0207 - Der Mann, der nicht sterben konnte
holte, da hat es sich einfach so ergeben.«
»Einfach so?«
»Ja, genau.«
»Sicher, warum auch nicht?«
Ich bohrte Suko meine Faust in die Hüfte. »Du hast wieder Nachtischgedanken. An was du denkst, das war es nicht – oder?«
Ich schaute Glenda an, die noch immer einen hochroten Kopf hatte.
»Habe ich da ein leider gehört?« murmelte Suko.
Jetzt drehte sich Glenda um und verschwand. Suko und ich lachten. Der Chinese meinte. »Irgendwann muß es ja einmal kommen.«
»Was?«
»Na das.«
»Ach, hör auf.« Ich setzte mich, verzog das Gesicht, weil ich Stiche bekam.
Dann griff ich zum Telefonhörer. An der Zentrale sollte man mir die Nummer der Klinik raussuchen, in der die beiden Gedanken-Killer untergebracht waren.
Um es vorweg zu nehmen. Alles klar. Den beiden ging es gut, es gab keinerlei Probleme.
»Wir haben es demnach mit einem anderen Phänomen zu tun«, stellte ich fest.
»Ist er ein Zombie?« fragte Suko.
»Nicht im eigentlichen Sinne. Dann hätte ihn meine Silberkugel erledigt.«
»Was ist er dann?«
»Einer, der nicht sterben kann«, erwiderte ich leichthin und ahnte nicht, wie nahe ich der Wahrheit kam.
Glenda schaute wieder herein. Die Röte auf ihrer Gesichtshaut war verschwunden. »Soll ich dir einen Kaffee bringen, John, und Ihnen einen Tee, Suko?«
»Wäre nicht schlecht«, erwiderte ich, wobei Suko nickte.
»Allerdings haben wir nicht viel Zeit.«
»Beides ist fertig.«
»Du bist ein Prachtmädchen«, lobte ich Glenda.
Sie verschwand lachend. Dann hörte ich die Tür von ihrem Büro.
Sir James kam.
Seine Gewittermiene hatte er nicht aufgesetzt. Er sagte nur:
»Beim nächstenmal lasse ich Sie in eine Gummizelle sperren, John. Da bin ich sicher, daß sie nicht verschwinden.«
»Geht in Ordnung, Sir. Allerdings sollten Sie froh sein, daß ich nicht zu Hause geblieben bin, so gerieten wir an einen Fall, dessen Ausmaße noch nicht zu übersehen sind.«
»Ich hörte, daß der Earl of Rankin davon betroffen ist«, sagte der Superintendent.
»Das ist in der Tat richtig, Sir.«
»Was genau hat er damit zu tun?«
»Ich kann es Ihnen nicht sagen, Sir. Allerdings deutet einiges darauf hin, daß es gegen ihn und seine Familie geht.«
»Bitte, erklären Sie das genauer.«
Ich ließ meinen Chef nicht im unklaren. Glenda brachte Tee und Kaffee. Sie lächelte dabei und zwinkerte mir zu.
Als ich meinen Bericht beendet hatte, war Sir James dafür, dem Adelssitz des Earls einen Besuch abzustatten.
»Wenn etwas geschieht, dann nur dort«, sagte ich.
»Warum fahren Sie nicht?«
»Wir waren schon unterwegs, Sir, aber dann kamen Sie.«
Eine Antwort bekam ich nicht. Der Superintendent holte nur sehr tief Luft. Die Zeit, Glendas Kaffee zu trinken, die nahm ich mir allerdings.
***
Lady Sarah schwieg und schaute nur auf die Leiche, die in der großen halbdunklen Halle einen makabren Eindruck bot, wie sie auf dem Rücken lag und das Messer aus der Brust ragte.
»Großer Lord«, flüsterte Sir Reginald hinter der Horror-Oma.
»Das muß der Kretin Fjodor Rankin sein. Wie soll ich das verstehen?« Er kam einen Schritt vor und stellte sich neben die Frau.
Sarah Goldwyn war der gleichen Meinung. Dieser Typ hatte vor dem Fenster des Cafés gestanden.
Und jetzt lag er hier.
Tot…
Oder nicht? Hatte nicht John Sinclair auf ihn geschossen. Sogar mit einer Silberkugel? Und war der Mann nicht mit der Kugel im Bein weitergelaufen, als wäre nichts geschehen?
Das Geräusch hörte sich an, als hätte der Earl einen Schluckauf bekommen. Es war nur die Folge einer makabren Reaktion, denn die »Leiche« auf dem Boden bewegte sich.
Zuerst hob sie den Kopf an. Es sah gespenstisch aus, wie der angeblich Tote sich hinsetzte, seinen Kopf drehte und die beiden Ankömmlinge teuflisch grinsend anschaute.
Lady Sarah, nie ohne ihren berühmten Stockschirm unterwegs, umfaßte den bleigefütterten Griff stärker.
Neben ihr wurde Sir Reginald blaß. Was er da sah, überstieg auch sein Fassungsvermögen.
Ein Toter stand auf.
Mit einem Ruck befand sich Rankin auf den Beinen und deutete eine spöttische Verbeugung an, wobei das Messer weiterhin in seiner linken Brustseite steckte.
Und dort sitzt das Herz, dachte die Horror-Oma.
»Willkommen zu Hause, mein lieber Vetter Reginald«, grüßte Fjodor freundlich.
»Ich bin nicht Ihr lieber Vetter.«
Fjodor grinste. »Ja, ich vergaß. Du bist ja etwas Besseres. Aber nicht für mich. Wir sind nun einmal verwandt, mein Lieber. Und damit mußt du dich abfinden.
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