0211 - Die letzte Runde zahlt der Tod
Erpressung und behalte mir vor, Sie deshalb zur Rechenschaft zu ziehen. Ich erhielt den Auftrag von Mrs. Maria Lewis. Warum diese ihn gegeben hat, ist mir unbekannt. Das Einzige, was sie durchblicken ließ, war, dass das Mädchen sie irgendwie in der Hand hätte und sie Material zu sammeln wünschte, um dieser Julia die Pistole auf die Brust, zu setzen. Ich betone ausdrücklich, dass sie mir das nicht wortwörtlich sagte. Sie deutete es nur an. Sie wollte möglichst viel Nachteiliges über das Mädchen hören.«
»Und haben Sie Mrs. Lewis bereits Bericht erstattet?«, fragte ich.
»Ja, vor drei Tagen. Meine Leute haben ermittelt, dass diese Julia wie ein Rabe klaut und alles zu ihrer Familie nach Harlem schleppt.«
»Etwas anderes haben Sie nicht ermittelt?«
»Das ist genau die Frage, die Mrs. Lewis mir stellte. Sie wollte irgendetwas Handfestes und Kriminelles haben. Die kleinen Diebstähle interessierten sie kaum.«
»Ich werde morgen früh oder vielmehr heute früh jemanden zu Ihnen schicken, dem Sie Ihre Korrespondenz mit Mrs. Lewis übergeben werden. Sie erhalten diese zurück, sobald wir sie durchgesehen haben.«
»Korrespondenz gibt es nicht. Sämtliche Absprachen erfolgten mündlich und telefonisch. Das einzige Schriftstück in dieser Sache ist der Bericht, von dem ich eben sprach, und davon können Sie meinetwegen einen Durchschlag haben. Lassen Sie sich den einrahmen und hängen Sie ihn sich an die Wand. Sind Sie jetzt zufrieden?«
»Vorläufig. Wir müssen Ihre Aussage natürlich auf ihre Richtigkeit nachprüfen.«
»Prüfen Sie, bis Sie schwarz werden, aber lassen Sie mich jetzt schlafen.«
Wir hatten erreicht, was wir wollten und gaben uns damit zufrieden, auch wenn die Aussage von Carclay uns absolut nicht in den Kram passen wollte. Sollte Neville doch recht behalten und die so kindlich und unschuldig wirkende Maria ein gefährlicher Teufel sein, die am Tod von Lewis nicht unbeteiligt war? Wir konnten uns das beide nicht vorstellen.
Bevor wir weitere Schritte unternahmen, mussten wir unbedingt ein paar Stunden schlafen.
Kurz nach sechs kroch ich ins Bett, und als ich mein müdes Haupt in die Kissen legte, verschwanden alle Probleme, die mich jetzt seit Tagen beschäftigten.
***
Die Abschrift des Berichtes, die ich mir am Morgen von Carclay holen ließ, stimmte mit dem überein, was er uns gesagt hatte. Phil fuhr zum Polizeihauptquartier, um mit Lieutenant Crosswing und Negro zu konferieren, während ich mich aufmachte, um Maria Lewis zu besuchen.
Ein neues Mädchen öffnete mir, eine Weiße und, wie ich an ihrem Akzent hörte, eine Italienerin. Sie ließ mich erst ein, als ich mich ausgewiesen hatte. Mrs. Lewis war vorsichtig geworden.
Sie lag auf der Couch und hatte um ihren Hals ein seidenes Tuch geschlungen, um die Spuren der rauen Behandlung von gestern zu verdecken.
»Haben Sie die Kerle schon gefasst? Und wissen Sie, wer der Bursche war, der Julia ermordete? Die Stadtpolizei hat mich in aller Frühe angerufen und mich unterrichtet. Da ich jeder Hausangestellten gegenüber misstrauisch geworden bin, habe ich eine meiner Schwestern gebeten, zu mir zu kommen. Auf Luisa kann ich mich wenigstens verlassen.«
»Warum haben Sie Julia beobachten lassen?«, fragte ich brüsk.
Ich wollte sie überrumpeln, und das gelang mir. - »Ich… Ich fürchtete mich vor ihr«, antwortete sie.
»Warum haben Sie sie dann nicht einfach entlassen? Das wäre doch das einfachste gewesen.«
»Ich konnte nicht. Ich kann Ihnen das nicht sagen.«
»Das heißt also, dass Julia etwas wusste und Sie wahrscheinlich damit erpresste. Hatte das mit den Geschäften Ihres Mannes oder sogar mit den bewussten Listen zu tun?«
»Nein, ich schwöre Ihnen, es war etwas ganz anderes.«
»Dann sagen Sie es mir.«
»Ich kann nicht. Es muss Ihnen genügen, wenn ich versichere, dass es sich um… um eine Familienangelegenheit handelt.«
»Es wird Ihnen gar nichts anderes übrig bleiben, Mrs. Lewis, als mir die Wahrheit zu sagen. Wie die Sache liegt, besteht der dringende Verdacht, dass Julia, die ja auch die beiden Gangster von gestern Abend einließ und versuchte, Theater zu spielen, in Verbindung mit den Mördern Ihres Mannes stand. Das kann man ja schließlich nicht als Familienangelegenheit bezeichnen.«
»Ich bitte Sie, Mister Cotton, glauben Sie mir. Es hat mit alledem nichts zu tun.«
»Wenn das wirklich so ist, dann müssen Sie so viel Vertrauen zu mir haben, dass Sie mir reinen Wein einschenken«, beharrte
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