0218 - Generalprobe für einen Mord
über.
»Nur gegen zehntausend in bar!«
Der Lieutenant fasste zu. Trotz der Dunkelheit erwischte er die Jackenaufschläge des Mannes. Er schüttelte ihn leicht.
»Hör zu, Sid! Mach endlich deinen Mund auf, und wir werden vielleicht ein Auge zudrücken, wenn du das nächste Mal in irgendeine Patsche steckst. Warum soll ich ein besonderes Interesse an deiner verdammten Nachricht haben?«
Krowsky wurde unter dem Griff des Beamten der Kragen eng.
»Das Geld«, pfiff er. »Ich rede nur gegen Geld!«
»Es gibt kein Geld!«, schnauzte Calhoun ihn an. »Aber es wird einen Berg Schwierigkeiten für dich geben, wenn du nicht ausspuckst, was dir die Zunge zu verbrennen scheint.«
Sid riss sich mit einem Ruck los.
»Kein Wort rede ich ohne Zaster«, kreischte er. »Ich lass mir meine große Chance von Ihnen nicht vermasseln, Lieutenant. Wehn Sie nicht zahlen, dann werden es andere tun, aber Sie werden Ihre Weigerung bereuen, Lieutenant. Beim Henker, Sie werden sie bereuen.«
»Krowsky…!«, rief Calhoun und trat einen Schritt vor, um den Mann noch einmal zu fassen, aber Sid wich ihm in der Dunkelheit aus, rannte an ihm vorbei und lief hastig die Straße hinunter.
Calhoun hörte die sich rasch entfernenden Schritte. Er verzichtete darauf, dem schäbigen Spitzel zu folgen. Wahrscheinlich war alles, was er geredet hatte, ohnedies leeres Gefasel.
Lieutenant John Calhoun ging weiter, und als er seine Wohnung in dem Haus in der Ninth Avenue betrat und das leicht vorwurfsvolle, aber hübsche Gesicht seiner Frau sah, vergaß er Sid Krowsky und die Begegnung in der Toreinfahrt.
Er dachte auch am nächsten Tag nicht an den Mann, aber rund sechsunddreißig Stunden nach jener Begegnung, wurde er an Sid erinnert.
Es geschah um sieben Uhr morgens. Calhoun stand im Badezimmer und rasierte sich. Er hörte das Läuten des Telefons.
Er nahm den Hörer auf und meldete sich.
Sergeant Berrick war am Apparat.
»Guten Morgen, Fred! Was Besonderes?«, fragte Calhoun.
»Ja, leider«, antwortete der Sergeant. »Ein paar Leute von der Müllabfuhr haben Sid Krowsky auf einem Schuttabladeplatz am 47. Pier gefunden. Es sieht nach Mord aus!«
Plötzlich hörte Calhoun wieder die heisere, erregt flüsternde Stimme; sah er wieder das weiße, nervös zuckende Gesicht im kurzen Aufblitzen der Taschenlampe.
Da er nicht gleich antwortete, fragte Sergeant Berrick: »Sie kennen doch Sid Krowsky?«
»Ja, natürlich…«, sagte Calhoun. »Ich komme sofort, Fred!«
»Okay, Lieutenant. Ich habe die Distriktmordkommission schon benachrichtigt. Ich denke, Sie werden schon am 47. Pier angekommen sein.«
»Vielen Dank. Bitte, bleiben Sie, bis ich ins Revier komme, Fred! Ich fahre gleich zum Pier hinaus.«
Er legte auf. Seine Frau stand mit dem Kind auf dem Arm in der Tür.
»Es wird nichts mit dem Frühstück, Darling«, sagte er. »Ich muss gleich fort. Sei nett und gieß mir eine Tasse Kaffee ein und richte mir ein Sandwich!«
»Etwas Schlimmes?«, fragte sie, aber sie fragte nur aus Gewohnheit und wusste, dass sie keine Antwort bekommen würde. Calhoun sprach nie zu Hause über seine Arbeit.
Während der Lieutenant sich anzog, dachte er: Zehntausend Dollar, und jetzt ist er tot.
***
Der Schuttabladeplatz am 47. Pier war ein trostloses Gelände. Der Pier wurde nicht mehr benutzt. Irgendwann einmal war geplant worden, eine große Verbrennungsanlage für Müll darauf zu errichten, aber der Plan wurde nie ausgeführt, und so kippten die Müllfahrzeuge den Unrat der Bezirke auf den Landteil des Piers und ein Gelände, das daran anstieß. Das ganze Gebiet war notdürftig umzäunt worden, aber selbstverständlich gab es keine Toreinfahrt, sondern nur eine breite Lücke in dem mannshohen Bretterzaun, durch die die Müllfahrzeuge fuhren, um ihre schmutzige Fracht abzuladen. - Die ganze Umgebung des Platzes stank nach Chlorkalk.
Als Calhoun an dem Platz eintraf, waren die Männer der Mordkommission bereits an der Arbeit.
Gardener, der die Kommission leitete, und Calhoun waren alte Bekannte. Sie begrüßten sich mit einem »Hallo.«
»Ein scheußlicher Platz, um zu sterben«, sagte Gardener. Ein großer, breitschultriger Mann mit grauen Fäden im schwarzen Haar. »Aber er wurde nicht hier getötet«, fuhr er fort. »So viel haben wir schon herausbekommen. Er wurde irgendwo abgeknallt und dann hier abgeladen. Wir haben eine Schleifspur gefunden.«
Sie stiegen über den Unrat hinweg zu der Stelle, an der Krowsky lag. Ein Fotograf war dabei, seine
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