0206 - Das Vampirnest
John?«
»Einer unserer besten Freunde hat angerufen, Logan Costello. Wir scheinen mit unserem Verdacht gar nicht mal verkehrt zu liegen.«
»Also doch.«
»Er wollte wissen, wie sich jemand fühlt«, murmelte ich.
»Damit kann nur Hillary gemeint sein.«
»Ja, bestimmt, Aber er hat noch etwas gesagt. Etwas sehr Seltsames sogar. Er sprach von einem Weißkittel, der ihn reingelegt hat.«
»Weißkittel?« Suko hob die Schultern.
Ich legte den Hörer auf und verließ das Zimmer. »Ja, ein Weißkittel. Kennst du die nicht?«
»Nein.«
»So werden auch die Ärzte genannt.«
Suko pfiff durch die Zähne und sprach das aus, was ich dachte. »Dr. Easton.«
»Genau, Bruder. Der gute Doc, der uns schon so seltsam vorgekommen ist. Das wird ein Fest.«
»Wie meinst du das?«
»Er läßt doch eine Party steigen.«
»Wie ich dich kenne, wirst du die Feier als ungebetener Gast besuchen«, grinste der Chinese.
»Und nicht allein. Du gehst mit.«
»Sollen wir sofort…?«
Ich schüttelte den Kopf. »Die Mordkommission muß her. Die Kollegen sollen den Toten wegschaffen.«
»Und die Frau?«
Da hatte Suko ein Problem angeschnitten. »Wir lassen sie ebenfalls mitnehmen. Sie wird kaum etwas merken, da sie tief und fest schläft. Wenn wir sie ins Krankenhaus bringen und sie erwacht, werden Ärzte in der Nähe sein.«
Dem Vorschlag stimmte Suko zu.
Ich hatte inzwischen Licht gemacht. Das Wohnzimmer war ebenfalls ziemlich klein. Die Möbel hatte man vor dreißig Jahren mal als modern bezeichnen können, jetzt nicht mehr.
Die Nummer unserer Mordkommission kannte ich auswendig. Als der Kollege meine Stimme hörte, stieß er fast einen Tarzan-Schrei aus.
»Nein, nicht schon wieder, Sinclair.«
»Sie brauchen nur einen Toten abzuholen. Und bringen Sie einen Krankenwagen mit, weil noch eine Frau mitgenommen werden muß.«
Verletzt?
»Nein, sie schläft.«
Der Kollege hielt es für einen Witz, und ich sagte: »Sie schläft wirklich, Mann. Aber sie muß unter ärztliche Beobachtung. Das Haus kann versiegelt werden.«
»Geht in Ordnung.«
Ich hielt den Hörer noch in der Hand, als die Glocke über der Haustür anschlug.
Suko stand näher als ich. »Den sehe ich mir an«, sagte der Chinese. Er lief nicht schnell auf die Tür zu, sondern ging langsam und hielt sich dicht an der Wand. Man mußte mit allem rechnen. Auch mit einer MPi-Garbe, die das Holz durch hämmerte.
Mit einem heftigen Ruck riß der Chinese die Tür auf, schaute nach draußen, sah niemanden, ging einen Schritt vor und stolperte fast über einen querstehenden Gegenstand.
Es war ein schwarzer Sarg!
***
John Sinclair befand sich noch im Wohnraum. Suko glaubte im ersten Augenblick, einer Täuschung erlegen zu sein, dann jedoch wurden seine Augen groß.
Das war tatsächlich eine Totenkiste.
Aber wer hatte sie abgestellt? Und, wo war der Unbekannte? Weit konnte er nicht verschwunden sein, denn seit dem Klingeln waren erst einige Sekunden vergangen.
Suko schaute die Treppe hinab, sah die Straße, wo der Bentley am Ende einer Kurve stand, und davor einen dunklen Lieferwagen, von dem ein Geräusch aufklang, das fatal an das Schlagen einer Autotür erinnerte.
Dann heulte der Motor.
Mit einem gewaltigen Satz setzte der Chinese über den Sarg hinweg, hörte nicht mehr die Rufe seines Freundes sondern wollte den Kerl packen, der das makabre Geschenk vor die Haustür gestellt hatte. Wenn er sich beeilte, holte er den Lieferwagen noch ein.
Suko schien über den Boden zu fliegen. Er erinnerte an einen hastenden Schatten in der Dunkelheit. Als das Fahrzeug, das halb auf dem Bürgersteig stand, die Straße erreichte, hatte Suko es schon fast eingeholt.
Er legte noch mehr zu.
Jetzt sah er das Heck. Die Rückleuchten glühten wie rote Augen. Das Fahrzeug war ein Volvo-Kombi, und es besaß sogar einen Dachreiter, wie Suko erkennen konnte.
Ob der Fahrer ihn im Rückspiegel gesehen hatte, wußte der Chinese nicht. Er durfte den anderen nur nicht entkommen lassen.
Noch drei lange Schritte - Sprung!
Suko flog durch die Luft, prallte gegen die hintere Tür und bekam die Enden des Dachreiters mit beiden Händen zu packen.
Da beschleunigte der Fahrer!
***
Die Sache mit der Frau hatte ihn verdammt Zeit gekostet, aber es mußte sein. Schließlich gehörte Jack Hillary zu den Leuten, die die neue Pille probieren sollten. Er hatte sie genommen. Und wie.
Dr. Cliff Easton lachte lauthals, als er hinter dem Lenkrad seines Jaguars saß. Deutlich erinnerte er sich an den
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