0209 - Die Panik kam per Telefon
»Sei ganz ruhig, mein Junge! Es wird schon alles gut werden. Sei ganz still! Komm, versuch zu schlafen! Du bist doch müde. Du bist doch so furchtbar müde. Schlaf ein wenig, mein Junge…«
»Quatschen Sie das jetzt eine halbe Stunde lang!«, brüllte Trooger. »Zum Teufel, ich drehe euch den Hals um, wenn hier nicht bald Ruhe herrscht!«
Das leise Schluchzen des Jungen erstarb. Trooger wusste nicht, dass Mrs. Baker zitternd vor Angst ihrem Jungen das Taschentuch auf den Mund presste.
»Wie spät ist es?«, fragte Trooger nach einer Weile.
»Gleich Mitternacht«, sagte Faddisi. Seiner Stimme war anzuhören, dass er kaum noch die Augen aufhalten konnte.
»He, alter Junge!«, rief Trooger in mühsam erzwungener Lebhaftigkeit. »Schlaf jetzt nicht ein! Es sind nur noch ein paar Meilen! Glaub mir’s, nur noch ein paar Meilen! Dann haben wir es geschafft!«
»Das hast du schon vor zwei Stunden gesagt«, murmelte Faddisi. »Ich verstehe überhaupt nicht, was du willst. Die lassen uns nicht aus den Augen. Die nicht! Die G-men nicht. Die Hunde sind zäher als sonst was auf der Welt.«
Trooger kicherte. Es klang schrill.
»Ich habe einen Plan«, verriet er. »Einen Plan, Junge, der gar nicht schiefgehen kann.«
»Ach, du willst nur, dass ich noch ein bisschen durchhalte«, murmelte Faddisi, der sich anstrengen musste, um nicht einzuschlafen.
»Nein, wirklich!«, versicherte Trooger. »Diesmal klappt es! Du wirst es sehen. Wir müssen nur erst den Flugplatz erreicht haben!«
»Was nutzt schon ein Flugzeug«, gähnte Faddisi. »Sie werden zehn schnellere Maschinen aufsteigen lassen, die uns begleiten wie ein Schwarm Geier eine Karawane in der Wüste.«
»Am Anfang, ja«, sagte Trooger. Seine Augen funkelten irr. »Aber sie werden auf meinen Trick hereinfallen. Verlass dich drauf.«
»Das glaube ich nicht. Warum willst du mir deinen Plan nicht erzählen, wenn wirklich was dran wäre?«
»Ich erzähl dir’s ja! Hör nur gut zu! Aber schlaf mir nicht dabei ein! Von dir hängt jetzt alles ab. Nur von dir.«
»Da bin ich aber gespannt«, sagte Faddisi, fast ohne die Lippen zu bewegen.
Die Scheinwerfer des Wagens fraßen sich in mittlerer Geschwindigkeit in die tiefe Schwärze der Nacht. Die Bäume am Rand der Straße tauchten in endloser Finsternis auf und liefen auf sie zu, um lautlos hinter ihnen wieder in der Schwärze des Nichts zu versinken. Der Motor summte leise sein monotones Lied.
Vor zwei Stunden hatten sie das Radio eingesellt. Aber zwanzig Minuten lang war nur Musik gesendet worden. Nicht ein einziges Mal war eine Durchsage gekommen, die sich auf sie bezogen hätte. Da hatte Trooger das Gerät wieder ausgeschaltet, weil ihm das Gedudel auf die Nerven fiel.
Kurz hinter Brundache - wie lange war das eigentlich schon her? Eine Ewigkeit? Noch länger? - war ihnen auf gefallen, dass ihre Kumpane anscheinend den Anschluss verloren hatten. Faddisi hatte anhalten und warten wollen. Aber Trooger jagte ihn weiter.
»Wir haben sechzigtausend und den Tresor bei uns«, sagte er. »Lass sie mit ihren achtzigtausend selig werden. In dem Tresor stecken bestimmt ein paar Hunderttausend…«
Aber das war ja schon lange her.
Faddisi trat plötzlich auf die Bremse. Trooger fuhr auf.
»Was ist denn los?«, kreischte er.
Faddisi starrte verwirrt nach vorn. Der Wagen stand. Die Straße war völlig frei. Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigte den unerwarteten Halt.
»Komisch«, sagte Faddisi. »Ich habe Leute auf der Straße gesehen. Ein paar Männer. Ganz dicht vor uns. Ich habe gar nicht bremsen wollen, etwas hat mein Bein auf die Bremse gesetzt, bevor es mir selber klar wurde. Wie es eben so ist, wenn du am Steuer plötzlich ein Hindernis vor dir siehst. Du bremst doch, bevor du richtig weißt, was überhaupt los ist.«
Trooger runzelte die Stirn.
»Aber da ist doch niemand«, sagte er.
»Das sehe ich ja auch«, gab Faddisi zu. Ich kann’s nicht ändern. Mir war eben, als wären da ein paar Männer gewesen.
Er legte den ersten Gang ein und fuhr langsam an. Nach ungefähr fünf Minuten fragte Trooger: »Fährst du immer noch im ersten?«
Faddisi blinzelte, trat die Kupplung und schaltete. Jetzt erst kam der Wagen langsam auf Touren, nachdem der zweie Gang endlich geschaltet worden war. Trooger kniff die Lippen zusammen und schlug die rechte Hand klatschend auf seinen Oberschenkel.
Dieser Narr fährt uns noch in die Hölle, schoss es ihm durch den Kopf. Es ist unglaublich. Nicht einmal das Schalten kann
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