021 - Frankensteins Ende
vorgestellt hatte: ein lang gestrecktes Backsteinhaus mit einem kleinen Garten, der von einer drei Meter hohen Mauer umgeben war. Die Einrichtung war altmodisch: düstere Tapeten und wuchtige Möbel. Das Haus musste lange leer gestanden haben, der Modergeruch war unangenehm.
Crazy Joe sah sich alle Räume an, besonders aufmerksam begutachtete er den großen Keller. Er bestand aus zwei gleich großen Räumen und einem winzigen Vorraum. Eine breite Treppe führte in die Diele. Der Keller war vollkommen leer; die Wände waren aus Beton.
Das Monster mietete das Haus für ein halbes Jahr.
Später stellte Crazy Joe sich ans Fenster und sah hinaus. Das Haus lag am Stadtrand, am Ende einer schmalen Straße. Das nächste Haus war mehr als fünfhundert Meter entfernt.
Crazy Joe fühlte sich unbehaglich. Ein leichter Schmerz zog durch seinen ganzen Körper, ein Schmerz, den er sich nicht erklären konnte. Anfangs war es nur ein leichtes Brennen gewesen, das von seinen Beinen ausging. Der Schmerz schien zu wandern. Einmal schmerzten die Beine, dann die Arme, dann wieder der Kopf.
Er setzte sich nieder und sah seine Hände an. Plötzlich fiel ihm auf, dass sich die Haut bewegte. Sie warf Wellen und bildete winzige Bläschen, die aber nach einigen Sekunden wieder verschwanden.
Der Schmerz wurde immer stärker.
Die Finger schienen dicker zu werden. Crazy Joe konnte sich das alles nicht erklären. Jetzt begann sein Gesicht zu brennen.
Das Monster sprang auf, schritt auf den mannshohen Spiegel zu, beugte sich vor und blickte hinein.
Die Gesichtshaut warf ebenfalls Wellen, und die Haut schien jetzt noch durchscheinender.
Crazy Joe bekam Angst. Er konnte sich die Veränderung der Haut nicht erklären. Wenn nur Dr. Bertolli da wäre! Vielleicht hätte er ihm Auskunft geben können.
Das ganze Gesicht schien in Bewegung geraten zu sein. Muskelstränge und Adern waren plötzlich zu erkennen. Der Stirnmuskel zeichnete sich deutlich ab, dann der Ringmuskel des Auges, und der Schmerz wurde immer unerträglicher.
Crazy Joe stöhnte und presste die Hände auf die Augen.
Der durchdringende Schmerz raste durch seinen ganzen Körper. Das Monster fiel auf die Knie, wimmerte leise, verdrehte die Augen, krachte zu Boden und wurde ohnmächtig. Doch der Körper blieb nicht ruhig liegen. Die Glieder zuckten, als würde jemand Strom durch seinen Körper leiten.
Die Kunsthaut arbeitete. Sie war nicht mehr so hart und Halt wie vor einigen Stunden; sie war jetzt halb flüssig und heiß, und sie verband sich immer mehr mit dem Fleisch des Körpers. Dieser Vorgang hatte die Schmerzen ausgelöst.
Crazy Joe war mehr als eine halbe Stunde bewusstlos. Als er erwachte, waren die Schmerzen verschwunden. Er richtete sich auf und fühlte sich schwach und müde. Unsicher taumelte er zum Spiegel. Zögernd tastete er über sein Gesicht. Die Haut war wieder fest geworden, hatte aber die Farbe gewechselt. Sie war jetzt rötlich und schimmerte matt.
Crazy Joe konnte sich die Veränderung nicht erklären, doch die Hauptsache war, dass seine Schmerzen vergangen waren.
Ich brauche Blut, stellte er fest. Er kannte nun die Anzeichen: die eigenartige Schwäche und die bleierne Müdigkeit seiner Glieder.
Jemand klopfte an die Tür, doch Crazy Joe hörte es nicht. Das Klopfen wurde lauter.
»Herein!« krächzte das Monster.
Gordon McLure trat ins Zimmer. Überrascht sah er das Monster an.
»Was ist mit deiner Haut geschehen, Boss?« fragte er.
»Keine Ahnung«, brummte das Frankensteinmonster, »Komm zu mir her!«
McLure kam vorsichtig näher.
»Was weißt du über mich?« fragte Crazy Joe.
McLure überlegte blitzschnell und entschloss sich, die Wahrheit zu sagen.
»Du bist Crazy Joe«, sagte er langsam, »aber du hast einen anderen Körper.«
Das Monster packte McLure am Rockaufschlag und zog ihn näher.
»Weiter!« stieß es hervor. »Was weißt du noch über mich?«
McLure sah in die Augen des Ungeheuers. Sie waren jetzt dunkelbraun und schimmerten feucht.
»Dein Körper braucht Blut«, keuchte McLure.
»Wer weiß noch über mich Bescheid außer dir?«
»Von unseren Leuten niemand.«
»Woher hast du deine Informationen?«
»Ich habe meine Quellen.«
Crazy Joe ließ den Gangster los.
»Ich will nicht, dass zu viele Leute über mich Bescheid wissen«, sagte er.
»Ich brauche Blut, das stimmt. Viel Blut. Und du wirst es mir beschaffen.«
McLure grinste.
»Ist schon geschehen, Boss«, sagte er.
»Wie meinst du das?« fragte Crazy Joe.
»Zwei
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