0207 - 1:0 für einen Gangster
jetzt klarer. Der Mann, der Grace Bossert abgeholt hatte, war derselbe, der mich in Hester Harveys Zimmer im »Irving Hotel« niederschlug. Dadurch war eine Verbindung zwischen dem Mord an Blecker und dem Erpresserrackett hergestellt.
Ich fuhr denkbar schlechter Laune ins Office zurück, wo Phil gerade angekommen war.
***
Bericht von Phil Decker.
Wie verabredet, begab ich mich um neun Uhr nach der 94. Straße zum Haus des Ehepaares Blecker. Mrs. Blecker schlief noch, und der Butler - die Herrschaften haben tatsächlich einen Butler - wollte mir den Eintritt verweigern. Ich musste schweres Geschütz auffahren, bis er mich einließ und in Bleckers so genanntes Arbeitszimmer führte. Dieses ist ein großer, mit barbarischer Eleganz ausgestatteter Raum.
Die Perserteppiche sind ebenso echt wie die antiken Möbel und die Bilder an den Wänden, aber alles ist geschmacklos. Der Schreibtisch ist so groß wie ein mittlerer Flugzeugträger, und die Bar, die dicht daneben steht, dürfte für ein erstklassiges Restaurant genügen.
Auf der Schreibtischplatte lag eine pompöse Schreibmappe, in der sich aber nichts befand als ein Stapel unbeschriebener Bogen und Umschläge. Zwischen zwei Bücherstützen stand eine ganze Reihe von finanztechnischen Werken, unter ihnen aber auch ein Fachbuch über Diamanten und sonstige Edelsteine.
Auch ein Strafgesetzbuch mit dem Kommentar eines bekannten Rechtsanwalts war vorhanden. Im Übrigen war der Schreibtisch leer, und die Schubladen und Schränkchen waren verschlossen. So weit war ich gekommen, als die Tür mit einem Ruck aufflog. Auf der Schwelle stand Mabel Blecker in einem weiß seidenen, bestickten chinesischen Schlafrock und dazu passenden Pantöffelchen. Nur ihre übrige Aufmachung passte absolut nicht dazu. Sie war anscheinend gerade aus dem Bett gekommen. Sie war ungewaschen, unfrisiert und ohne eine Spur Make up.
Außerdem war sie wütend, und das trug nicht gerade dazu bei, ihr ein vorteilhaftes Aussehen zu geben. Wenn sie gestern wie eine Dreißigerin ausgesehen hatte, so schien sie über Nacht um zehn Jahre gealtert zu sein. Ihre Gesichtshaut war schlaff, grau und ungesund. In den Augenwinkeln hatte sie unzählige Fältchen. Kurz, sie machte genau den Eindruck, den man bei einer zu früh verblühten Frau voraussetzt.
»Was tun Sie hier?«, schrie sie mich an. »Wenn Sie nicht augenblicklich verschwinden, so werde ich Sie durch mein Personal hinauswerfen lassen.«
Ich ließ mich keineswegs aus der Ruhe bringen und grüßte zuerst einmal mit einem freundlichen »Good morning.« Dann machte ich ihr klar, dass sie keinerlei Recht habe, mich aus dem Haus zu weisen.
»Sie vergessen, Mrs. Blecker, dass Ihr Mann ermordet wurde und wir alles tun müssen, um das Motiv dieses Verbrechens zu finden. Dazu gehört auch, dass wir die Papiere von Mr. Blecker einer Prüfung unterziehen. Ich bitte Sie deshalb, mir die Schlüssel zu seinem Schreibtisch auszuhändigen.«
»Larrys Schlüssel?«, antwortete sie gedehnt und offenbar ehrlich erstaunt. »Die muss er doch in der Tasche gehabt haben.«
»Mr. Blecker hatte merkwürdigerweise keinerlei Schlüssel bei sich. Ich setzte deshalb voraus, dass sie sich hier im Haus befinden müssen«, gab ich zurück.
»Dann hat sie ihm diese Schlüssel eben weggenommen«, behauptete sie.
»Wer hat sie ihm weggenommen?«
»Wer anders als das Weib, das ihn umgebracht hat.«
Ich wusste genau, wen sie meinte. Entweder sie hatte es immer noch nicht aufgegeben, den-Verdacht auf Hester Harvey zu lenken, oder sie glaubte wirklich, dass das Mädchen die Mörderin war.
»Ich habe keine Lust, mich mit Ihnen zu streiten«, sagte ich. »Ich werde jetzt einen Schlosser bestellen und den Schreibtisch öffnen lassen.«
»Unterstehen Sie sich«, drohte sie. Und dann riss sie den Hörer vom Telefon und wählte.
Ich setzte mich inzwischen in einen Sessel und hörte zu.
»Hallo, Charly! Hier spricht Mabel… ja, Mabel Blecker. Vorhin ist einer der Schnüffler gekommen die ich gestern bei der Polizei traf. Er will mich zwingen, ihn an Larrys Schreibtisch zu lassen. Er verlangte von mir die Schlüssel, die ich aber nicht habe, und jetzt will er einen Schlosser holen.«
Ich vernahm eine blecherne Stimme aus dem Hörer, ohne etwas verstehen zu können. Jedenfalls redete Mr. Warden recht lange.
»Go, to hell«, zischte die Frau zum Schluss und legte auf.
»Nun, hat Ihr Anwalt sie eines anderen belehren können?«, erkundigte ich mich.
»Den Teufel hat er. Machen
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