wieder in Freiheit, nachdem dei Rest einer zehnjährigen Zuchthausstrafe vorläufig auf Bewährung ausgesetzt worden war. Ein Mord, drei nachgewiesene Erpressungen, davon zwei als Bandenverbrechen und noch ein paar Delikte gingen auf sein Konto.
Nachdem ich dem Dienstmann gedankt und ihn hinausbegleitet hatte, rief ich beim Erkennungsdienst an. »Hallo, Bill. Also doch Hellseher!«
»Ja, Phil hat mir schon erzählt. Du siehst also, daß wir doch was können.«
»Das kannst du jetzt beweisen, wenn du mir schnellstens die Adresse von diesem O’Brian besorgst.«
»Kriegst du, Jerry. Nimm dir mal ’nen Bleistift und ein Stück Papier!«
Ich dachte erst, mein Kollege wollte mich auf den- Arm nehmen, bis es ziemlich ungeduldig aus dem Hörer klang: »Bist du fertig? Also: Harry O’Brian, 162. Straße 2051, New York.«
Etwas zweifelnd sagte ich: »Wiederhole doch noch mal und verrate mir auch, wie du so schnell an die Adresse gekommen bist.«
»Eigentlich sollte ich dich ja zappeln lassen. Aber als Phil eben mit dem Streifen kam, konnte ich mir denken, daß du als nächstes nach der Adresse fragen würdest.«
Als ich den Hörer auflegte, lächelte Phil: »Na, wollen wir uns den Burschen doch mal anschauen.«
Ich selbst sprinterte ins Büro des Chefs und legte ihm die Fakten dar. Eigentlich wollte ich keine weiteren guten Ratschläge von ihm, sondern einen Haftbefehl, und das war schon etwas schwieriger. Aber es ging schließlich dann doch. Nun konnte eigentlich nichts mehr schiefgehen.
Aber leider sollte es ganz anders kommen, als ich gedacht hatte.
***
Ich war einigermaßen erstaunt, als wir vor dem Haus- Nr. 2051 in der 162 Straße ankamen. Nicht allein weil die Gegend und das Appartement-Haus noch feudaler aussahen, als ich mir das vorgestellt hatte, sondern weil auf dem kleinen Vorplatz vor den Garagen ein schwarzer Buick stand.
»Ich werde verrückt, Jerry«, wunderte sich auch Phil, während er den richtigen Sitz seiner Schulterhalfter prüfte. »Der Onkel wohnt also wirklich hier und ist anscheinend sogar zu Hause.«
»Erst mal abwarten«, riet ich ihm, »es laufen noch mehr schwarze Buicks in New York ’rum.«
Vorsichtshalber fuhr ich mit dem Jaguar einen halben Block weiter, und wir gingen getrennt auf das Haus zu. Ich blieb in Höhe des Buick stehen und sah mir auf einen Blick die Klinke auf der Fahrerseite an.
Ein Stück war abgebrochen!
Ich schlenderte auf die Haustür zu und nickte Phil bejahend zu. Er hatte inzwischen die Namensschilder studiert.
»Sechster Stock«, raunte er mir zu.
Die Haustür war nur angelehnt, wir brauchten also niemanden herauszuklingeln. Bei O’Brian wollten wir uns jetzt selbstverständlich noch nicht anmelden. Die meisten Häuser dieser Art haben normalerweise einen Hausmeister, der gleichzeitig auch Portier spielt, aber hier schienen Eigentümer und Bewohner ohne einen solchen Posten auszukommen. Ich kann mir vorstellen, daß dies von O’Brian nicht gerade als unangenehm empfunden wurde.
Sonst war für die Bequemlichkeit aber alles getan, denn neben der Treppe war der Aufzug. Ich dirigierte Phil zur Treppe und holte' für mich den Lift herunter.
»Altes Faultier«, fauchte er.
Ich fuhr bis zum siebten Stock und schickte den Aufzug durch einen Knopfdruck
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