0218 - Der Monster-Club
Entscheidend konnte ich die Bestie nicht auf Distanz halten.
Im Gegenteil, meine Attacke hatte ihre Wut nur noch mehr angestachelt. Die Gier nach Blut leuchtete aus den kalten, gelben Raubtieraugen. Ich dachte unwillkürlich an Nadine Berger, die auch zu einem Wolf geworden war, doch ihre Augen sahen anders aus. Sie hatten den menschlichen Ausdruck behalten. Der Werwolf wollte mich zerreißen. Er setzte alles daran, so mußte ich einen weiteren Hieb nehmen, der mich nach hinten katapultierte, bis ich gegen die Wand krachte. Anstatt nachzusetzen, richtete sich das dämonische Tier auf. Dadurch verlor es wertvolle Sekunden, die ich gewann. Die Zeitspanne war sogar so groß, daß ich den Dolch ziehen und die Beretta wegstecken konnte.
***
Ich hatte es gelernt, die Waffe zu schleudern, und warf sie so wuchtig wie möglich aus dem Handgelenk. Einmal drehte sie sich in der Luft. Dann traf sie genau die Brust des angreifenden Tieres.
Bis zum Griff verschwand der Dolch im Fell, und der Treffer schüttelte die Bestie vom Kopf bis zu den Zehenspitzen durch. Sie drückte noch einmal ihren Körper hoch, riß die Augen dabei auf und schaute mich an, wobei ihr Blick schon trübe wurde. Beide Pranken hob der Werwolf. Sie berührten den Dolchgriff, und es hatte den Anschein, als wollte er sich die Waffe aus dem Körper ziehen.
Das geschah nicht. Er besaß nicht mehr die Kraft. Wie im Zeitlupentempo kippte er zur Seite, wollte sich noch fangen, doch seine Beine waren zu schwach, um das Gewicht halten zu können. Schwer klatschte er auf die roten Fliesen der Diele, wo er liegenblieb und der Auflösungsprozeß begann. Ich kam mit zitternden Beinen in die Höhe. Das war gerade noch mal gutgegangen. An seiner Stelle hätte auch ich dort liegen können. Als ein Opfer der dämonischen Bestie. Ich schüttelte mich, wenn ich daran dachte, ging auf das erledigte Monster zu, bückte mich und zog mein Messer aus dem dichten, braunschwarzen Fell. An einer anderen Stelle wischte ich die Klinge sauber und steckte sie ein. Dann warf ich einen Blick die Treppe hoch. Auf ihr lag mein Gefangener. Aus eigener Kraft konnte er sich nicht befreien. Es sei denn, er riß das Geländer mit ab, und das würde Jo kaum schaffen.
Siedendheiß fiel mir Suko ein. Ich dachte zurück und daran, daß ich den Motor eines Fahrzeugs gehört hatte.
Da hatte doch jemand fliehen wollen. Ob es Suko gelungen war, diesen Jemand zu stoppen, wußte ich nicht, da ich genug mit mir selbst zu tun gehabt hatte.
Jetzt sah es anders aus.
Rasch durchquerte ich die Halle und zog die Tür auf, die wieder ins Schloß gefallen war.
Suko rannte mir entgegen. In der Hand schwenkte er den Ersatzschlüssel des Bentley.
»John!« rief er erleichtert.
»Was ist denn geschehen?«
»Verdammt, John, die sind weg!«
Ich begriff noch nicht so schnell und fragte: »Wer denn?«
»Clara und zwei Bestien. Sie kam mit einem Jeep, ich konnte sie nicht aufhalten, sondern nur den einen.« Er deutete dorthin, wo ein Werwolf am Boden lag und sein graues Fell verlor.
Ich schaltete rasch. »Wie lange ist es her?«
»Wenn wir uns beeilen, können wir sie noch einholen.«
»Und wo sind sie hin?«
Der Chinese gab mir keine Antwort, sondern lief bereits auf den Bentley zu.
Da er schon den Schlüssel in der Hand hielt, ließ ich ihn auch fahren. Der Motor lief, als ich den Wagenschlag zuwarf. Suko gab so hart Gas, daß wir beide in die Sitze gepreßt wurden. Dabei knirschte er mit den Zähnen.
»Das ist vielleicht ein Mist!« keuchte er. »Ich konnte sie nicht stoppen.«
»Denk nicht mehr daran! Überlege lieber, wo sie hingefahren sein können.« Das sagte ich, als das Haus bereits nur noch im Rückspiegel zu sehen war. »Vielleicht nach Stanmore.«
Ich wurde plötzlich weiß, da das Blut aus meinem Gesicht verschwand. »Mach keinen Ärger.«
»Doch, es gibt nur die eine Straße, und die Richtung haben sie eingeschlagen.«
»Dann gib Gas, verdammt!« Mit Schrecken dachte ich daran, was geschehen konnte, wenn zu allem entschlossene Werwölfe in den Ort einfielen.
Die zahlreichen Menschen, die Angst, die Panik… Hoffentlich bewahrheiteten sich meine Befürchtungen nicht.
***
Im Laufe der Zeit war es Lady X klargeworden, daß sie einen Fehler begangen hatte. Sie hatte sich in Lupina getäuscht und doch mit einer größeren Loyalität zur Mordliga gerechnet. Ein folgenschwerer Irrtum, wie sich nun herausstellte, und Solo Morasso war zu recht sauer. Er hatte sogar vorgehabt, die Scott in das
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