021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'
eingegliedert worden. [1]
Dreißig Sklaven waren im Lager der Rojaals aufgebrochen. Weniger als zwanzig schleppten sich jetzt nach Plymeth hinein, einem Ungewissen Schicksal entgegen.
Matt konnte nicht einmal mehr Wut und Trauer empfinden. Ein schwarzes Loch gähnte dort, wo sich früher Gefühle in seiner Brust geregt hatten.
Anders Aruula - ständig stieß sie Flüche gegen Emroc aus. Meist fiel sie dabei in den harten Akzent ihrer Heimatsprache und Matt verstand kein Wort. Doch manchmal wollte sie, dass er verstand - dann benutzte sie die Sprache der Wandernden Völker. Englische Worte vermied sie. Auch die Sklaventreiber und die Soldaten am Stadttor sprachen Englisch. Ein rudimentäres und verballhorntes zwar, aber Matt konnte es gut verstehen. Schließlich befanden sie sich in Britana.
Sie erreichten das Ende der Zugbrücke und wankten durch das Gemäuer des Stadttores.
»Was haben wir denn da für ein leckeres Weibchen…«, grölte einer der Torwächter.
Behaarte Männerarme streckten sich nach Aruula aus, Hände griffen in ihr verfilztes Haar, unter das Kinn, an ihre Brüste. Bärtige Gesichter drängten sich an sie heran, feixende Gesichter.
»Pfoten weg!«, schrie Aruula, doch ihr Zornesausbruch machte den Soldaten nur Spaß. Einer lupfte das Fell von ihren Beinen und versuchte ihr zwischen die Schenkel zu fassen. Aruula spuckte ihn an. »Schleimiger Wisaau- Rüssel!«, brüllte sie, außer sich vor Wut.
Der Soldat wich zurück, wischte sich den Speichel aus dem Gesicht und musterte sie böse. »Stolzes Sklavenpack sollte nicht am Leben bleiben«, knurrte er. Er zog sein Kurzschwert und holte aus.
Von einem Augenblick auf den anderen war Matt hellwach. Noch ehe der Wächter zuschlug, stand er vor Aruula und riss die Arme hoch. Die kurze breite Klinge fuhr in die Kette zwischen seinen Handgelenken.
»Weg von meinen Sklaven!«, keifte die hohe Stimme Emrocs von der Spitze der Kolonne.
»Weg von meinem Eigentum!« Im selben Moment stapften zwei Andronen heran.
»Lasst sie!« Die beiden Reiter drohten mit ihren Peitschen. »Sie gehören Emroc! Wenn ihr die Frau wollt, kommt auf den Markt und kauft sie. Falls ihr sie bezahlen könnt!«
Keiner der Soldaten sprach ein Wort, keiner wich auch nur einen Schritt zurück. Hinter Matts Brustbein trommelte der Paukenschlag seines Herzens. Die Spannung hing wie eine unsichtbare Gewitterwolke in der Luft. Er spürte Aruulas Atem im Nacken und die Wärme ihres Körpers an seinem Rücken.
»Verfluchte Dreckssklaven!« Der Soldat steckte sein Kurzschwert zurück in die Scheide.
»Dankt Wudan, dass ihr Emroc gehört und nicht irgendeinem dahergelaufenen Fleischhändler. Sonst würde ich euch jetzt aufschlitzen wie schlachtreife Wakudas.« Mit einer Kopfbewegung bedeutete er den anderen Wächtern, zurückzutreten.
»Vorwärts!«, bellte der fette Eunuch aus seiner Sänfte. Der Sklavenzug setzte sich wieder in Bewegung.
»Wir sehen uns auf dem Frauenmarkt!«, rief der Soldat Aruula hinterher. »Yea! Wir sehen uns auf dem Frauenmarkt!« Er riss ein paar dreckige Zoten, die im Hohngelächter der anderen Wächter untergingen.
Frauenmarkt… Das Wort bohrte sich in Matts Hirnwindungen. Er verstand nicht, was damit gemeint sein könnte. Wollte es nicht verstehen…
Die Ketten zwischen ihren Knöcheln rasselten über schwarzes Kopf Steinpflaster. Fachwerkfassaden zogen links und rechts der Straße vorbei. Schmale Vorbauten mit Giebeldächern ragten daraus hervor und Ziegelsteinquader, aus denen hohe Kamine wuchsen. Entweder hatten die Menschen der Hafenstadt den Tudor-Baustil kopiert, oder es waren instandgesetzte Häuser aus den Zeiten vor »Christopher-Floyd«.
»Gottverdammter Komet…«, murmelte Matt.
»Wir werden uns nicht verschachern lassen wie Frekkeuscher!«, flüsterte Aruula und drängte sich an ihn heran. »Wir werden fliehen und Emroc töten!« Sie sprach eindringlich, als müsste sie Geister beschwören.
»Wie denn? Nichts ist uns geblieben - kein Schwert, keine Pistole, nicht mal ein Messer. Womit willst du kämpfen?«
Ein Platz öffnete sich, gesäumt von großen Häusern mit Bogenfenstern und Säulen unter den Vordächern der Eingänge. Menschen hingen in den Fenstern oder strömten aus den Türen, Finger zeigten auf sie. Gelächter und spöttische Stimmen erklangen von allen Seiten.
»Wir können noch atmen«, zischte Aruula.
»Wir haben noch unser Leben.« Ihre Lider verengten sich zu Schlitzen. Trotzig schob sich ihr Kinn nach vorn.
Gott,
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