0204 - Herr der Grünen Hölle

Titel: 0204 - Herr der Grünen Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael

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landete.
    Sollten großmächtige Zauberkünste im Spiel sein? Waren am Ende die Worte des Huitzilopochtli nicht wahr, wenn er behauptete, daß er die stärkste Gottheit sei, die noch lebe?
    Hatte der Nährer und Erhalter des Dorfes je ein solches Luftfahrzeug sein Eigen genannt?
    Aber da - etwas öffnete sich an dem silbrigen Riesengebilde. Awama-Loas Vogel öffnete ein Auge. Und heraus blickte - das Gesicht eines Menschen.
    Eines Menschen mit blasser Hautfarbe. Und mit Haaren, die gelb waren wie das Gras, wenn es in der Hitze der Trockenzeit verdorrt. Einer von denen, die er und sein ganzes Volk zu töten geschworen hatte.
    Das Volk der Yanoa-Indios würde seinem Götzen wieder ein Blutopfer darbringen. Und sich am Fleisch des sicherlich kräftigen Opfers wieder einmal richtig satt essen.
    Aus den weitgeöffneten Lippen Lomacs schrillte mehrmals der Schrei eines Nachtvogels. Endlich - endlich hörte er aus weiter Ferne eine Antwort. Und er wußte sofort Bescheid, denn dieser Ruf war nicht besonders gut imitiert.
    Niemand, der den Dschungel nicht kennt, hätte Verdacht geschöpft. Aber das Geschrei eines Nachtvogels, wie ihn Lomac nachmachte, ist am Tage unmöglich. Und die Antwort sagte ihm, daß sein Stamm die Botschaft vernommen hatte.
    Sein Volk beschritt den Pfad des Krieges. Und die Weiber würden spitze Holzspieße schnitzen, an denen das Fleisch über dem Feuer gedreht würde.
    In Lomacs Augen spiegelte sich diabolische Vorfreude.
    ***
    »Und was jetzt, Zamorra?« fragte Michael Ullich. Sein Gesicht glich einer gekalkten Wand. Auch Zamorra hatte alle Farbe verloren. Ein kurzer Blick aus den Fenstern des Cockpit und der Gedanke an die Größe des Wasserfalls ließen seine Laune auf den Nullpunkt rutschen. Langsam aber stetig zog sie die Strömung den Katakaten zu, wo das Wasser gurgelnd zwischen mehreren Felsspitzen hindurchschoß um dann in den gähnenden Abrund zu stürzen.
    Sollte der Sensenmann seine Opfer doch noch bekommen? Hatte der Tod nur ein grausiges Katz- und Maus-Spiel mit ihnen gespielt?
    »Wir können nur noch beten und… halt, das könnte gehen!« sprang Zamorra auf. »Die Luke auf, Micha. Ich muß hinaus!«
    »Was hast du vor?« fragte der Versicherungsagent, indem er bereits die Riegel beiseiteschob. Hatte dieser Fuchs Zamorra noch eine Möglichkeit gefunden?
    »Es ist nur ein Versuch«, sagte der Parapsychologe leise, während er die Tragfläche des Flugzeuges betrat. »Wie du sicherlich nicht weißt, gibt es die Mächte des Übersinnlichen wirklich. Und ich kenne manche Beschwörung, die Kräfte des Übernatürlichen herbeiruft.«
    »Und zu wem willst du um Hilfe rufen?« fragte Michael Ullich gespannt. »Zum Teufel etwa…«
    »Ich will versuchen, uns die Elementargeister geneigt zu machen. Es gibt da uralte Beschwörungen und Anrufungen, die… später davon mehr… wenn wir die Sache überlebt haben. Ich brauche jetzt absolute Ruhe. Ach, Micha. Ein Gebet zu der Kraft, die alles regiert, kann wirklich nicht schaden.«
    Michael Ullich nickte und schwieg. Nicole, die gerade die Pilotenkanzel betrat, sah ihren Chef auf der Tragfläche stehen, die Arme zum Himmel erhoben. Die Fragen blieben ihr im Halse stecken.
    Sie hörte die singsangartige Tonfolge, die Professor Zamorras Mund entströmte, vernahm Worte, die mit keiner lebenden Sprache auch nur einen Schimmer Identität hatten. Aber ein Schauer von Alter lag über diesen Worten. Und Nicole Duval ahnte, daß Zamorra, der nur im äußersten Notfall Zuflucht zu seinem Können auf dem Gebiete der Weißen Magie nahm, nun einen Schutzgeist aus dem Bereich des Guten um Rettung anflehen würde.
    Sie ahnte nicht, welch gefährliches Experiment der Parapsychologe in Wirklichkeit wagte. Denn einen Geist höflich um Hilfe zu bitten, das kann jeder, der auch nur die niedrigsten Grade der Einweihung trägt. Denn die Geister erscheinen dann nur, wenn sie bei Laune sind. Und ob sie dann helfen, liegt ganz in ihrem Ermessen. Da sie gewissen Situationen mit anderen Augen als die Sterblichen sehen, sehen sie selten einen Grund zum Eingreifen.
    Professor Zamorra wußte, daß er keine Zeit hatte, mit irgendeinem Geist in der Zwischenraumzone ein Geplänkel anzufangen und ihn lang und breit zu bitten, den Hilfesuchenden seine schützende Hand zu reichen.
    Eher wäre das Flugzeug den Wasserfall hinuntergeschossen, bevor ein Geist auf gutwillige Bitte das getan hätte, was der Mensch unter dem Begriff ›den kleinen Finger krümmen‹ kennt.
    Der Parapsychologe