0209 - Die Panik kam per Telefon
Wagens hinüberhängen. Aber leider stand ich jetzt in einem Winkel zu ihnen, der mir nicht gestattete, den Tank des Wagens anzuvisieren. Alles, was mir blieb, war, auf den zweiten Posten zu zielen.
Ich drückte ab und wusste sofort, dass ich ihn verfehlt hatte. Die Kugel klatschte mit einem hellen Peng in die Karosserie. Der Kerl brachte sich schnell auf der anderen Seite des Schlittens in Sicherheit.
Ich beobachtete. Ein paar Sekunden lang blieben sie alle in Deckung. Auf einmal schoss hinter dem Wagen ein dünner Strahl hervor. Er plätscherte in die Richtung der Hausecke, von wo aus ich meinen ersten Schuss abgefeuert hatte. Einen Augenblick verstand ich ihr Manöver nicht. Dann sah ich, wie das Benzin auf die Hausecke zufloss. Als sie glaubten, dass es genug wäre, sprang einer plötzlich vor und bückte sich. Es ging so schnell, dass ich keinen Schuss anbringen konnte. Aber als er zurücksprang, war klar, was sie wollten. Der Bursche hatte die zwei Fuß breite Benzinspur knapp vor dem Wagen mit einem Haufen Sand abgegrenzt. Der leere Sack lag daneben. Der Henker mochte wissen, woher sie gefüllte Sandsäcke hatten.
Ein Stück brennendes Zeitungspapier flog über den Wagen hinweg. Sie mussten einen Stein oder sonst was Schweres darin eingewickelt haben, weil es so zielgenau in die Benzinspur klatschte. Mit einem puffenden Whuuuupp entzündete sich das Benzin stichflammenartig. Hätte ich jetzt noch immer an der Hausecke gelegen, wäre mir mindestens ungemütlich heiß geworden.
Sie waren so naiv, mich noch immer an der Ecke zu wähnen, und kamen gleichzeitig langsam hinter dem Wagen hoch, um die Wirkung ihres Feuerwerks zu untersuchen. Ich zielte auf die linke Schulter des Mannes, der mir am nächsten war. Aber bevor ich abdrücken konnte, sah ich etwas, das mir zunächst wie eine optische Täuschung vorkam. Erst der nachfolgende Schrei belehrte mich, dass mich meine Augen nicht getäuscht hatten.
Der Mann, auf den ich gezielt hatte, hatte seinen rechten Arm hochgeworfen und seinem Nachbarn ein Messer in den Rücken gestoßen. Aus dem Schrei des Getroffenen wurde ein heiseres, gurgelndes Röcheln, das schaurig durch die menschenleere Straße hallte.
»Nicht schießen!«, rief der Messermann. »Wir ergeben uns! Nicht schießen! Wir ergeben uns!«
Hätte ich nicht selbst gesehen, wie der eine seinen Komplizen niedergestochen hatte, hätte ich es vielleicht für eine Falle gehalten. Aber so…
Ich lief zurück auf die Straße. Das Benzin war fast ausgebrannt. Nur noch kleine, züngelnde, bläuliche Flämmchen spielten auf dem Gehsteig entlang. Ich riskierte einen raschen Blick.
Zwei der Gangster kamen tatsächlich mit erhobenen Händen heran. Sie waren ungefähr fünf Schritte von der Hausecke entfernt, da krachte hinter dem Auto ein Schuss. Der Mann, der das Messer gehabt hatte, schien von einem unsichtbaren Gegenstand einen ungeheuren Schlag erhalten zu haben. Er brach nach vorn wie ein vom Blitz gefällter Baum. Der andere stand wie erstarrt.
»Hierher!«, brüllte ich. »Los Ma…«
Ich bekam das letzte Wort nicht einmal mehr ganz heraus. Wieder krachte es hinter dem Auto, aber der Krach vervielfachte sich eine halbe Sekunde später zu einer Explosion, deren Druckwelle mich gegen die Hauswand warf und mir den Atem nahm.
Vor meinen Augen wurde es hell, als hätte vor mir ein Blitz eingeschlagen. In meinen Ohren dröhnte es, dass mir der Schädel zu vibrieren schien. Es dauerte lange Zeit, auch wenn es vielleicht nur ein paar Sekunden waren, bis ich mich wieder bewegen konnte. Ich taumelte auf unsicheren Beinen ein paar Schritte vor.
An der Tankstelle war nichts mehr zu machen. Der Wagen stand lichterloh in Flammen. Dunkler Qualm wälzte sich dick und schwer empor.
Von den Tanksäulen, von den beiden Gangstern am Wagen, vom Wagen selbst war nichts mehr zu sehen, denn alles war ein loderndes, prasselndes, krachendes Feuer.
Langhaar-Tom auf der Straße war bewusstlos. Jack Roppers Kugel war ihm direkt in die Wirbelsäule geschlagen. Er sollte zeit seines Lebens im Rollstuhl sitzen müssen. Pfeifen-Joe lag neben ihm. Der Schuss, der die Explosion des Benzins ausgelöst hatte, hatte ihn nicht einmal getroffen. Der Schreck oder die Explosion selbst musste ihn zu Boden geworfen haben. Von Herbert Boose und Jack Ropper fand man nichts mehr…
***
»Du sollst das Maul halten!«, brüllte Trooger über die Lehne nach hinten.
Mrs. Baker drückte den Jungen enger an sich.
»Bitte, sei ruhig«, sagte sie.
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