0218 - Der Monster-Club
Regen hatte uns gerade noch gefehlt, aber nicht nur er, auch ein Gewitter kam hinzu. Der Himmel war bedeckt vom bizarren Muster der Blitze, die dicht aufeinanderfolgten und ein regelrechtes Netz bildeten.
Ein herrliches, gewaltiges Naturschauspiel, auf das ich hin und wieder einen Blick werfen konnte. Im Gegensatz zu Suko. Der Chinese mußte fahren, und das war bei diesem Wetter kein Kinderspiel. Eine wahre Sturzflut fiel vom Himmel, und es gab nirgendwo ein Anzeichen dafür, daß der Regen irgendwann in den nächsten Minuten nachlassen würde. Wir mußten voll hindurch.
Eigentlich fuhr Suko viel zu schnell. Er konnte nur auf sich selbst und auf die gute Straßenlage des Bentley vertrauen, denn der Regen hatte das Asphaltband in einen nie abreißenden See verwandelt. Manchmal hatte ich das Gefühl, als würden wir schweben, es fehlte der direkte Kontakt zur Straße.
Einen Trost hatten wir. Den Gegnern würde es nicht anders ergehen. Auch sie hockten in ihrem Jeep und glitten mehr, als daß sie fuhren. Wahrscheinlich waren wir sogar schneller, so daß wir sie irgendwann eingeholt haben mußten. Sei es auf der Straße oder im Graben.
Dann ging Suko runter mit der Geschwindigkeit. Als er bremste, hatte ich das Gefühl, quer in die Karpaten zu segeln, wie man so schön sagt, bis der Chinese den Bentley wieder im Griff hatte und langsam weiterfuhr.
Ich erkannte den Grund für diese vorsichtige Fahrweise. Es war ein Bus, der am linken Straßenrand parkte. Als wir rechts an ihm vorbeifuhren, schaute ich durch die Scheibe auf seine Längsfront.
Schemenhaft erkannte ich hinter einigen Fenstern die bleich wirkenden Gesichter der Fahrgäste. Von einem Fahrer entdeckte ich nichts, und Sukos Stimme riß mich aus meinen Gedanken.
»Da vorn, John! Sie liegen im Graben!«
Tatsächlich. Da hatte Clara wohl die Kurve unterschätzt, war von der Fahrbahn abgekommen und im Graben gelandet. Ein schrecklicher Gedanke folgte bei mir. Sollte der Fahrer etwa ausgestiegen sein, um nach den Verletzten zu schauen?
Wenn ja, lief er den Bestien genau in die Arme.
Nicht den Fahrer sahen wir, sondern eine Frau. Deutlich konnten wir ihr langes Haar erkennen und den unheimlich wirkenden Schatten, der sie vom Boden her ansprang.
»Halten!« schrie ich und stieß schon den Wagenschlag auf, während ich gleichzeitig den Gurt löste.
Ich ließ mich buchstäblich aus dem Wagen fallen, landete auf der Straße, sprang sofort wieder auf die Füße und begann zu rennen, wobei ich nicht mehr an die Glätte dachte, ausrutschte und mich nur mit urkomisch wirkenden Armbewegungen fangen konnte.
Auch Suko verließ den Wagen. Er hatte das gleiche Ziel wie ich. Die lebensgefährliche Szene spielte sich neben der Straße im Graben ab.
Obwohl wir eine gute Distanz hatten, konnten wir nicht schießen. Zu leicht hätten wir die Frau treffen können und nicht die Bestie.
Ich war etwas schneller als Suko und sah, wie beide neben dem Jeep verschwanden.
Dann hörte ich die Schreie. Sie klangen seltsam dünn durch das Rauschen des Regens.
Mit einem gewaltigen Satz sprang ich dorthin, wo ich die beiden vermutete, und zog noch im Sprung den Dolch. Er war handlicher, ihn konnte ich dort effektiver einsetzen. Es war höchste Eisenbahn. Das Mädchen wehrte sich nur noch mit einer Hand. Es lag auf dem Rücken, die Kleidung zerrissen, während der rechte Arm von der Pranke des Werwolfs auf den nassen Boden genagelt wurde. Das drohende Knurren, die gefletschten Zähne, all das mußte das Girl in Panik versetzen.
Ich kam über ihn, ohne daß er mich bemerkt hätte. Aber er spürte die Klinge, die tief in sein Fell am Rücken drang, und er schleuderte seinen Körper nicht nur hoch, sondern auch zurück, so daß ich ebenfalls nicht verschont blieb und einen Hieb einsteckten mußte, der mich zur Seite und zu Boden schleuderte.
Dicht neben dem querstehenden Hinterteil des Jeeps blieb ich liegen. Dabei konnte ich zusehen, wie sich die Bestie im Todeskampf wand, um sich schlug, gegen den Wagen krachte und in ihn hineinfiel.
Sie blieb auf dem Gesicht liegen, und der Griff des Silberdolchs ragte wie ein Mahnmal aus dem nassen Fell. Aber es gab noch einen zweiten Werwolf. Ausruhen konnte ich mich nicht, fuhr herum, sprang wieder auf die Füße und sah zwei wirbelnde, schemenhafte Körper. Suko und die Bestie!
Sie kämpften gegeneinander. Die grellen Blitze und der krachende Donner gaben den Fight eine schaurige Untermalung. Ich hatte Zeit, mich um das Mädchen zu kümmern.
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