0207 - Der Mann, der nicht sterben konnte
darüber, daß du einen Gast bei dir beherbergst. Auch über die beiden anderen Gäste sprichst du nicht.«
Der Earl fand es unter seiner Würde, nachzufragen. Er zog nur ein erstauntes Gesicht, was der Russe wohl bemerkte.
»Du wunderst dich? Dann will ich dich nicht länger im unklaren lassen. Kommt herunter!«
Im Hintergrund der Halle führte eine breite, freischwebende Treppe in die oberen Etagen.
Von dort erklangen Schritte.
Es waren mehrere Personen, die die Stufen hinabgingen. Erst auf der Treppenhälfte waren sie deutlicher zu erkennen.
Zwei Männer näherten sich der Halle. Sie trugen dunkle Anzüge und ebenfalls dunkle Rollkragenpullover. In ihren Händen hielten sie schwere Waffen, ein Zeichen, daß sie zu den Menschen gehörten, die auf Gewalt setzten.
»Es sind Freunde von mir«, erklärte Fjodor Rankin. »Sogar gute Freunde, die mich nach England gebracht haben. Sie stammen aus dem gleichen Land wie ich und werden sich hier ebenfalls häuslich niederlassen, denn der KGB braucht immer Unterstützung.«
Die Horror-Oma und auch der Earl hatten genau verstanden, was damit gemeint worden war.
KGB! Der russische Geheimdienst! Er mischte also auch mit. Und wahrscheinlich war er die treibende Kraft im Hintergrund, dachte Lady Sarah. Die Russen hatten davon erfahren, welches Goldstück sich in ihrem Land befand und setzten nun darauf, daß Rankin in der Fremde für sie spionierte.
Ein teuflisches Spiel…
Der Earl holte ein Taschentuch hervor und tupfte das Blut aus seinem Gesicht. Er schaffte es nicht völlig und verschmierte die rote Flüssigkeit, so daß er ein makabres Aussehen bekam.
»Wie gesagt, das sind meine Freunde«, erklärte der Mann aus Rußland. »Und sie werden genau achtgeben, daß alles so läuft, wie wir es uns vorgestellt haben. Wir sind schon einige Zeit hier und haben uns das Haus angesehen. Ich finde es gut. Es gibt genügend Räume, wo wir uns niederlassen können.«
»Was ist mit dem Personal?« fragte Lady Sarah dazwischen.
»Ach ja, das existiert ja auch noch. Im Moment geht es den Leuten nicht gut«, erwiderte Fjodor. »Wir mußten sie leider ein wenig außer Gefecht setzen. Einer wollte es besonders wissen. Er wehrte sich, und tat sich damit keinen Gefallen. Boris und Nicolai, zeigt ihnen, was mit denen geschieht, die mir nicht gehorchen.«
Die beiden Russen nickten, stiegen auch den Rest der Treppe hinunter und steuerten einen großen Schrank an, der den Platz zwischen zwei Fenstern füllte.
Einer der Russen öffnete die Tür.
Gleichzeitig trat Fjodor Rankin an den Lichtschalter und kippte ihn.
Unter der Decke strahlte der Lüster auf.
In der Halle wurde es hell. So hell, daß die Anwesenden sogar einen Blick in den Schrank werfen konnten.
Dort stand jemand.
Ein Mensch!
Einer der Russen streckte seinen Arm aus. Er faßte den Mann an der Schulter, so daß dieser das Übergewicht bekam und nach vorn kippte. Steif und leblos.
Hart schlug er zu Boden.
»Meine Güte, das ist Edgar!« flüsterte der Earl.
»Ja, es ist Edgar«, wiederholte Fjodor. »Er war ein sehr treuer Diener, wollte für seinen Herrn durchs Feuer gehen. Leider mußte ich ihn töten.«
***
Wir hatten uns erst einmal angeschaut, wo sich der Sitz des Earls überhaupt befand.
Mit diesen Informationen versorgt, fuhren wir in Richtung Westen und verließen London.
Auf der Fahrt waren wir sehr schweigsam. Suko und ich wußten, daß wir es mit einem schrecklichen Phänomen zu tun hatten. Es war ein wahrer Teufelskreis, der von unserem Gegner in Bewegung gehalten wurde. Dessen Augen glänzten in einem mattsilbrigen Ton, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.
Und dieser Mann konnte nicht sterben. Wieso nicht, warum nicht? Er war kein Zombie, denn meine Silberkugel hatte ihm nichts getan. Und die Wunden schlossen sich. Aber er beherrschte die Materie. Er konnte mit ihr spielen, so daß sich in seiner Person der Alptraum vieler Zukunftsroman-Autoren bewahrheitet hatte.
Ein Mann, der die Materie zu seinen Gunsten manipulierte! Wie sollten wir gegen ihn ankommen?
»Denkst du das gleiche wie ich?« fragte Suko, als wir durch die grüne Landschaft rollten.
»Wahrscheinlich.«
»Die Dämonenpeitsche wird wohl nicht viel nutzen«, sagte mein chinesischer Freund und Kollege.
»Glaube ich auch nicht.«
»Wie machen wir es dann?«
»Erst müssen wir ihn haben.«
Suko nickte und meinte: »Weißt du eigentlich, daß du unwahrscheinliches Glück gehabt hast, mein lieber John. Der Kerl hätte nicht nur Gläser
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